Travertin und Touchscreen
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Das Innenleben des „E-Science Lab“ ist einfach und komplex zugleich – zwei ganz verschiedene Raumkonzepte kommen in dem neuen Forschungsgebäude der ETH Zürich von Baumschlager und Eberle zusammen. Die Vorarlberger Architekten haben entlang der Fassade in dem als „Außenzone“ bezeichneten Bereich Büro- und Seminarräume mit rechtwinkligem Zuschnitt aufgereiht. Das Zentrum des siebengeschossigen Hauses bildet jedoch die „Kernzone“: eine atriumartige Halle, in die verschiedene Volumen hineinragen. Durch die eingeschobenen Räume entsteht ein verschränktes, vertikales Gefüge, das in jeder Etage einen anderen Grundriss aufweist. Die unterschiedliche Farbgebung – kräftiges Gelb für die Halle, gebrochenes Weiß für die Büros – verstärkt noch das Spiel der räumlichen Gegensätze.
Das E-Science Lab ist ein Lehr- und Forschungszentrum für Informationswissenschaften und das erste von mehreren neuen Gebäuden für den Campus „Hönggerberg“. Die bereits vorhandene Bebauung des auch als „Science City“ bezeichneten Campus soll zu einem Forschungsareal mit städtischem Charakter verdichtet werden. Dort wird künftig nicht nur gearbeitet, sondern auch gewohnt. Mit dem Kubus des Science Lab erhebt sich nun an der Hangkante des Hönggerbergs ein weithin sichtbares Zeichen für die ehrgeizigen Pläne. Das 65 Millionen Schweizer Franken (knapp 43 Millionen Euro) teure Gebäude fällt von außen besonders durch seine plastische Fassade auf. Vor die verglasten Außenwände gehängt ist ein Raster aus horizontalen Laufgängen und vertikalen Blenden – beide aus Travertin –, das dem Haus ein strenges und klares Äußeres verleiht.
Hightech-Ausstattung, aber keine Hightech-Architektur
Vom ebenerdigen Eingang des Science Lab gelangen Studenten und Professoren in die zentrale Halle, die sich im Erdgeschoss als offener Raum präsentiert. Mithilfe von Faltwänden kann die Fläche jedoch abgeschlossen und als Veranstaltungssaal genutzt werden. Zur Kernzone mit der Halle gehören auch die Erschließungs- und Versorgungseinrichtungen wie Treppenhäuser und Aufzüge. Im Erdgeschoss befinden sich außerdem ein Restaurant, eine Bibliothek und ein Saal für multimedialen Unterricht. Mit drei Touchscreens, zwei Pixeltischen und leistungsstarken Rechnern bietet dieses „Value Lab“ die nötige Ausstattung, um große Datenmengen für Visualisierungen und Simulationen verarbeiten zu können. Das erklärte Ziel der Architekten war es jedoch, die Gestaltung des Gebäudes nicht den Anforderungen der Technologie zu unterwerfen. Sie wollten kein „Hightech-Building als Emblem für den Datenhighway“. Trotzdem ist das Gebäude mit ressourcenschonender Haustechnik wie einer Photovoltaikanlage auf dem Dach ausgerüstet.
Künstlerisches Farbkonzept als Teil der Architektur
Auf die sechs Obergeschosse verteilen sich Seminar- und Büroräume der verschiedenen im Science Lab untergebrachten Institute der ETH. Ein Teil der Räume davon befindet sich in der Außenzone und kann an wechselnde Platzanforderungen angepasst werden. Weitere Seminarräume, die Hörsäle und die Cafeteria liegen in den in die Halle ragenden Kuben. In die Wände zur Halle hin sind Fenster eingeschnitten, so dass sich Blickbeziehungen über mehrere Etagen hinweg ergeben. Teilweise überbrücken die schwebenden Volumen die ganze Halle und ermöglichen kurze Wege von einer Seite des Gebäudes zur anderen.
Während die aufgereihten Raumeinheiten der Außenzone eher abgeschlossen und konventionell wirken, bietet die Kernzone ein komplexes, je nach Standpunkt unterschiedliches Bild. Die starken Farbkontraste der gelben, blauen und grünen Wandflächen in der Halle beleben den Eindruck zusätzlich. Das Farbkonzept für das Atrium und die Beleuchtung stammt von dem Schweizer Künstler Adrian Schiess. Baumschlager und Eberle betonen, dass sein künstlerischer Beitrag als integraler Bestandteil der Architektur verstanden werden soll.
Der in der Fassade verwendete Naturstein Travertin findet sich als Bodenbelag in der Halle, den Hörsälen und den Treppenhäuser wieder. Die Wände der Treppenhäuser wurden ebenfalls mit Travertin verkleidet. Für die Ausstattung der Innenräume griffen die Architekten auf hochwertige Möbel von Herstellern wir Horgen Glarus, e15 oder Fritz Hansen zurück.
Für die Wissenschaftler der ETH ist eine Arbeitsumgebung entstanden, die wohl keine Wünsche offen lässt. Jetzt müssen nur noch die guten Einfälle kommen. Aber die befördert vielleicht der Blick aus dem Fenster auf die bewaldeten Hänge des Hönggerbergs.
FOTOGRAFIE © Hueber/archphoto.com
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