Projekte

Zwischen Himmel und Erde

Drei naturnahe Stelzenhäuser von Delordinaire in Kanada

Die drei naturnahen Häuschen von „The Cache“ in den Laurentinischen Bergen stehen für eine Architektur der Achtsamkeit. Das Büro Delordinaire aus Quebec bringt sie auf Stelzen in die Schwebe und hinterlässt mit seinem modularen Konzept kaum Spuren in der Landschaft.

von Tanja Pabelick, 06.02.2025

Stelzenhäuser sind ein universeller Archetyp unter den traditionellen Bauweisen und werden seit Jahrtausenden errichtet – etwa um Tieren den Einzug zu erschweren, trockenen Bodens über Fluten und Gezeiten zu schweben oder sich unebenem Gelände anzupassen. Auch in Kanada ist das Stelzenhaus ein Klassiker, für dessen Konstruktion sich seit ein paar Jahren das in Montreal und Paris ansässige Architekturstudio Delordinaire interessiert. 2020 bauten die Gestalter*innen mit dem High House ein Stelzenhaus in der Skiregion Mont Saint Anne, das seine Bewohner*innen im Winter über den Schnee hebt, im Sommer einen geschützten Schattenplatz unter der Architektur bietet und ganzjährig ein weites, ungestörtes Panorama ermöglicht. Ebenfalls in den Laurentinischen Bergen und damit gerade einmal vierzig Kilometer südöstlich von Quebec hat das Delordinaire-Team zuletzt mit The Cache eine Fortsetzung entworfen und realisiert. Dort erheben sich die Bauten allerdings nicht nur über Schnee und Landschaft, sondern vor allem über den Spiegel des Lac Saint-Jean.


Wochenendhaus, Chalet und Hochsitz
Gemeinsam mit Annie Sylvain Architects hat Delordinaire diesmal nicht nur ein einzelnes Haus entworfen, sondern ein modulares System, mit dessen Elementen sich verschiedene Typologien realisieren lassen. Die minimalen und schlanken Fundamentskelette aus schwarzem Stahl lassen die Häuser schweben, die Verkleidungspaneele sind aus Lärchenholz gefertigt und die Dächer aus Blech. Vor Ort werden alle Bauteile nur noch zusammengesetzt, denn sie wurden größtenteils nördlich von Montreal hergestellt und dann zur Baustelle transportiert. Die schnelle Montage ist ebenso vorteilhaft wie die Alternative zum herkömmlichen Fundamentbau. Statt eine massive Bodenplatte aus Beton zu gießen und damit den Boden zu versiegeln, ruht The Cache nur punktuell auf seinem Traggerüst. Topographie und Natur müssen nicht angepasst werden und die Stelzenhäuser ziehen ohne starke Eingriffe an ihren Standort. Im Winter hat die erhöhte Position einen praktischen Nutzen, wenn Fenster und Türen nicht eingeschneit werden, und ökologische Vorteile, weil die Luft unter dem Gebäude zirkulieren kann und weniger Wärme verloren geht. Im Sommer wird der Außenraum unter dem Haus zu einer überdachten Terrasse.

Fenster zum See
Die reduzierte Bauweise führt zu klaren Silhouetten und markanten Geometrien. Sie fügt sich mit bescheidenen Materialien und dezenter Ästhetik in die Landschaft ein. Jedes der drei Stelzenhäuser von The Cache reagiert individuell auf seinen Standort. Höhe, Ausrichtung und Fenster berücksichtigen Faktoren wie Tageslichtverlauf und Panorama. „Mit unseren Kreationen wollen wir mehr als nur ein funktionales Zuhause bieten. Es geht um eine Lebensweise, um kontemplative Momente, die in der Zeit schweben“, beschreiben die Architekt*innen ihr Konzept. Dabei werden die Innenräume zu Mitspielern der sie umgebenden Natur. Der Wohnbereich der jeweils rund 50 Quadratmeter großen Häuser im eingeschossigen Bungalowstil ist das Herzstück und öffnet sich über ein bodentiefes Fenster zur Natur. Das Seepanorama wird Teil des Interieurs. Die Bewohner*innen haben einen permanenten Bezug zu den Veränderungen im Tages- und Jahresverlauf sowie einen faszinierenden Beobachtungsposten, von dem aus sie Wetterphänomene oder vorbeiziehende Wildtiere beobachten können. Damit sehen die Planenden ihre architektonische Mission als erfüllt: „Im Kern unseres Ansatzes steht die Schaffung von Räumen, die ‚resonieren‘: Sie sollen Achtsamkeit, Verbundenheit und Sensibilität fördern.“

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