Villa Pep in der Brianza
Bed & Breakfast Deluxe: umgebaute Barockvilla im Norden Mailands.

Wie ein barockes Landhaus aus seinem Dornröschenschlaf geweckt wird, zeigt die Villa San Valerio in Albiate nördlich von Mailand. Bereits in den fünfziger Jahren ist das Gebäude vom Architekten Luigi Caccia Dominioni restauriert worden und öffnet sich heute als charmantes Hotel – wo Moderne und historische Pracht zusammenfinden.
Hotelkategorien sind eine unberechenbare Angelegenheit. Wie viele Sterne einer Herberge verliehen werden, entscheidet eine lange Tabelle von Ausstattungspunkten. Von Atmosphäre und räumlichen Qualitäten ist dabei keine Rede. Umso überraschender sind daher Außenseiter, die sich um eine Zertifizierung erst gar nicht erst bemühen. Ein treffendes Beispiel ist die Villa San Valerio in Albiate, einer Kleinstadt in der Brianza nördlich von Mailand. Dass sich das Haus als simples Bed & Breakfast tituliert, ist natürlich maßlos untertrieben.
Bewohntes Zeitreisen
Schon die Vorfahrt auf das weitläufige Grundstück mit seinen perfekt gestutzten Hecken und gepflegtem Rasen gibt einen Vorgeschmack auf das, was die Besucher im Inneren erwartet. Noch immer wird der Barockbau von der Capotti-Familie bewohnt, die ihn 1893 von seinen Erbauern, der Airoldi-Familie, übernahm. Können die repräsentativen Säle im Erdgeschoss für Veranstaltungen gemietet werden, ist ein Seitenflügel des Obergeschosses in ein Hotel mit vier Zimmern umgewandelt worden.
Auf Fernseher, Fitnessstudio und Hotelbar müssen die Gäste zwar verzichten. Doch dafür logieren sie unter fünf Meter hohen Decken, umgeben von riesigen Wandteppichen, Lüstern und kunstvoll gearbeiteten Marmorböden. Trotz des Schwelgens in historischer Pracht: Das Zuhause auf Zeit wirkt alles andere als überfrachtet oder gar verstaubt. Es lädt dazu ein, die verschiedenen Epochen, Stile, Farben und Details zu erkunden, die sich hier zu einem harmonischen Ganzen verbinden.
Der Grund dafür liegt in einem Umbau des Mailänder Architekten Luigi Caccia Dominioni aus den fünfziger Jahren, als die 1640 errichtete Residenz an den Komfort des 20. Jahrhunderts angepasst wurde. Blieben die repräsentativen Säle im Erdgeschoss von Veränderungen weitgehend ausgenommen, sind in den Wohnräumen im Obergeschoss deutliche Spuren zu erkennen. Den offensichtlichsten Wandel bewirken die neu hinzugefügten Badezimmer, die mit „Nasszellen“ allerdings nur schwerlich zu beschreiben sind.
Luigi Caccia Dominioni griff tief in den Farbeimer und verlieh den hohen, aufragenden Räumen mit kräftigen Pink-, Gelb- und Graublau-Tönen Sinnlichkeit und Atmosphäre. Ein markantes Detail bilden riesige, ovale Spiegel. Deren Form wird von ovalen, jedoch weitaus kleineren Fenstern oberhalb der Türen aufgegriffen. Die Farbigkeit der Bäder dringt damit bis auf die Flure hinaus, die einst nur dem Dienstpersonal vorbehalten waren – und heute der Erschließung der Unterkünfte dienen.
Die vier Zimmer verdanken ihre Namen den Berggipfeln, die vom Grundstück aus zu sehen sind: Monte Rosa, Grigna, Grinetta und Resegone. Sind die Zimmer in den beiden Ecken des Gebäudeflügels mit 46 und 34 Quadratmetern großzügig gehalten, fallen die beiden mittleren Zimmer mit je 19 Quadratmetern deutlich kompakter aus. Für mehr Platz sorgt jeweils ein Zwischengeschoss, das sich in den Hohlraum zwischen dem niedrigen Korridor und der fünf Meter hohen Decke des Piano Nobile hinausschiebt. Luigi Caccia Dominioni ließ sich bei den Grundrissen der Zimmer von Kristallstrukturen leiten und konnte mit Dreieck, Viereck, Sechseck und Achteck die vorhandene Fläche optimal ausnutzen.
Den Hotelgästen steht im Untergeschoss noch eine Küche zur Verfügung, wo in den Morgenstunden das Frühstück serviert wird und Getränke und Speisen im Kühlschrank verstaut werden können. Dass in den Zimmern selbst keine Minibar vorhanden ist, muss nicht unbedingt ein Nachteil sein. Schließlich sind die Gäste umso mehr dazu gehalten, durch das barocke Gemäuer zu wandeln, dem Luigi Caccia Dominioni einst zu fein dosierter Modernität verholfen hat. Wer an diesem Ort nach Hotel-Sternen fragt, ist selber schuld.
FOTOGRAFIE CN10 Gianluca Gelmini Architetto
CN10 Gianluca Gelmini Architetto
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