Varieté im Wohnzimmer
Multifunktionsmöbel und Innenarchitektur von Freaks Architecture in Paris

Das Pariser Architekturbüro Freaks hat sich einen Namen mit radikalen Lösungen gemacht. In ihrem Portfolio findet man scharfkantige Formen, grelle Farben und brachiale Schnitte. Sie sägen durch altehrwürdigen Stuck, verzerren Grundrisse und überziehen Wände mit Plastik. Auch in diesem kleinen Pariser Apartment folgen sie keiner Regel oder Konvention und erlauben sich wieder einmal einen echten Rundumschlag. Diesmal wortwörtlich, mit einem Möbelstück, das den Raum von Grund auf neu gestaltet – und das im Handumdrehen.
Paris ist berühmt für Oper, Ballett und Varieté. Von ihren Architekturen ließen sich Yves Pasquet, Cyril Gauthier und Guillaume Aubry inspirieren – genauer gesagt, von ihrem Mobiliar. Für einen Umbau im 13. Pariser Arrondissement entwarfen die Gründer des Architekturbüros Freaks ein Möbelstück, das für den Wohnbereich eher ungewöhnlich ist, jeder einfachen Beschreibung trotzt und daher einen Namen aus der Theaterwelt erhielt. „La Tournette ist der Name für einen Plattenteller in Theater- oder Opernstücken, der einen schnellen Szenenwechsel ermöglicht, während er gleichsam an der Inszenierung teilnimmt“, erklären sie.
Freakshow
Sie bekamen den Auftrag, eine ehemalige Werkstatt in eine Wohnung umzuwandeln und das Apartment an die unterschiedlichen Aktivitäten der Bewohner anzupassen. Bei gerade einmal 30 Quadratmetern Fläche keine unkomplizierte Herausforderung. „Wir schlugen vor, den Schlafbereich, die Nasszelle und die Küche im hinteren Bereich des Volumens anzuordnen und so die hohen Decken zu nutzen“, erklärt das Trio. Dafür entwarfen sie ein schmales Mezzanin für die Betten, die sie nicht nebeneinander, sondern längsseitig anordneten. Darunter platzierten sie die Küche, die ebenfalls, über eine lange Reihe gestreckt, nur wenig Raum einnimmt und so Platz für den Wohnbereich lässt. Wie aber verleiht man einem Ein-Raum-Apartment Struktur, Stauraum und verschiedene Sitzgelegenheiten, die sich an die unterschiedlichen Wohnbedürfnisse über den Tag anpassen?
Mobile Wohnskulptur
„Für die vordere Fläche entwarfen wir einen monolithischen und skulpturalen Schrank, der gleichsam Stauraum und Klapptisch ist, und der den Raum je nach Standort in verschiedenen Konfigurationen organisiert“, so die Freaks. Auf einer Seite gleicht das Multifunktionsmöbel, bis auf seine abgerundete Form, einem klassischen Regal. Dank seiner Höhe und Breite, die fast an die Raummaße stößt, wirkt es wie ein Raumteiler oder ein Sichtschutz, der Rückzugsmöglichkeiten schafft. Klappt man allerdings den Tisch auf seiner Rückwand aus, entsteht eine Fensteröffnung, durch die das Licht fällt und sich die Raumpartien miteinander verbinden lassen.
Die eigentliche Besonderheit dieses ungewöhnlichen Möbels ist jedoch seine Beweglichkeit, dank der es leichtgängig in alle möglichen Positionen und Richtungen gerückt werden kann. Mal längs, mal quer, mal diagonal im Raum angeordnet oder auch direkt an der Wand platziert, sorgt es für immer neue Raumwirkungen. So ermöglichen die Freaks den Bewohnern große Freiheit, ihren Wohnraum selbst zu organisieren. Ohne großen Aufwand, aber mit großen Effekten.
FOTOGRAFIE David Foessel
David Foessel
Innenarchitektur
www.freaksarchitecture.comMehr Projekte
Aus Werkstatt wird Wohnraum
Umbau im griechischen Ermionida von Naki Atelier

Londoner in der Lombardei
Tuckey Design Studio verwandelt ein Wohnhaus am Comer See

Zwischen Stroh und Stadt
Nachhaltiges Wohn- und Atelierhaus Karper in Brüssel von Hé! Architectuur

Flexibel zoniert
Apartment I in São Paulo von Luiz Solano

Freiraum statt Festung
Familienhaus mit Innenhof in Bangalore von Palinda Kannangara

Kork über Kopf
Umbau eines Penthouse mit Korkdecke von SIGLA Studio in Barcelona

Drei Pavillons für ein Familiendomizil
Australisches Wohnhaus von Pandolfini Architects und Lisa Buxton

Ein Haus der Gegensätze
Kontrastreicher Neubau nahe Barcelona von Ágora

Die Magie der Entgrenzung
Luftiger Neubau Casa Tres Patis von Two Bo in Spanien

Raumsequenzen in der Grotte
Casa Gruta in Mexiko von Salvador Román Hernández und Adela Mortéra Villarreal

Altes Haus im neuen Licht
Familienwohnung von Jan Lefevere in Kortrijk

Mehr Platz fürs Wesentliche
Umbau eines Backstein-Cottage in London von ROAR Architects

Raum-Chamäleon
Flexibel nutzbarer Anbau in Brisbane von Lineburg Wang

Wohnräume mit Tiefgang
Innenausbau einer Villa am Rhein vom Düsseldorfer Studio Konture

Holz und Stein im alpinen Dialog
Apartmenthaus Vera von atelier oï und CAS Architektur in Andermatt

Haus mit zwei Gesichtern
Umbau eines Reihenhauses in Lissabon von Atelier José Andrade Rocha

Umbau am offenen Herzen
Ply Architecture transformierte einen Sechzigerjahre-Bungalow in Australien

Reise in die Vergangenheit
Studio Hagen Hall gestaltet ein Londoner Reihenhaus im Mid-Century-Stil

Downsizing als Designprinzip
Kompaktes Wohnhaus in Portugal von Atelier Local

Der Reiz der Reduktion
Innenarchitekt Ilkka Palinperä gestaltet ein Wohnhaus bei Helsinki

Authentische Askese
Apartment-Rückbau in Paris von Atelier Apara

Umbau im Anbau
Gianni Botsford erweitert Fosters Londoner Frühwerk

Visionen vom Wohnen
Design-Apartments auf der MDW 2025

Mit Ecken und Kurven
Umbau eines Reihenhauses in London von Pensaer

Raw in Rio
Von Säulen geprägter Wohnungsumbau von Estudio Nama

Nostalgie nach Mass
Belgravia Townhouse von Child Studio

Grobe Perfektion
Symbiose aus Beton und Holz in einem Apartment in Tokio von Kenta Hirayama

Appetitliches Apartment
Wohnungsumbau von Iva Hájková Studio in Prag

Raumwunder in Porto
Umbau eines portugiesischen Mini-Häuschens von Spaceworkers

Hygge auf Tschechisch
Umbau des Cottage Two Sisters von Denisa Strmiskova Studio im Isergebirge
