Schön schlicht
Umbau eines Wohnhauses in Kutná Hora von BYRÓ Architekti
Leise und trotzdem präsent fügt sich das sanierte Wohnhaus in die Altstadt von Kutná Hora ein: Das Prager Büro BYRÓ Architekti hat das Gebäude aus dem späten 19. Jahrhundert neu interpretiert und dabei die alte Bausubstanz sowie moderne, teils überraschende Elemente zu einem stimmigen Ganzen verwoben.
Das rund siebzig Kilometer östlich von Prag gelegene Kutná Hora gilt als eine historisch bedeutende Stadt in Tschechien. Mitten in ihrer Altstadt hat das Architekturbüro BYRÓ Architekti ein altes Wohnhaus saniert und mit viel Gespür für dessen Geschichte den verloren gegangenen Charme wiederhergestellt. Der mittelalterliche Vorgängerbau war im späten 19. Jahrhundert durch eine zu dieser Zeit typische Blockrandbebauung ersetzt worden. Nach einer ersten, wenig behutsamen Sanierung in den 1970er-Jahren ist es nun gelungen, die Authentizität des Gebäudes herauszuarbeiten.
Verschmelzung von Alt und Neu
Die Intention der beiden Architekten Tomáš Hanus und Jan Holub war es, die Seele des Hauses zum Leben zu erwecken und durch neue Elemente zu ergänzen. Im Fokus stand dabei nicht ein Nebeneinander von Alt und Neu, sondern deren harmonische Verbindung. Gelungen ist dies insbesondere durch zahlreiche Öffnungen im Innenraum, die ungewöhnliche Sichtachsen schaffen und die Räume ineinandergreifen lassen. Neue und alte Elemente verschmelzen miteinander, sei es durch die schlichte Holzverkleidung und die weißen Stege der Kappendecke im Wohnzimmer oder die alten Kassettentüren und modernen Holz-Glas-Kombinationen. Einbauten aus Beton oder Sperrholz fügen sich ganz selbstverständlich in die vorhandene Raumstruktur ein. Auch die waagerechte Putzstruktur der historischen Fassade wird in einigen Innenräumen als senkrecht verlaufende Oberflächengestaltung aufgegriffen.
Treppe als zentrales Element
Die geräumige Eingangshalle mit ihrem schachbrettartigen Fliesenspiegel öffnet sich zum zentral liegenden Treppenhaus, über das alle Etagen des Hauses erschlossen werden. Die ursprüngliche, halb gewendelte Natursteintreppe verbindet das Erdgeschoss mit dem vorrangig als Lagerraum genutzten Untergeschoss und mit dem ersten Stock. Dort befinden sich neben der Küche und dem Wohn- und Esszimmer auch das Elternschlafzimmer, ein Badezimmer und ein Arbeitszimmer. Eine Treppe mit pastellgrünen Metallstufen führt weiter ins Dachgeschoss, wo die Kinderzimmer liegen. Auch im Innenhof sind die Treppen gestalterische Elemente: Von der Terrasse im Untergeschoss führt eine gerade Betontreppe auf eine begrünte Zwischenebene, von der man über eine weiße Metalltreppe mit einem filigranen und in seiner Formensprache an die Fünfzigerjahre erinnernden Geländer auf die Holzterrasse im oberen Stockwerk gelangt.
Reizvolle Blickbeziehungen
Mehrere innen liegende Fenster verbinden das Treppenhaus mit den angrenzenden Räumen sowie auch die restlichen Räume untereinander. Ein Feld mit runden Glasbausteinen erinnert an die Zeit der ersten Sanierung des Hauses in den Siebzigerjahren. Weitere Fensteröffnungen in verschiedenen Formen schaffen unerwartete und ungewöhnliche Sichtbezüge – und immer wieder unterschiedliche Lichtstimmungen, die die Atmosphäre ständig verändern. So blickt man durch ein großes rundes Fenster von der Küche ins Treppenhaus und von dort aus wiederum durch eine quadratische Öffnung in den Wohnraum. Im oberen Geschoss öffnet sich das Treppenhaus mit einem Oberlicht zum Himmel – das einfallende Licht reicht bis in die unteren Stockwerke.
Spiel mit Licht und Farbe
Transluzente Elemente erzeugen – je nach Tageszeit – wechselnde und spannungsvolle Lichtsituationen. Auch die Farbgestaltung des Außen- und Innenraums trägt zur (Neu-)Inszenierung des Hauses bei: Durch die weiße Fassade und das Pastellgrün der Fenster und Türen wirkt das Haus von außen sehr klar, aber auch zurückhaltend. Im Inneren dominiert helles Holz in Kombination mit Weiß und einem sanften Grün. Lediglich im Arbeitszimmer setzt ein leuchtendes Orange bei den Gestellen von Tisch und Regal einen kräftigen Farbakzent. In den Bädern wird etwas Dunkelblau hinzugemischt. Die reduzierte und schlichte Einrichtung schafft eine leise Atmosphäre. Und dennoch – oder genau deswegen – hat das Haus einen ganz eigenen, sehr präsenten Charakter.
FOTOGRAFIE Alex Shoots Buildings Alex Shoots Buildings
| Ort | Kutná Hora |
| Fertigstellung | 2023 |
| Grundstücksgröße | 271 m² |
| Nutzbare Wohnfläche | 297 m² |
| Kosten | 400.000 Euro |
| Schalter und Steckdosen | KATY PATY |
| Leuchten | Ideal Lux\Nordlux |
| Tür | BDoors |
| Griffe | Twin |
| Fenster & Türen | Zimmerei Trumm |
| Sanitär | Laufen |
| Heizkörper | ISAN |
| Fliesen | Archtiles |
| Möbel | HAY |
| Kamin | Jøtul |
| Oberlicht im Treppenhaus | Solara |
| Sitzbank aus Sichtbeton | Břetislav Eichler (DNA Design) |
| Maßgefertigte Möbel von BYRÓ architekti | Zimmerei Šlajs |
| Stahltreppe | Schlosserei Svozil |
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