Töne in Taipeh
Für die Wohnung einer Modedesignerin aus Taipeh fanden Waterfrom jede Menge Inspirationen in der Fashionwelt.
Wenn es um den Einsatz von Farben geht, sind viele Innenarchitekten zurückhaltend. Da braucht es erst eine Modedesignerin als Bauherrin, die nicht nur in ihrer Arbeit auf Muster und Farben wert legt, sondern auch privat davon umgeben sein möchte – wie dieses Apartment in Taipeh zeigt.
In der Innenstadt von Taipeh, wo Wolkenkratzer neben alten Tempeln in die Höhe ragen, ließ sich eine junge Modedesignerin von dem Büro Waterfrom eine Wohnung ganz nach ihren Vorstellungen einrichten. Auf 76 Quadratmetern sollten Wohnzimmer, Küche, Schlafraum, Bad und Arbeitsbereich in einem von Grund auf neu gestalteten Grundriss Platz finden. Der in Frankreich ausgebildeten Designerin war es wichtig, dass die Räume zwar offen gestaltet, aber dennoch sichtbar zoniert sind. Das realisierten die Innenarchitekten durch jeweils in sich geschlossene Farb- und Formkonzepte. So grenzt sich zum Beispiel die offene Arbeitsnische in seinen unterschiedlichen Rottönen klar von Esszimmer und Küche ab.
Verspielte Maßanfertigungen
Eine gläserne Vitrinenwand, die vom Essbereich ums Eck bis in das offene Wohnzimmer verläuft, bildet einen gradlinigen Kontrast zum nierenförmigen Esstisch und der abgesetzten und indirekt beleuchteten Decke des Wohnungsmittelpunkts. Der Tisch ist eine Einzelanfertigung der Designer und spiegelt ihre verspielte Attitüde im Umgang mit Inneneinrichtung wider: Inspiriert von einer historischen Nähmaschine, ruht die geschwungene Platte auf einem verschlungenen Metallfuß und auf dem Rad eines Fahrrads.
Bemerkenswert ist auch die kobaltblaue Schrankwand, die mit ihren schmalen, horizontal verlaufenden Untergliederungen an Spinde erinnert. Hier ist Platz für die Modebücher der Bewohnerin. Ein künstlicher Kamin lockert die Maßanfertigung auf und nimmt ihm die industrielle Härte. Je nach Blickachse wirken die Fronten aus engmaschigem Metallgitter mal transparent, mal undurchsichtig, wie ein zarter Seidenstoff. Die Innengestaltung wurde durch Formen von Krawatten und Gürtel inspiriert, wie die Architekten erklären. Die verspiegelte Rückwand vergrößert den Raum optisch und erinnert an die Garderobe bei einer Modenschau.
Inspirationen aus der Mode
Doch es finden sich noch mehr Anspielungen auf die Modewelt in der Wohnung der jungen Designerin. Inspiriert von René Gruaus Modeillustrationen aus den fünfziger Jahren, imitiert die Farbauswahl französisches Selbstbewusstsein und Lebendigkeit. Jeder Raum hat ein eigenes Farbschema: Im Wohnzimmer herrscht ein lebendiges Blau vor, in der Küche ein ins Bronzene gleitender Goldton und das Schlafzimmer ist in Weiß und Grau mit blauen Nuancen gehalten.
Die Gesamtkomposition der Wohnung wirkt wie eine sorgsam zusammengestellte Modekollektion mit aufeinander abgestimmten Einzelteilen, die – wie etwa der Esstisch oder der Sessel Fly Chair des dänischen Herstellers &tradition – charakterstark genug sind, um für sich allein zu stehen; die aber dennoch als Ensemble funktionieren. Das schafft interessante Blickachsen und so viel Abwechslung wie in einem gut sortierten Kleiderschrank.
Taipeh ist World Design Capital 2016: Lesen Sie mehr dazu in unserem Bericht.
FOTOGRAFIE Kuomin Lee
Kuomin Lee