Sehen und Gesehen werden
1 / 8

Dieser Widerspruch ist nicht aufzulösen: Wir brauchen Rückzugsräume, um in Ruhe arbeiten zu können und uns wohl zu fühlen. Aber genauso wichtig sind natürlich der Austausch zwischen den Kollegen sowie Orte, an denen man sich zwanglos treffen kann im Büro. Und so wird bei den meisten aktuellen Bauprojekten versucht, den Spagat zwischen beiden Welten hinzubekommen: Offenheit oder Intimität, Zelle oder Großraum, oder irgendetwas dazwischen? Das ungarische Architekturbüro Tervhivatal hat beim Umbau eines Lofts in Budapest auf ein bewährtes Mittel zurückgegriffen, um mit dem großen Widerspruch umzugehen: die Box.
Allerdings haben Zsanett Benedek und Daniel Lakos von Tervhivatal nicht einfach abgeschlossene Kisten nach Art der typisch amerikanischen Cubicles in der Etage der ehemaligen Textilfabrik Goldberger abgestellt – darin ist der Einzelne meist völlig isoliert. Ihre fünf weißen Boxen aus Gipskarton und Stahlrahmen lehnen sich im Maßstab eher an die Architektur an als an die Möblierung. Und sie spielen mit dem Wechsel von geschlossenen Wänden und großen, teilweise verglasten Öffnungen. Je nach Standort und Perspektive blickt man so in enge, relativ dunkle Korridore oder hat helle, gerahmte Ein- und Durchblicke. Vier der fünf unterschiedlich großen und hohen Boxen sind zudem direkt an die Außenwände des Lofts herangerückt und verfügen über natürliches Licht. In den amerikanischen Standard-Cubicles ist dies beileibe keine Selbstverständlichkeit! Die Büros und Besprechungsräume in den Kisten sind also einerseits ausreichend voneinander abgetrennt; andererseits bieten sich genug Möglichkeiten zum Sehen und Gesehen werden – keiner verschwindet völlig in der Versenkung.
Schwarz, Weiß, Grau
Vom Spiel mit den Durchblicken lenkt visuell nichts ab: Die Farbpalette ist auf Weiß und Grau und ein wenig Schwarz reduziert. Die Böden in den Boxen sind mit grauem Linoleum belegt, die restlichen Flächen bestehen aus grauem Beton. Die Wände und die Gewölbedecke des Lofts sind ebenso weiß wie die eingestellten Kuben. Die Verbindung zwischen den über Fußbodenniveau erhöhten, „schwebenden“ Boxen schaffen schwarze, stählerne Stufen und Tritte. Auch bei der Möblierung wurde unnötige Aufregung vermieden: Bewährte Klassiker wie Le Corbusiers „LC2“-Sessel oder Ludwig Mies van der Rohes „Barcelona-Chair“ bestimmen das Bild. Die einzige Extravaganz wurde bislang nicht realisiert: Eigentlich war geplant, auf einer der Boxen eine kleine „Dachterasse“ mit einem Sitzplatz für Zwischendurch einzurichten. Doch die Idee harrt noch ihrer Umsetzung.
Tagsüber Büro, abends Club
Nicht nur den Wechsel zwischen offen und geschlossen, zwischen hellem Tageslicht und dunklem Korridor haben Tervhivatal in dem Altbau-Loft inszeniert. Zumindest nach Einbruch der Dunkelheit können sich Mitarbeiter und Besucher auch an einem speziellen Kunstlichtkonzept erfreuen. Am unteren Rand der Boxen, dort, wo sie auf einem Sockel ruhen, sind verdecke LED-Lichtquellen angebracht. Ihr Licht strahlt auf den Betonboden und verstärkt noch den Effekt des Schwebens. Die atmosphärische Verwandlung des Lofts im Dunklen dient einem ganz konkreten Zweck: Neben seiner Funktion als Büro soll es abends auch als Club dienen – in eine der Boxen wurde eigens ein schwarzer Tresen eingebaut. Praktisch für die Mitarbeiter, die zum abendlichen Vergnügnungsprogramm im Zweifel ihr Büro nicht einmal verlassen müssen.
FOTOGRAFIE Tamás Bujnovszky
Tamás Bujnovszky
Mehr Projekte
Inspirationen am Fleet
Neu gestalteter Showroom von Kinnarps in Hamburg

Eine Stadt aus Räumen
Kollaborativer Arbeitsort von Alberto Hueso in Spanien

Tabula Casa
Die inspirierenden Studioräume von Nerea Apraiz in Bilbao

Nachhaltig auf allen Ebenen
Intelligente Lichtlösungen für den Bürokomplex Tripolis-Park in Amsterdam

Arbeiten in neuem Licht
BOS hat das eyeo-Büro in Berlin als Stadtrundgang inszeniert

Architekturwandel an der Alster
Umbau der BAT-Hauptverwaltung in Hamburg durch Ratschko Architekten

Kreative in der Konservenfabrik
Zirkuläres Büro-Interieur im belgischen Leuven von tweestroom

Büro auf Abruf
Meeting Suites by Bene in Wien

Rohbaucharme und Ruhezone
Modernes Bürokonzept von Delta Pods im Sky Park Bratislava

Bestand und Weitblick
Nachhaltige Transformation des DUO Towers in Düsseldorf durch DJH Architekten

Massivholz und Mixed-Use
Die Team 7 Welt von Matulik Architekten mit Vestre-Outdoormöbeln

Zirkuläre Raute
Bürogebäude The Cradle in Düsseldorf von HPP Architekten

Zukunft im Industriedenkmal
PLY Atelier gestaltet Ramboll-Office in den Berliner Wilhelm Hallen

Kalifornische Moderne
Fabrikhallenbüro nahe Hollywood von 22RE

Zwischen White Cube und Colour Blocking
Batek Architekten gestalten Prophylaxepraxis T7.2 in Berlin

Flexibles New-Work-Office
Bürogebäude für Sevdesk in Offenburg von Müller + Partner

Zirkuläre Metamorphose
Lucas Muñoz Muñoz modernisiert eine Büroetage in Madrid für Sancal

Neue Rohheit
Brutalistisch angehauchte Umbauprojekte in drei europäischen Metropolen

Mut zur Veränderung
INpuls verwandelt das Landratsamt Freising in ein Bürgerbüro mit Zukunft

Alles im Kasten
Büro der Filmproduktion Dynamic Frame in Zürich von balbek bureau

Design à la campagne
Erwan Bouroullecs Bauernhaus im Burgund

Immer der Farbe nach
Studio Carcasse gestaltet ein neues Büro für Thoughtworks in Berlin

Büro mit Herz
Studio Theobald baut eine Gewerbeetage für Komplizen Film in Berlin um

Zwischen Natur und Technik
Johan Mångsén gestaltet das Interior des Bremer Saab-Büros

Londoner Zeitreise
Neue Büroflächen im Henry Wood House von Nice Projects

Moderner Filmsalon
Büroausbau von Civilian in New York City

Viel mehr als nur Schau
Mode-Showroom Casey Casey in Paris von Atelier NEA

Büro als Begegnungsstätte
Neues Headquarter von Henning Larsen und Ramboll in München

Labor mit Blick ins Grüne
Neue Büroräume von Graft in Berlin-Mitte

Mut zur Transparenz
Architekturbüro Hawkins\Brown bezieht eine Londoner Ladenfläche
