Wohnliche Scheune
Umgebautes Heulager von Stephanie Thatenhorst

Wie Innenarchitekt*innen selbst wohnen, ist immer spannend zu sehen. Als Stephanie Thatenhorst ihre Scheune zum Wochenenddomizil umbaute, wollte sie zugleich die Historie bewahren und den Zeitgeist einziehen lassen. Nun wohnt sie unter sehr hohen Decken, mit grauen Lehmputzwänden, viel Holz und mutigen Farben.
In der Nähe von München suchte die Innenarchitektin Stephanie Thatenhorst mit ihrem Mann ein Wochenenddomizil, das ihre ländliche, ruhige Seite mit ihrem urbanen, kreativen Ich vereinen sollte. Fündig wurde das Paar im familiären Umfeld und am Chiemsee. Auf dem Hof ihrer Eltern bekam Stephanie Thatenhorst die Möglichkeit, das Heulager nach ihren eigenen Vorstellungen neu zu gestalten. „Mich interessierten keine historischen Bauernhäuser, nach denen immer alle suchen. Denn das bedeutet automatisch: kleine Fenster und niedrige Decken“, sagt sie. Das Heulager ließ sich jedoch wunschgemäß verwandeln: Thatenhorst erhielt die hölzerne Fassade der Scheune, vergrößerte die Fenster an der Westseite und ließ eine große Treppe zur oberen Etage aus Altholz fertigen, das vor Ort gefunden wurde. Neue Balken aus heimischer Fichte stützen das Dach und wurden mit Essigbeize stilvoll gealtert, um eine authentische Patina zu erzielen.
Ursprünglich und gesund
Imposant ist der elf mal elf Meter große Wohnraum mit Küche und Essbereich und einer Giebelhöhe von sieben Metern. Diesem Setting Gemütlichkeit zu verleihen, war eine Herausforderung beim Umbau. Gelungen ist es durch die Verwendung von natürlichen Materialien wie dem grau pigmentierten Lehmputz an den Wänden. „Es ist ein sehr ökologisches Material. Mir war es bei der Gestaltung der Scheune wichtig, mit gesunden Materialien zu arbeiten, die ein angenehmes Raumklima schaffen. Dafür war Lehmputz die perfekte Wahl“, sagt Stephanie Thatenhorst. „Er hat darüber hinaus die super Eigenschaft, Schadstoffe sowie Feuchtigkeit aufzunehmen.“ Inspirieren ließ sich Stephanie Thatenhorst bei ihrer Recherche zum nachhaltigen Bauen mit Lehm vom Architekten und Autoren Martin Rauch. „Er hat das Material neu interpretiert und in zeitgemäßer Architektur ganz unkonventionell und neu zum Einsatz gebracht“, so Thatenhorst.
Klarheit und Ruhe
Im offenen Wohn- und Kochbereich wurde zudem viel Holz verarbeitet: Küche, Möbel, eine große Schiebetür und die kunstvolle Dachbalkenkonstruktion schaffen zusammen mit den Lehmputzwänden eine natürliche, harmonische Atmosphäre. Zugleich klar und lebendig wirkt das ländliche Zuhause. Dazu tragen auch sanfte Nuancen in Rosa oder Türkis und sattes Grün und Rot bei – Farben, die das reduzierte Ambiente der Räume aufbrechen. Ihren eklektischen Stil bringt Stephanie Thatenhorst bei der Auswahl ihrer Leuchten, Schränke, Sitzmöbel und Tischchen zum Ausdruck.
Leidenschaft für Lehm
In ihren eigenen vier Wänden trägt der Lehm zum Wohlbefinden bei. Zukünftig möchte Stephanie Thatenhorst bei einem ähnlichen Projekt sogar gern noch konsequenter vorgehen und auch den Boden aus Lehm gestalten. Schwierigkeiten mit ihren Wänden hat sie nur selten – beim Anbringen von Regalen und Bildern, da das Material nicht ganz so fest wird wie klassischer Putz. Mittlerweile hat die Innenarchitektin fast schon eine Leidenschaft für Lehm entwickelt. Sie sagt: „Allgemein ist das Thema Lehm aus Gründen der Nachhaltigkeit sehr präsent und wird von vielen Kund*innen angefragt. Wir gestalten gerade sämtliche Räume – von Bürobauten bis hin zu Hotelzimmern – mit Lehmputz und bekommen immer wieder das Feedback, dass die Räume so eine einmalige Natürlichkeit und Wärme erhalten. Wir freuen uns, das Material weiter kennenzulernen und in unseren Projekten einzusetzen.“
FOTOGRAFIE Kerstin Weidemeyer
Kerstin Weidemeyer
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