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Zwischen Luv und Lee

Wohnhaus an der britischen Atlantikküste von Of Architecture

An der wilden Atlantikküste Großbritanniens hat Of Architecture ein Wohnhaus gebaut, das sich auf die nüchterne britische Baukultur bezieht und gleichzeitig die grandiose Natur Cornwalls zum Teil des Interieurs macht. Mit einer dezenten Farbpalette, industriellen Details, raumhohen Fenstern und ausgesuchtem Mobiliar entstehen Inseln der Gemütlichkeit in einem luftigen Universum.

von Tanja Pabelick, 22.08.2024

Newquay liegt tief im Südwesten der britischen Insel in Cornwall und ist berühmt für den Fistral Beach, eine wie ein natürliches Amphitheater geformte Meeresbucht, die sich aufgrund der starken und regelmäßigen Atlantikwellen zum Surferparadies entwickelt hat. Wer dort lebt, der wohnt an einem Ort, an dem andere Urlaub machen. Ein spektakuläres Panorama, breite Sandstrände und wilde Natur warten gleich hinter der Türschwelle. Direkt auf den niedrigen Klippen oberhalb des Strands hat Of Architecture ein dreistöckiges Gebäude geplant, das dem Auftraggeber als Wohnort und Arbeitsstätte dient. Dank seiner minimalen Farbpalette, den natürlichen Nuancen und matt strukturierten Oberflächen harmoniert das Haus mit der subtropischen Natur und dem Wetter, das typisch britisch ständig zwischen sonniger Heiterkeit und nebligem Nieselregen wechselt.

Britische Sachlichkeit
Besonders an dem Wohnhaus ist sein Baustil, der sich auf zeitgenössische Architektur an der britischen Küste bezieht – und die ist eher auf der pragmatischen Seite. Rauputz trifft auf einfache Volumen und wenige schmückende Elemente, während großzügige Fensterfronten viel Licht in die Räume fallen lassen und das Panorama zu einem Protagonisten des Interieurs machen. Die Architekt*innen zitieren mit ihrem Entwurf die lokale Baukultur, verfeinern sie aber. Oberhalb eines stufenförmig terrassierten Gartens erhebt sich das Haus als einfaches Volumen mit einer schrägen Dachfläche, kalkverputzten Fassaden und raumhohen Fensterfronten. Die Interpretation von Of Architecture wirkt wie eine Essenz. Rolltore, Balkonabschlüsse und Fensterrahmen bestehen aus Zink und definieren mit klarer Linie die Konturen des Hauses. Die Brüstungen des umlaufenden Balkons sind rahmenlos aus Glas gefertigt und der strukturierte Putz im Erdgeschoss setzt sich dezent vom glatten Fassadenfinish der oberen Etagen ab.

Pubzitate in der Wohnnische
Auch im Inneren wirkt der Standort auf das Layout. Durch den abfallenden Baugrund wurde das Haus auf ein abgestuftes Fundament gestellt. Der zur Küstenseite liegende Eingang funktioniert wie ein Foyer mit Kelleranschluss. Während Flur und Treppenaufgang sowie zwei Gästezimmer durch die frontalen Fenster mit Tageslicht geflutet werden, mündet der hintere Bereich im Erdreich des Gartens und beherbergt Badezimmer, Garderobe, Waschküche und Technikraum. Über eine Sperrholztreppe geht es in den eigentlichen Wohnbereich. Zur linken Seite liegen mit dem Master Bedroom und einem kleinen Homeoffice sowie zwei Bädern die abgeschlossenen und privaten Räume, die übrige Fläche wurde offen gestaltet. Zentral steht die Kücheninsel, an die sich der Essbereich und das Wohnzimmer anschließen. Rund um den Kamin in der rechten Raumhälfte findet sich mit dem „Snug“ eine typisch britische Erfindung. Der „Snug“ ist ein kleiner Raum im Pub, der neben dem Hauptbereich privaten Rückzug bietet und als gemütliche Nische für ruhige Gespräche gedacht ist.

Wohnen zwischen Wiese und Meer
Der Gemeinschaftsraum, der zur Straße hin Anschluss an den Balkon hat und rückwärtig ebenerdig in den Garten übergeht, ist das Herzstück des Gebäudes. Lichtdurchflutet, mit vier Metern Raumhöhe und großen Fenstern ausgestattet, werden die Highlights der örtlichen Natur spektakulär präsentiert. Zur einen Seite schweift der Blick über die grüne Wiese, über üppige Büsche und Palmengewächse. Zur anderen Seite fällt die Landschaft zum Meer hin ab, sodass die Aussicht mit dem Wasser beginnt und im Horizont mündet. Über den Privaträumen geht es auf eine Galerie, die sich auch als Hobbyraum bezeichnen ließe. Unter den niedrig hängenden Dachbalken sind sowohl die Bibliothek des Hausbesitzers als auch ein kleines Kino untergebracht. Gerade in den Abendstunden, wenn durch das Dachfenster nur das Licht von Mond und Sternen fällt, wird die Empore zum kuscheligen Rückzugsort.

Askese mit Sofainseln
Bei der Möblierung des Interieurs ist es dem Team von Of Architecture und dem Auftraggeber gelungen, mit industrieller Ästhetik, funktionalen Einrichtungsgegenständen und einer asketischen Ausstattung eine einladende Atmosphäre zu schaffen. Die Infrastruktur wurde größtenteils nackt belassen. Das Mauerwerk liegt partiell frei, Rohre und Leitungen werden schwebend unter der Deckenstruktur oder zwischen den Balken geführt. Werkstattleuchten und Gitterelemente treffen auf den Eames Lounge Chair, Webteppiche und ausladende Sofainseln. So entsteht innerhalb der einzelnen Funktionsbereiche Gemütlichkeit, dazwischen bleibt jedoch auch Luft und Licht. Die Natur wirkt in die Räume hinein, das Gestaltungskonzept zelebriert die Qualität des Ortes und bringt Architektur und Landschaft in Einklang.

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Links

Entwurf

Of Architecture

www.studio-of.co.uk

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