Vertikales Gewächshaus
Triplex in Montreal von Jean Verville

„Meine Projekte sind konzeptuelle Porträts von Kunden“, sagt Jean Verville, dessen gemeinsam mit den Bauherren entwickelten Entwürfe eine faszinierende Gratwanderung zwischen Kunst und Architektur darstellen. In Montreal hat er sich nun – im Auftrag einer jungen Familie – einer ganz besonderen Bautypologie gewidmet.
Triplexes werden die charakteristischen Mehrfamilienhäuser mit drei unabhängigen Wohneinheiten genannt, die sich seit Ende des 19. Jahrhunderts als geläufige Wohnform in Montreal etabliert haben. Mit ihren dekorativen Klinkerfassaden und auffälligen Stahltreppen prägen die drei- bis viergeschossigen Gebäude das Straßenbild der Innenstadt. So auch im zentral gelegenen Wohnviertel Rosemont, wo der kanadische Architekt und Künstler Jean Verville eine zeitgemäße Interpretation dieses beliebten Bautyps entworfen hat.
Wohnliche Assemblage
Als „unbefangenes Familiennest“ und „Assemblage der Fragmente seiner Nachbarschaft“ beschreibt Verville das kürzlich fertiggestellte Objekt, das sich mit seiner hellen Klinkerfassade harmonisch in die gewachsene Umgebung einfügt. Über vier Geschosse verteilt liegen drei Wohnungen, die jeweils über eine eigene Grünfläche verfügen. Im Erdgeschoss und der ersten Etage befindet sich die 63 Quadratmeter große, sich zum schmalen Vorgarten hin öffnende Atelierwohnung des Bauherren, der hier seine Keramikwerkstatt betreibt.
Erschließung über Stahltreppen
Der weitläufige Bereich der Familie erstreckt sich über die gesamten vier Etagen der Gartenseite und verfügt über 197 Quadratmeter Wohnfläche sowie einen mit rund 108 Quadratmetern überschaubar wirkenden Garten. Die beiden oberen Stockwerke der Straßenseite bieten Raum für ein autonomes, 104 Quadratmeter großes Apartment mit einer 37 Quadratmeter großen Dachterrasse. In Anlehnung an die archetypische Form eines Triplexes erfolgt die Erschließung der unabhängigen Wohnbereiche über zwei zur Straße ausgerichtete Stahltreppen.
Transparente Reduktion
Wie die lichtgraue Fassade mit den versetzt angeordneten, großzügig bemessenen Fensterflächen schon vermuten lässt, gelangt viel natürliches Licht in die monochrom in Weiß gehaltenen Innenräume. Der zentrale Treppenaufgang, der alle Ebenen des Familiendomizils miteinander verbindet, ist lediglich über transparente Glaswände von den verschiedenen Wohnbereichen abgetrennt, sodass das Tageslicht ungehindert passieren kann. Auch die weiße Stahltreppe mit Trittstufen aus Lamellenrosten vermittelt einen Eindruck von Leichtigkeit und Lichtdurchlässigkeit.
Zimmerpflanzen als Mitbewohner
Geschliffene Betonböden, unbehandelte Holzbalkendecken sowie eine bewusst minimalistisch gehaltene Möblierung runden das Gesamtbild ab. Vor diesem reduzierten Hintergrund bildet das frische Grün der unzähligen Zimmerpflanzen einen lebendigen Farbakzent. Ein wenig erinnert das Ergebnis an ein vertikales Gewächshaus, in dem das einfallende Tageslicht eine tragende Rolle spielt. Die von Verville suggerierte, spielerische Herangehensweise habe sie ermutigt, ihre Beziehung zu Funktionalität und Dichte im Wohnraum zu hinterfragen, erklären die Bauherren. Mit sichtbarem Erfolg.
FOTOGRAFIE Felix Michaud + studio Jean Verville architectes
Felix Michaud + studio Jean Verville architectes
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