Projekte

Schwebende Treppe

Ein raumsparendes Pariser Apartment von Heju

Um in diesem Pariser Apartment ins Bett zu kommen, erfolgt der Aufstieg über einen mobilen Stufenblock, ein Küchenmöbel und eine Treppe aus gefaltetem Metall. Kühlschränke werden zu Wänden und das Kopfteil eines Bettes ist ein getarntes Sideboard. Mit ihren ungewöhnlichen Raumstrategien sparen die Planer*innen des französischen Studios Heju viel Platz – und geben die passende Antwort auf das Leben in einer Stadt mit notorischer Raumnot.

von Tanja Pabelick, 09.10.2023

Zwei sehr konkrete, aber gleichzeitig möglichkeitsoffene Wünsche äußerten die Auftraggeber*innen gegenüber Hélène Pinaud und Julien Schwartzmann: Sie wollten ihre Wohnung mit Pastellrosa und hellem Birkenholz einrichten. Damit waren sie bei den Gründer*innen des Pariser Designstudios Heju an der richtigen Adresse. „Wir schaffen ein Universum, das japanische und skandinavische Einflüsse mischt“, sagt das Duo über seine eigene Ästhetik. Damit sind Pinaud und Schwartzmann sehr erfolgreich: Nachdem sie sich an der École Nationale Supérieure d'Architecture de Strasbourg kennengelernt hatten, gründeten die beiden Jahrgangsbesten 2015 ihr Studio in Paris. Seither haben sie einige Hotels und über ein Dutzend Apartments eingerichtet, viele maßgeschneiderte Möbel entworfen – und so eine individuelle gestalterische Handschrift entwickelt.

Aufstieg über den Tresen
Das Apartment Saint Antoine liegt im lebendigen und kosmopolitisch geprägten 11. Arrondissement und hat gleich zwei Vergangenheiten. In der Maisonette-Wohnung war unten eine Tischlerei untergebracht, der zugehörige Dachboden wurde als Lagerraum genutzt. Für die Designer*innen bestand eine große Herausforderung darin, die beiden Flächen sinnvoll und passend zur neuen Nutzung als Wohnraum zu verbinden. Da es keine Bestandstreppe gab, war eine clevere Lösung gefragt, die möglichst wenig Platz einnehmen und die zurückhaltende Ästhetik nicht stören sollte. Wer nun den Aufgang sucht, muss genau hinsehen und seine Fantasie walten lassen: Die Treppe führt oberhalb des Küchenblocks ins nächste Geschoss, endet aber über der Arbeitsplatte schwebend. Den unteren Absatz bildet ein mobiles Treppenelement, das vor das Mobiliar geschoben wird. Hoch geht es dann mithilfe eines Zwischentritts auf die Verlängerung der Arbeitsplatte.

Gefaltete Treppe
„Wir wollten, dass die Treppe wie ein gefaltetes Blatt Papier aussieht“, erläutern Hélène Pinaud und Julien Schwartzmann. „Pulverbeschichtetes Metall war die beste Wahl. Die Treppe wurde direkt an der Betonwand befestigt und wir haben ein Geländer in die Wand gefräst.“ Spielerische Momente, Augenzwinkern und ungewohnte Entdeckungen sind ein durchgängiges Motiv bei Heju. Ebenfalls in der Küche haben sie einen grünen, deckenhohen Schrank aus Holz so im Raum platziert, dass er den Blick auf den Flur versperrt. In ihm ist Stauraum für die Küchenutensilien untergebracht, aber auch der Kühlschrank. Erst beim Näherkommen offenbart sich der Durchgang dahinter. Wer herumgeht, kann den nächsten Raum betreten. In diesem haben die Planer*innen die Liebe ihrer Auftraggeber*innen für das Kunsthandwerk thematisiert und mit organischen Formen einen Kontrast zu den klaren Linien der Küche geschaffen.

Vom Lagerraum zu Schlafstuben
Highlight im Wohnbereich ist das wandfüllende Einbauregal, das bewusst so gestaltet wurde, als sei es ein Teil der Architektur. Es besteht aus Gipskartonplatten, die sich mit einem Finish aus Kalkfarbe zwischen den bestehenden Wänden einfügen. Rechteckige Regaletagen wechseln sich dabei mit Bogenfächern ab. „Ursprünglich wollten wir ein sehr strukturelles und systemisches Bücherregal entwerfen, aber unsere Kunden wünschten sich etwas Verspieltes, sodass wir Kurven integrierten und die Monteure baten, es ‚handwerklich‘ aussehen zu lassen“, erzählen die Designer*innen. Handwerkliche Herausforderungen gab es auch auf dem Dachboden. Das Obergeschoss befand sich in einem rohen, unausgebauten Zustand. Untergebracht werden mussten aber zwei Schlafzimmer – eines für die Eltern sowie eines für die Tochter, zwei Bade- und ein Arbeitszimmer.

Raumeffizienz unter dem Dach
Der gesamte Raum unter den Schrägen wurde voll ausgenutzt. Das Schlafzimmer der Tochter bekam ein Ensuite-Bad, das Elternschlafzimmer einen monumentalen und passgenau eingefügten Kleiderschrank. Das geriffelte Kopfteil des Bettes ist ein Multitalent: Es trennt den Raum, bietet seitlich Ablagenischen für Telefon, Bücher oder Lesebrille und erweist sich rückseitig als Kommode. Als Referenz an das Regal im Erdgeschoss wurde auch das Bad wie aus einem Guss gestaltet. Es ist durchweg mit beigefarbenem Beton ausgestattet, der für den Einsatz im Nassbereich gewachst wurde und integrierte Ablagen bietet. Mit der neuen Aufteilung der ehemals offenen Fläche in mehrere kleine Räume musste auch die Lichtsituation angepasst werden. Das eine Bestandsfenster wurde geschlossen und durch mehrere neue ersetzt. Schlussendlich ließ das Team von Heju noch rosa Akzente einziehen, die gemeinsam mit dem hellen Parkettboden dem ursprünglichen Wunsch der Auftraggeber*innen nach einer Wohnwelt in Holz und Pastell entsprechen.

Facebook Twitter Pinterest LinkedIn Mail
Links

Entwurf

Heju

www.heju.fr

Mehr Projekte

Aus Werkstatt wird Wohnraum

Umbau im griechischen Ermionida von Naki Atelier

Umbau im griechischen Ermionida von Naki Atelier

Londoner in der Lombardei

Tuckey Design Studio verwandelt ein Wohnhaus am Comer See

Tuckey Design Studio verwandelt ein Wohnhaus am Comer See

Zwischen Stroh und Stadt

Nachhaltiges Wohn- und Atelierhaus Karper in Brüssel von Hé! Architectuur

Nachhaltiges Wohn- und Atelierhaus Karper in Brüssel von Hé! Architectuur

Flexibel zoniert

Apartment I in São Paulo von Luiz Solano

Apartment I in São Paulo von Luiz Solano

Freiraum statt Festung

Familienhaus mit Innenhof in Bangalore von Palinda Kannangara

Familienhaus mit Innenhof in Bangalore von Palinda Kannangara

Kork über Kopf

Umbau eines Penthouse mit Korkdecke von SIGLA Studio in Barcelona

Umbau eines Penthouse mit Korkdecke von SIGLA Studio in Barcelona

Drei Pavillons für ein Familiendomizil

Australisches Wohnhaus von Pandolfini Architects und Lisa Buxton

Australisches Wohnhaus von Pandolfini Architects und Lisa Buxton

Ein Haus der Gegensätze

Kontrastreicher Neubau nahe Barcelona von Ágora

Kontrastreicher Neubau nahe Barcelona von Ágora

Die Magie der Entgrenzung

Luftiger Neubau Casa Tres Patis von Two Bo in Spanien

Luftiger Neubau Casa Tres Patis von Two Bo in Spanien

Raumsequenzen in der Grotte

Casa Gruta in Mexiko von Salvador Román Hernández und Adela Mortéra Villarreal

Casa Gruta in Mexiko von Salvador Román Hernández und Adela Mortéra Villarreal

Altes Haus im neuen Licht

Familienwohnung von Jan Lefevere in Kortrijk

Familienwohnung von Jan Lefevere in Kortrijk

Mehr Platz fürs Wesentliche

Umbau eines Backstein-Cottage in London von ROAR Architects

Umbau eines Backstein-Cottage in London von ROAR Architects

Raum-Chamäleon

Flexibel nutzbarer Anbau in Brisbane von Lineburg Wang

Flexibel nutzbarer Anbau in Brisbane von Lineburg Wang

Wohnräume mit Tiefgang

Innenausbau einer Villa am Rhein vom Düsseldorfer Studio Konture

Innenausbau einer Villa am Rhein vom Düsseldorfer Studio Konture

Holz und Stein im alpinen Dialog

Apartmenthaus Vera von atelier oï und CAS Architektur in Andermatt

Apartmenthaus Vera von atelier oï und CAS Architektur in Andermatt

Haus mit zwei Gesichtern

Umbau eines Reihenhauses in Lissabon von Atelier José Andrade Rocha

Umbau eines Reihenhauses in Lissabon von Atelier José Andrade Rocha

Umbau am offenen Herzen

Ply Architecture transformierte einen Sechzigerjahre-Bungalow in Australien

Ply Architecture transformierte einen Sechzigerjahre-Bungalow in Australien

Reise in die Vergangenheit

Studio Hagen Hall gestaltet ein Londoner Reihenhaus im Mid-Century-Stil

Studio Hagen Hall gestaltet ein Londoner Reihenhaus im Mid-Century-Stil

Downsizing als Designprinzip

Kompaktes Wohnhaus in Portugal von Atelier Local

Kompaktes Wohnhaus in Portugal von Atelier Local

Der Reiz der Reduktion

Innenarchitekt Ilkka Palinperä gestaltet ein Wohnhaus bei Helsinki

Innenarchitekt Ilkka Palinperä gestaltet ein Wohnhaus bei Helsinki

Authentische Askese

Apartment-Rückbau in Paris von Atelier Apara

Apartment-Rückbau in Paris von Atelier Apara

Umbau im Anbau

Gianni Botsford erweitert Fosters Londoner Frühwerk

Gianni Botsford erweitert Fosters Londoner Frühwerk

Visionen vom Wohnen

Design-Apartments auf der MDW 2025

Design-Apartments auf der MDW 2025

Mit Ecken und Kurven

Umbau eines Reihenhauses in London von Pensaer

Umbau eines Reihenhauses in London von Pensaer

Raw in Rio

Von Säulen geprägter Wohnungsumbau von Estudio Nama

Von Säulen geprägter Wohnungsumbau von Estudio Nama

Nostalgie nach Mass

Belgravia Townhouse von Child Studio

Belgravia Townhouse von Child Studio

Grobe Perfektion

Symbiose aus Beton und Holz in einem Apartment in Tokio von Kenta Hirayama

Symbiose aus Beton und Holz in einem Apartment in Tokio von Kenta Hirayama

Appetitliches Apartment

Wohnungsumbau von Iva Hájková Studio in Prag

Wohnungsumbau von Iva Hájková Studio in Prag

Raumwunder in Porto

Umbau eines portugiesischen Mini-Häuschens von Spaceworkers

Umbau eines portugiesischen Mini-Häuschens von Spaceworkers

Hygge auf Tschechisch

Umbau des Cottage Two Sisters von Denisa Strmiskova Studio im Isergebirge

Umbau des Cottage Two Sisters von Denisa Strmiskova Studio im Isergebirge