Zirkuläre Mission
Community-Space POHA House in Aachen von Urselmann Interior

Mitten im Aachener Wald steht ein ehemaliges Hallenbad mit grünem Herzen und maritimen Referenzen. Gestaltet wurde der Community-Space vom Düsseldorfer Büro Urselmann Interior, das mit Re-Use und Cradle-to-Cradle-Prinzipien kreislauffähige Inneneinrichtungen realisiert.
Um das Viertel Preuswald zu erreichen, geht es aus der Aachener Innenstadt über die Landstraße durch dichten Forst. Und um von dort zum POHA House zu gelangen, fährt man weiter bis an die belgische Grenze. In einem 14-stöckigen Hochhaus aus den Siebzigerjahren, das sich über die Baumwipfel schiebt, haben die Landmarken AG und die Stadtmarken GmbH ein Ensemble realisiert, das sich aus 84 Wohnungen, Gemeinschaftsräumen und Co-Working-Spaces zusammensetzt.
Der langjährige Eigentümer hatte den Abriss des Wohnturms und des angebundenen Schwimmbads schon beschlossen. Doch als die Gebäude verkauft wurden, entschied sich der Neubesitzer für eine nachhaltige Sanierung. Eine Entscheidung, die sich auch im finalen Interieur widerspiegelt. Mit dem Umbau des Schwimmbads beauftragt wurde Urselmann Interior, ein Planungsstudio aus Düsseldorf, das sich auf kreislauffähige Einrichtungskonzepte spezialisiert hat. Renoviert wurde also mit dem Ziel, regenerativ zu wirtschaften, wenig Ressourcen zu verbrauchen und kaum Emissionen zu verursachen.
Ressourcen mit Geschichte(n)
Baustoffe zu retten, gehört zur Firmen-DNA von Urselmann Interior. Seit 2020 planen die Architekt*innen, Designer*innen und Handwerker*innen nach dem Cradle-to-Cradle-Prinzip. Das bedeutet: Es wird verbaut, was gerade an recycelten Baustoffen oder wiedergewonnenen Materialien verfügbar ist. Die Gestalter*innen starten ihre Projekte mit klaren Parametern, gehen aber flexibel und dynamisch an den Entwurfsprozess heran.
Bei dem 500 Quadratmeter großen Schwimmbad, das zu einem Gemeinschaftsraum für Mieter*innen und externe Nutzer*innen umgestaltet werden sollte, waren Ort, Funktion und Thema klar definiert. Mit welchen Ressourcen und baulichen Elementen diese jedoch ausformuliert werden konnten, ergab sich aus dem Prozess und der Recherche. Bei kleinen Objekten, Einrichtungsgegenständen und Bauelementen ist dieser Prozess relativ unmittelbar. Leuchten, Stauraummöbel oder Stühle wurden gebraucht erworben, nicht verklebte Teppichfliesen zogen um und Glastüren sowie -paneele, die anderweitig ausgebaut wurden, trennen jetzt die Räume in Preuswald.
Aus der Bank an den Tresen
Andere Funde hatten ein eindeutiges Potenzial, aber eine weniger klare Bestimmung. So zum Beispiel ein Konvolut dunkelgrüner Marmorplatten, die in ihrem früheren Leben in einer Frankfurter Bank verwendet wurden. Im Community-Space des POHA House finden sich diese Platten jetzt mitten in der Küche wieder. In Zusammenarbeit mit Studierenden der Akademie für Gestaltung Münster wurde ein Bartresen als Insel entwickelt und bis ins Detail zukunftsorientiert gestaltet. Statt den Stein zu verkleben, verbinden schlanke Profile aus Metall die Platten und ermöglichen einen bruchfreien Rückbau.
Eine zweite Lösung entwickelten die Studierenden für den Außenbereich. Basis hierfür waren alte Heizungsverkleidungen aus Hohlprofilen, die zerlegt als Sitzmöbel- und Tischplatten-Lattung dienen. Die jungen Designer*innen entwarfen Wangen mit formschlüssigen Öffnungen, in die die Stangen einfach eingeschoben werden können. Ebenso leicht lassen sie sich später wieder demontieren.
Beachtliche CO2-Einsparung
Wenn die Gestalter*innen von Urselmann Interior planen, denken sie das Lebensende ihres Entwurfs und den Übergang der Ressourcen in ein neues Interieur bereits mit. Alle eingesetzten Materialien sind möglichst sortenrein, demontierbar und umweltfreundlich. So werden Monomaterialien bevorzugt und Leitungen über Putz verlegt. Während das langfristige Ziel des Planungsbüros ist, keine neuen Ressourcen zu verbrauchen und keine Emissionen zu verursachen, sind bei POHA immerhin beeindruckende 95,2 Prozent der knapp 14 Tonnen Material wiederverwendet und recycelbar. 15,5 Tonnen CO2 konnten so eingespart werden.
Die besondere gestalterische Leistung besteht darin, dass der grüne Kern und die Vorgeschichte der Baustoffe im Design nicht direkt ablesbar sind. Dafür ist der thematische Bezug zum Ort umso deutlicher. So finden sich Referenzen an die Vergangenheit des Gebäudes als Schwimmhalle bei den wellenförmigen Akustiksegeln aus Filz, den Rettungsringleuchten, Beckenleitern oder Aufbewahrungsspinden.
FOTOGRAFIE Magdalena Gruber Magdalena Gruber
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