Turm, Kamm, Ei
Der zehngeschossige schwarze Turm mit dem zeichenhaften „S“ ist nicht zu übersehen: Seit seiner Fertigstellung im vergangenen Jahr definiert der Neubau der Zentrale der Landessparkasse zu Oldenburg (LzO) den nördlichen Rand der Innenstadt in der niedersächsischen Großstadt. Unmittelbar zwischen Weser-Ems-Halle, EWE-Arena und dem Hauptbahnhof Oldenburg gelegen, behauptet sich das mit schwarzem Granit verkleidete Ensemble aus „Turm“, „Kamm“ und „Ei“ von RKW Architektur + Städtebau. Gleichzeitig wird mit dem Neubau eine langjährige Lücke im Stadtgebiet geschlossen, die den Wohnbezirk Donnerschwee von der Innenstadt trennte; der Turm wirkt daher als Landmarke für diesen städtebaulichen „Brückenschlag“.
Drei Bausteine sind prägend für den Neubau der Zentrale der ältesten noch bestehenden Sparkasse der Welt: Am südlichen Rand begrenzt zunächst ein viergeschossiger, kammförmiger Gebäudeteil das Grundstück Richtung Bahngelände – die Architekten beziehen sich mit diesem „E“ auf das „architektonische Alphabet“ von Johann David Steingruber aus dem Jahr 1772. Nördlich davon, auf der Ecke, steht der markante 38 Meter hohe Turm, der von einem viergeschossigen Baukörper mit dem gleichen Grundriss begleitet wird.
Und schließlich musste nach der Zentralisierung im Kreditgeschäft weiterer Raum gefunden werden: So wurde dem eigentlich in sich abgeschlossenen Ensemble noch ein amöbenförmiges Volumen hinzugefügt – das „Ei“. Dieses sollte auch von seiner Materialität her anders behandelt werden: Im Gegensatz zu den mit Natursteinplatten verkleideten, orthogonalen Baukörpern weist das „Ei“ eine vertikal gegliederte Glasfassade auf, die die Rundungen nachzeichnet. Um die Eigenständigkeit der einzelnen Bauteile zu unterstreichen und dennoch eine Verbindung zwischen ihnen herzustellen, sind zwischen den einzelnen Körpern gläserne Übergänge angeordnet. Zwei große verglaste Hallen bilden zudem die architektonischen Zentren beziehungsweise „Gelenke“ des Ensembles.
Dunkle Schale, heller Kern
Kontraste sind ein großes Thema beim Neubau der LzO-Zentrale: Was von außen schwarz und streng daher kommt, wirkt von innen leicht und lichtdurchflutet. Die Erschließung erfolgt eher unspektakulär: Ebenerdig betritt man den Bau an der Straßburger Straße zwischen „Kamm“ und „Turm“ und gelangt sogleich in die hohe lichte Empfangshalle. Von hier aus erschließt sich das Gebäude wie selbstverständlich entlang einer Magistrale, einer Wegachse, an der die einzelnen Gebäudeteile aufgereiht sind. Gegenüber der Eingangshalle ist eine zweite Halle mit Mitarbeiterrestaurant angeordnet. Eine variable Möblierung ermöglicht hier sowohl die Nutzung als Kantine als auch eine festliche Einrichtung für Veranstaltungen aller Art. In loser Folge platzierte kubische Leuchten können dazu herabgedimmt werden. Für eine gedämpfte Akustik sorgt zudem eine mit hellem Leder bespannte Wand, die den Raum zu den Verkehrswegen hin abschließt.
Körper, Licht, Bewegung
Die Haltung, möglichst viel Tageslicht zu nutzen und natürliche Materialien zu verwenden, bewährt sich auch in den Büroräumen: Die bodentiefen Fenster haben gläserne Brüstungen, um noch mehr natürliches Licht in die Räume zu lassen. Diese mitarbeiterorientierte Haltung zeigt sich auch in der Möblierung: Zum Einsatz kommt der Bürostuhl ON von Wilkhahn. Zum Zeitpunkt der Planung lediglich als Prototyp verfügbar, vertrauten Planer und Bauherren ganz auf die innovative Technik des Stuhls, der dreidimensionale Bewegungen beim Sitzen erlaubt und so nicht nur Haltungsschäden vorbeugt, sondern auch entspannt-bewegtes Arbeiten ermöglicht.
In den Besprechungsräumen, Schulungsbereichen sowie Konferenzräumen entschied man sich für den Freischwinger „Sito“, ebenfalls von Wilkhahn, in einer hell bespannten Variante mit hoher Rückenlehne. Die Schulungsbereiche sind zudem mit dem variablen, stapel- und klappbaren Tischsystem „Contas“ ausgestattet; im repräsentativen Konferenzraum des Vorstandes kommt dagegen ein auf das Farbkonzept abgestimmter Tisch mit einer Oberfläche aus gekalkter Eiche zum Einsatz. So wird der Antagonismus von Strenge und solider Präsenz nach außen zu Beweglichkeit und Leichtigkeit im Inneren auch in der Möblierung durchgehalten.
Als Ergänzung und Gegengewicht zum klaren, stringenten Hauptensemble haben die Architekten jedoch auch Räume geschaffen, die Platz für Kontemplation und Besinnung bieten: Dies sind zum einen die Außenbereiche mit ihren Gartenalagen, zum anderen ist das ein kleiner Baukörper im Innenhof: der „Raum der Stille“. Dieser fast kapellenartige Betonkubus bietet mit seiner kreisrunden Öffnung zum Himmel - ein architektonisches Zitat aus dem Pantheon in Rom - und seinem schneckenhausartigen Inneren einen meditativen Rückzugsort und Raum zum Innehalten im Alltag.
FOTOGRAFIE Stefan Müller, Marcus Pietrek, Wilkhahn
Stefan Müller, Marcus Pietrek, Wilkhahn
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