Schwerindustrie, leicht verändert
1 / 8
Beim Stichwort Corporate Architecture fallen einem spektakuläre Neubauten internationaler Starchitekten ein. Aufwändig inszenierte Architektur mit bildhaftem Charakter soll Aufmerksamkeit erzeugen und die Identität eines Unternehmens vermitteln. Umgekehrt hoffen die Manager vielleicht auch, die Firma möge von dem Image der Architektur profitieren. Dass es auch eine Nummer unaufgeregter geht, wenn die Tätigkeit eines Unternehmens Ausdruck in der Architektur finden soll, zeigt das Projekt „Kanonenhalle“ in Berlin. Ein historisches Industriegebäude dient hier als atmosphärisch passender Sitz für eine Firma, die nostalgische Werbeartikel vertreibt.
Die „Kanonenhalle“ ist ein zweischiffiger Backsteinbau aus dem Jahr 1917 und Teil des ehemaligen Werksgeländes des Maschinen- und Dampflokomotivenherstellers Borsig in Berlin-Tegel. Im Ersten Weltkrieg baute Borsig seine Rüstungsproduktion aus, weshalb auch die Fabrikanlagen erweitert werden mussten. Die neun Meter hohe, teilweise offene Halle mit ihren rohen Backsteinmauern, stählernem Tragwerk, offenem Dachstuhl und großen Fensterflächen im Dach verströmt bis heute den Geist des Zeitalters der Schwerindustrie. Auch beim Umbau einer Hälfte der „Kanonenhalle“ zum Firmensitz von „Nostalgic Art“ ging der spezielle Charakter nicht verloren, denn die offene Raumstruktur und die historischen Oberflächen und Details hat Architekt Jens Beige erhalten.
Lager und Büro in einem
Das eine „Schiff“ der Halle erstreckt sich über die volle Höhe und beherbergt jetzt das Hochregallager der Firma, während das andere „Schiff“ über zwei Geschosse verfügt: Im Erdgeschoss liegen weitere Lagerflächen, und im ersten Obergeschoss befinden sich die Büro- und Besprechungsräume. Zwischen den Hochregalen und dem Verwaltungstrakt wurden gläserne Trennwände eingezogen, so dass Sichtkontakte zwischen beiden Abteilungen möglich sind. Die Arbeitsplätze der rund 20 Mitarbeiter sind alle in einem großen, offenen Raum untergebracht, von oben belichtet durch die gläsernen Dachflächen. An einer Stirnseite liegen in einem eigens eingezogenen Zwischengeschoss die Besprechungsräume. Eine schwarze, gewendelte Freitreppe führt dort hinauf. Insgesamt belegt „Nostalgic Art“ rund 3.500 Quadratmeter Fläche in dem Backsteinbau.
Café im Raucheraquarium
Die Arbeitsplätze der Mitarbeiter sind in Zweier- und Vierergruppen angeordnet, die wie Inseln im open space liegen. Jede der Schreibtischinseln ist durch einen farbig abgesetzten Kreis im Teppichboden eingerahmt und durch halbhohe Container begrenzt. An der einen Seite der Bürohalle liegt ein kleiner Cafétresen, der mit Glaswänden abgetrennt ist: In dieser klimatisierten Kammer dürfen die Angestellten zum Espresso eine Zigarette genießen, ohne die Kollegen bei der Arbeit zu stören.
Ein Tischsystem für alle Bereiche
Die Möblierung der Arbeitsplätze und Besprechungsräume lieferte der Hersteller Sedus. Die Schreibtische stammen aus dem System invitation, das sich durch eine große Variationsbreite und damit Anpassungsfähigkeit auszeichnet. Die Mitarbeiter sitzen auf Bürodrehstühlen namens „silent rush“, die mit ihren roten Sitzschalen einen Akzent in der Halle setzen. Die gepolsterte Abdeckung der Schreibtischcontainer nimmt diesen kräftigen Farbton auf. Das System „invitation“ kommt auch in den Konferenzräumen zum Einsatz, wo es mit roxy-Freischwinger und crossline-Konferenzstühlen, beide in schwarz, kombiniert wurde. Das Möblierungskonzept trägt seinen Teil bei zu dem hochwertigen und seriösen Gesamteindruck, den die sanierte „Kanonenhalle“ macht. Ganz ohne Spektakel und aufwändige Inszenierung.
FOTOGRAFIE Oliver Brettschneider
Oliver Brettschneider
Mehr Projekte
Vertikal, vernetzt, und verantwortungsvoll
Hochhausensemble FOUR in Frankfurt von UNStudio
Lieblingsplatz mit Tiefgang
Lepel & Lepel bauen eine Büroetage im Duisburger H2 Office um
Neu aufgegleist
Umnutzung eines Ringlokschuppens in Osnabrück von Kresings
Alte Schule
Wohnlicher Co-Working-Space in London von Daytrip
Ab ins Beet
Bürolandschaft in Japan von DDAA für Kokuyo
Arbeiten im Penthouse
RHO gestaltet das neue Headquarter von Design Hotels in Berlin
Ganz der Kunst gewidmet
Atelier für eine Malerin in Germantown von Ballman Khapalova
Kreative Transformationen
Nachhaltiges Bauen mit regionalen Ressourcen und innovativen Produkten von JUNG
Lebendiges Labor
Umbau einer Büroetage zum dynamischen Testumfeld
Mehr Stimmung als Stromverbrauch
Innovative Beleuchtung von Fagerhult im Bol-Headquarter
Architektur zum Anbeissen
MoDusArchitects verwandeln das Loacker-Flaggschiff in Heinfels in eine räumliche Erlebniswelt
Ein Office für alle Fälle
Ippolito Fleitz Group und Brunner gestalten den Beiersdorf Campus in Hamburg
Charlottenburger Altbau(t)räume
Office Space von BBPA am Berliner Fasanenplatz
Vom Altar zum Arbeitsplatz
Büroumbau in ehemaliger Kirche mit Einrichtungslösungen von Kinnarps
Arbeiten wie aus einem Guss
Fellowes stattet elf ergonomische Arbeitsplätze in der Hamburger Speicherwerkstatt aus
Inspirationen am Fleet
Neu gestalteter Showroom von Kinnarps in Hamburg
Eine Stadt aus Räumen
Kollaborativer Arbeitsort von Alberto Hueso in Spanien
Tabula Casa
Die inspirierenden Studioräume von Nerea Apraiz in Bilbao
Nachhaltig auf allen Ebenen
Intelligente Lichtlösungen für den Bürokomplex Tripolis-Park in Amsterdam
Arbeiten in neuem Licht
BOS hat das eyeo-Büro in Berlin als Stadtrundgang inszeniert
Architekturwandel an der Alster
Umbau der BAT-Hauptverwaltung in Hamburg durch Ratschko Architekten
Kreative in der Konservenfabrik
Zirkuläres Büro-Interieur im belgischen Leuven von tweestroom
Büro auf Abruf
Meeting Suites by Bene in Wien
Rohbaucharme und Ruhezone
Modernes Bürokonzept von Delta Pods im Sky Park Bratislava
Bestand und Weitblick
Nachhaltige Transformation des DUO Towers in Düsseldorf durch DJH Architekten
Massivholz und Mixed-Use
Die Team 7 Welt von Matulik Architekten mit Vestre-Outdoormöbeln
Zirkuläre Raute
Bürogebäude The Cradle in Düsseldorf von HPP Architekten
Zukunft im Industriedenkmal
PLY Atelier gestaltet Ramboll-Office in den Berliner Wilhelm Hallen
Kalifornische Moderne
Fabrikhallenbüro nahe Hollywood von 22RE
Zwischen White Cube und Colour Blocking
Batek Architekten gestalten Prophylaxepraxis T7.2 in Berlin