Vier Bäume für den Holzhybrid
Vattenfalls nachhaltiges Headquarter am Berliner Südkreuz
In einer strategisch und infrastrukturell optimalen Lage hat Vattenfall am Berliner Südkreuz ein neues Headquarter bezogen. Der von Tchoban Voss entworfene Gebäudekubus überzeugt nicht nur mit spektakulärer Architektur, Mut zur Innovation und praktischer Nachhaltigkeit. Das Interior vom ortsansässigen Büro de Winder ist zudem die direkte Antwort auf die Wünsche der Konzernmitarbeitenden.
Ein Gebäude, das besser zur Unternehmensidentität passt, hätte der Energiekonzern Vattenfall kaum finden können: Der von Tchoban Voss entworfene sechsstöckige Holz-Hybrid-Bau vom Projektentwickler Edge ist in Deutschland der größte seiner Art und mit der höchsten DGNB-Zertifizierung gleichzeitig aktuell der nachhaltigste Neubau. Von außen ist das Gebäude in Berlin-Schöneberg mit einer unauffälligen, geometrisch durch die Fenster gerasterten Fassade verhältnismäßig unspektakulär und verrät nicht viel von seiner grünen Seele. Wer den Kopf hebt und die schweren Holzbalken in der obersten Etage über der Veranda erspäht, kann allerdings Rückschlüsse auf die innere Konstruktion ziehen. Der erste Schritt ins Atrium ist dann ein Wow-Moment. Der überdachte Hof ist weitläufig und lichtdurchflutet, vier Holzsäulen recken sich wie stilisierte Pilze oder Bäume in verschiedenen Höhen dem transparenten Foliendach entgegen. Breite Treppen führen wie moderne Strickleitern von Wipfelplattform zu Wipfelplattform, darunter stehen grüne Polsterrondelle und Tischgruppen, die wie eine Gartenlandschaft mit Rückzugsräumen wirken.
Baumwipfelpfad unter dem Foliendach
Auf die Frage, ob die Angestellten den Aufstieg im 26 Meter hohen Atrium auf sich nehmen, gibt ein Mitarbeiter von Vattenfall beim Ortstermin eine klare Antwort. „Unbedingt. Die Treppen sind auch ein neuer Begegnungsort, an dem man jetzt mit Kollegen zusammenkommt, die man vorher selten oder nie gesehen hat. Und der Weg ist ein Erlebnis – weswegen viele bewusst auf den Fahrstuhl verzichten.“ Angebote zum Ausruhen gibt es ausreichend: Auf jedem der vier „Trees“ ruht eine runde Plattform mit viel Platz für flexibles Mobiliar. Auf einer wurde mittig eine Arbeitsfläche installiert, in der sich die Kolleg*innen auch länger niederlassen können – mit Ausblick auf die Tische und Bänke des Restaurants, die Sitzinseln in der „Coffee Area“ und den Co-Working-Bereich. Das Herz des Gebäudes erfüllt so den funktionalen Zweck einer Gemeinschaftsfläche, um die sich hinter der Innenfassade die individuellen Bürozonen gliedern.
Immer den Farben nach
Damit die 1.600 Mitarbeiter*innen sich zurechtfinden, haben die Projektarchitekt*innen von de Winder, die das Interior verantworten, eine farbliche Zonierung umgesetzt. Je nach Abteilung dominieren mal blaue Nuancen, mal gelbe oder rote. Der Farbcode hilft bei der Orientierung, strukturiert die insgesamt 22.000 Quadratmeter Nutzfläche und sorgt bei den Kolleg*innen für ein Identifikationsgefühl. Dass sie sich in ihrem neuen Büro wohlfühlen, liegt auch am partizipativen Designprozess. In zwei Workshop-Reihen wurden sie nach ihren Wünschen und Anforderungen gefragt. Wo sollen die Besprechungsräume oder Arbeitsinseln liegen, wo offene und kommunikative Bereiche? Welchen Bedarf an Rückzugszonen gibt es und wie viel Flexibilität muss das Mobiliar mitbringen? So unterscheiden sich die Areale nicht nur in der farblichen, sondern auch in der räumlichen Gestaltung – basieren dabei aber auf einem durchgängigen Einrichtungskonzept.
Möbel nach Maß
Die eingesetzten Möbel antworten auf die von den Botschafter*innen der Abteilungen formulierten Anforderungen. Im Angebot sind kleine Lounger zum informellen Arbeiten, „Phone Booths“ und Meetingboxen, Stehtische und Rückzugsbereiche, Garderoben mit Lockereinheiten und Stauraumflächen sowie die klassischen Schreibtischsituationen. Einige der Möbel stammen aus den Katalogen renommierter Möbelhersteller, viele Lösungen hat de Winder allerdings ortsbezogen und individuell gestaltet und mit Schreinereien maßgeschneidert umgesetzt. Jedes Team ist außerdem mit einer eigenen, dem Atrium zugewandten Teeküche ausgestattet. Das Interior erlaubt viel Flexibilität, die auch daraus resultiert, dass Vattenfall in seiner neuen Niederlassung auf non-territoriale Arbeitsstrukturen setzt. Die Mitarbeiter*innen können sich ihren Arbeitsplatz innerhalb ihrer „Homebase“ frei aussuchen und kommen so in immer wieder neuen Konstellationen zusammen.
Hoch hinaus
Neben den Konferenz- und Kreativzonen im Erdgeschoss, die vom halböffentlichen Atrium abgehen, gibt es mit der „Skylounge“ auch einen durch Lage und Aussicht besonderen Bereich unter dem Dach. Sie funktioniert als „Endstation“ des Baumwipfelpfades im Atrium, kann aber vom Foyer aus direkt mit dem Aufzug erreicht werden. Tagsüber ist die Fläche mit ihrer angeschlossenen Außenterrasse Cafeteria, Treffpunkt und optionale Arbeitsfläche. Abends können hier, mit grandioser Aussicht über die Dächer der Hauptstadt, Veranstaltungen stattfinden. Mittig steht zusätzlich eine Meetingbox-Insel, in der sich die Mitarbeitenden für Videokonferenzen oder Telefonate kurzfristig zurückziehen können, ohne in ihre Homebase zurückkehren zu müssen. Für Vattenfall ist das neue Gebäude am Südkreuz nicht nur eine architektonisch beeindruckende Visitenkarte in Sachen Nachhaltigkeit, sondern auch ein Shift für die Arbeitskultur des Unternehmens, wie ein Mitarbeiter berichtet: „Der Umzug ins Edge Südkreuz bedeutete auch den Abschied vom eigenen Schreibtisch, den die Mitarbeitenden an unseren anderen Standorten vorher hatten – mit dem Vorteil, dass Interaktion und Kommunikation gefördert werden.“
FOTOGRAFIE Mark Seelen Photography Mark Seelen Photography
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