Schatz im Steinbruch
Einfamilienhaus im Böhmischen Wald vom Prager Architekturbüro a69

Es sollte der Prototyp für ein Feriendomizil werden. Nun ist es der feste Wohnsitz einer Familie. Die Symbiose aus Architektur und Lage war zu gut gelungen. Das neue Eigenheim in der tschechischen Region Böhmen und wird von seinen Bewohnern nicht nur als Wohnraum genutzt: Die Familie baut um das Haus herum Obst und Gemüse an, lädt Angler zum Fischen und Freunde zum Campen ein. Aus dem Prototyp Haus wurde ein Prototyp Paradies.
Das Prager Architekturbüro a69, dessen Name sich auf das Geburtsjahr der drei Partner bezieht, gehört seit über 20 Jahren zu den innovativsten Studios Tschechiens und wird regelmäßig für seine Werke ausgezeichnet. Doch die Arbeit an dem Projekt in Posázaví war auch für sie eine ganz besondere.
Wie im Märchen
Allein der Bauort ist eine Geschichte wert: Der ehemalige Granit-Steinbruch liegt verwunschen in der beliebten Reiseregion Böhmen und könnte als Kulisse eines der berühmten tschechischen Märchenfilme herhalten. Die Architekten übertrugen diese Magie in ihren Entwurf und platzierten den Gebäudekörper als dramatische Geste auf einer Felskante, von der es steil bergab in einen kristallklaren See geht. Gerahmt wird das Haus von Birken und Wiesen. Einzige Nachbarn sind die Bewohner des Waldes. Ursprünglich sollte der Bau als Wochenend- und Feriendomizil der Bauherrenfamilie dienen, doch die entschied sich nach der Fertigstellung schnell für einen ständigen Verbleib in dem hölzernen Anwesen. Mittlerweile führen sie an dem Ort ein autarkes Dasein und bauen Obst und Gemüse in einem nahegelegenen Gewächshaus an.
Auf Granit gebaut
Die Architekten konzipierten das Gebäude als Prototypen für ein vollständig demontierbares Do it yourself-Wohnhaus, entspreched simpel sind Konstruktion und Grundriss. Die Seiten des Volumen sind allesamt 15 Meter lang, die Höhe beträgt vier Meter. Als tragendes Gerüst dient eine Stahlrahmenkonstruktion, die in diesem Fall mit geschwärzten Standardlatten verkleidet ist. Die Fassadenmaterialität könnte aber auch, je nach Standort oder Bauherrenwunsch, eine andere sein. Um das unebene Gelände auszugleichen nutzten die Planer 16 große Granitbrocken, die sie auf dem weitläufigen Gelände fanden: Auf ihnen ruht das Haus. Nicht nur eine nachhaltige und kostengünstige Fundamentlösung, sondern auch eine schöne Reminszenz an die Geschichte des Ortes.
Vorhang auf
Die spektakuläre Lage wird von a69 auch im Inneren geschickt dargeboten: Eine breite Treppenanlage führt hinauf ins Haus und steigert die Dramaturgie der architektonischen Inszenierung. Der amorphe Wandaufbau und die Decke sind vollständig in weiß gehalten, der Betonfußboden in einem hellen Grau. Nichts scheint vom dem eigentlichen Hauptdarsteller dieses Projekts ablenken zu wollen: der Landschaft. In jede Außenseite schnitten die Architekten große Panoramafenster hinein: Das größte davon in die Wand zum See. Hier hebt sich auch das Bodenniveau um zwei Stufen an, wodurch eine bühnenartige Situation geschaffen wird. In die Konstruktion ist eine ebene Sitz- und Liegewiese eingelassen, von der aus sich der grandiose Ausblick in vollen Zügen genießen lässt. Spätestens hier wird klar, warum die Bauherren das Haus nicht mehr verlassen wollten.
FOTOGRAFIE Tomáš Rasl
Tomáš Rasl
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