Marmor, Stein und Eisen
Naturstein in der Küche
Naturstein ist ein faszinierendes Material – ein Statussymbol, gepaart mit einem Schuss Unberechenbarkeit. Neben ästhetischen Vorzügen sind es seine funktionalen Eigenschaften, die Naturstein so beliebt im gehobenen Innenausbau machen – vor allem im Bad und in der Küche.
Wenn Naturstein etwas kann, was jenseits positiver Materialeigenschaften liegt, dann ist es, Emotionen zu erzeugen. Wer erinnert sich nicht an eine Erkundungstour im Steinbruch, den Besuch der Marmorkirche in Kopenhagen oder das Laufen mit nackten Füßen auf einem Travertinboden? Auffällige Maserungen, aufregende Einschlüsse, haptische Oberflächen, unzählige Farbnuancen, Handwerkskunst, das Einzigartige – all dies macht die Aura von Naturstein aus. Das bestätigt auch Steffen Würstl, der als Gründer und Inhaber der Thüringer Natursteinmanufaktur MCR seit 25 Jahren mit Naturstein arbeitet: „Naturstein ist immer anders. Er fasziniert uns seit Jahrhunderten, ist ein nachhaltiger Rohstoff und jedes Stück ist ein Unikat.“
Durch dick und dünn
Seit einigen Jahren schon sieht man auf Küchenmessen wie Eurocucina und LivingKitchen, dass Naturstein in der Küche sehr beliebt ist, vor allem in Kombination mit Fronten aus Holz – egal ob die Steinoberfläche poliert, satiniert, geledert oder antikisiert ist. Das Miteinander von warm und kühl fasziniert, ebenso wie die Unwägbarkeiten eines Naturmaterials. In der Küche sind es vor allem Arbeitsflächen und Rückwände, die aus Naturstein gefertigt werden, manchmal aber auch Schrankfronten und ganze Küchenblöcke, wobei der Stein dann auf ein Trägermaterial aufgebracht wird. Besonders einheitlich wirkt der Naturstein-Look, wenn auch das Waschbecken und der Abtropfbereich aus demselben Material gefertigt sind. Bei den Arbeitsplatten gibt es zwei Trends: Einerseits sind dicke Stärken gefragt, die richtig was hermachen in der repräsentativen Wohnküche, andererseits feine Stärken, die minimalistisch und trotz der Schwere des Steins luftig wirken.
Qual der Wahl
Um stabil zu sein, sollte eine Arbeitsplatte aus Naturstein mindestens zwei Zentimeter stark sein, sagt Felix Lühring, Studiomanager von Der Raum in Berlin. Im Showroom in Prenzlauer Berg steht ein aktueller Entwurf der Manufaktur mit eigener Tischlerei, die Konvent Kitchen. In der Form schlicht gehalten, fällt sie vor allem durch die verwendeten Materialien auf, die handwerkliches Know-how und Luxus ausstrahlen: geöltes, weiß pigmentiertes Eichenholz für die Fronten und ein brasilianischer, stark geäderter Quarzit Taj Mahal, der von der Natursteinmanufaktur MCR als Arbeitsplatte und Becken verarbeitet wurde. Im hochwertigen Küchenbau sei Naturstein schon immer ein wichtiges Thema gewesen, sagt Lühring. Bei Der Raum führt die Liste der Natursteine Granit unangefochten an, gefolgt von Quarzit und Marmor. Schwarzer Granit sei besonders beliebt, denn er zeichne sich durch eine schöne Farbtiefe sowie eine hohe Dichte aus und sei deshalb unempfindlich, erklärt Lühring. Ihn faszinieren vor allem die unterschiedlichen Farbnuancen und Strukturen von Natursteinen, wobei es sogar welche mit Einschlüssen aus Halbedelsteinen gibt. Deshalb passt Naturstein auch gut zu anderen hochwertigen, natürlichen Materialien, die im Küchenbau gern verwendet werden: Holz, Linoleum, Kupfer und Messing.
Nicht einfach nur schön
Neben den ästhetischen Vorzügen sind es vor allem funktionale Eigenschaften wie Nachhaltigkeit und Langlebigkeit, die Naturstein so geeignet machen im Küchenalltagsleben. Er ist – wenn man von der Mimose Marmor einmal absieht – meist kratz- und schnittfest, sodass man Brot oder Tomaten direkt auf der Arbeitsplatte schneiden kann. Ebenso wie es dem Naturstein nichts ausmacht, wenn man den heißen Kochtopf direkt auf ihm platziert. Obwohl Marmor empfindlich und als kalkbasiertes Gestein sehr säureempfindlich ist, wird er gern in der Küche eingesetzt. Den Kunden sei bewusst, dass Marmor schnell eine natürliche Patina ansetze, auch in Form von Rotweinringen und Fettflecken, sagt Lühring.
Original und Zitat
Dass kein anderes Material Naturstein zumindest ästhetisch den Rang ablaufen kann, zeigt sich auch an der Vielzahl von Materialien, die versuchen, ihn nachzuahmen. Hersteller wie Cosentino, Ariostea und Lithos stellen Oberflächen aus Verbundwerkstoffen oder Keramik her, die Natursteinen verblüffend ähnlich sehen und oft nur von Kennern unterschieden werden können. Sie sind nicht unbedingt preiswerter als das Original, haben demgegenüber aber einige Vorteile: Sie haben ein deutlich geringeres Gewicht, was sie unabhängiger von statischen Gegebenheiten macht, und können feiner und großflächiger eingesetzt werden – auch für andere Interior-Elemente wie Wände, Böden und maßgefertigte Einbauten. Beiden Materialien gemein ist die große Vielfalt an Farben, Mustern und Strukturen.