Speicher voll: Umbau in Kopenhagen
Diese Fassade könnte auch Batman gefallen: Verwandlung eines Silos in ein Wohngebäude.
Gewaltig und majestätisch zugleich: Der ehemalige Getreidesilo im Kopenhagener Nordhafen war schon vor seinem Umbau von beeindruckender Gestalt. 17 Stockwerke purer Beton. 50 Jahre nach seiner Errichtung wurde er vom Architekturbüro COBE zu einem Wohnhaus umgewandelt, als identitätsstarkes Kunststück mit Verbindung zur Stadt.
Seit einigen Wochen beherbergt der 10.000 Quadratmeter große ehemalige Hafenspeicher seine neuen Nutzer: 38 Wohnungen wurden in den Betonkoloss eingebaut, von denen keine der anderen gleicht. Die Architekten und Bauherren wollten so viel wie möglich von dem rauen Geist und industriellen Charme der früheren Funktion in die Gegenwart übertragen – sowohl in Bezug auf das monolithische Äußere als auch in Bezug auf die beeindruckenden Innenräume aus Beton. „Unser Ziel war es, das Gebäude von innen nach außen zu entwickeln“, erklärt Dan Stubbergaard, Gründer und Direktor von COBE, „sodass die neuen Bewohner und das städtische Umfeld die Identität und das Erbe der Struktur erleben können.“
COBE behielt die für den Speicher charakteristische, schlanke und hohe Form bei und fügte ihr noch vier weitere Geschosse hinzu. Die Wohnungen verteilten sie tetrisartig in dem Baukörper – erst im Anschluss wurden die Fensteröffnungen in die dicke Außenhaut geschnitten. Als Außenhülle dient eine Fassade aus galvanisiertem Stahl. Sie ummantelt auch die neu hinzugefügten Balkone, die nun, als eine Vielzahl abstrahierter Speicherauslässe, die neue Identität des Silos definieren. Das geometrische Spiel der Fassade aus abgewinkelten, teils perforierten Metallelementen dient aber nicht nur als neues Gesicht der Transformation, sie schützt auch die Innenräume vor dem rauen Meeresklima. Die Architekten wünschen sich, dass die Stahlfassade mit zunehmendem Alter eine raue Patina bekommt, die an den ursprünglichen Hafencharakter erinnert.
Für Dan Stubbergaard ging es mit der Transformation des Speichers um die Wiederbelebung des industriellen Erbes und die Entwicklung neuer Potenziale. „Auf die Weise können wir das, was viele Menschen als industriellen Müll betrachten, in einen Schatz verwandeln.“
Die räumliche Variation des alten Speichergebäudes, die durch verschiedene Funktionen der Lagerung und Handhabung des Getreides entstanden war, findet sich auch in den 38 Apartments wieder. Von ein- bis mehrgeschossig und mit Größen von 106 bis 401 Quadratmetern existieren unterschiedlichste Wohntypologien in dem Haus. Auch vor Deckenhöhen von bis zu sieben Metern schreckten die Planer nicht zurück. Im Zusammenspiel mit den rauen Betonoberflächen, die allein durch Betonschneidemaschinen an die neue Nutzung angepasst werden konnten, ergeben sich beeindruckende Räume, die mit dem Ausblick auf den Hafen konkurrieren.
Alles Neue wurde auf die Außenseite der historischen Hülle verlegt: Auch die Rahmen der deckenhohen Fenster versteckten die Architekten hinter den vorhandenen Betonmauern. Neben der Wohnnutzung finden sich in dem Gebäude auch mehrere öffentliche Orte: Ein Dachrestaurant, das als separater Glaskörper das Silo krönt, und ein Veranstaltungsraum im Erdgeschoss machen das Haus auch für die Stadtbevölkerung zugänglich. „Der Speicher wird zwar bewohnt, aber auch eine Attraktion sein“, freut sich Stubbergaard. Mit dem Umbau haben die Architekten von COBE nicht nur die beeindruckende Wandlung eines Industriebaus vollzogen – sie haben auch einen neuen urbanen Anziehungspunkt in Kopenhagen geschaffen.
Dieses Projekt ist einer von vielen Beiträgen in der aktuellen Ausgabe des Heinze DEAR Magazins. Bestellen Sie jetzt Ihr Print-Abo! Derzeit kostenlos!
FOTOGRAFIE Rasmus Hjortshøj | Coast Studio
Rasmus Hjortshøj | Coast Studio
COBE
www.cobe.dkRasmus Hjortshøj
www.coastarc.comThe Silo
Projekt: Umbau eines 17-geschossigen Silos in ein Wohnhaus mit 38 Apartments / Fläche: 10.000 Quadratmeter / Bauherren: Klaus Kastbjerg und NRE Denmark / Ort: Kopenhagen / Realisierung: 2013–2017
www.thesilo.dkDEAR Magazin Nr. 2/2017
Dieser Beitrag ist zuerst in unserem Printmagazin erschienen. Infos zur Heftbestellung:
www.dear-magazin.de