Der Mensch als Architektur
Jean Vervilles Screenplay in Montreal
Der englische Begriff „Gamification“ bezeichnet eine spielerische Heran- oder Vorgehensweise in einem Bereich, der in der Regel von klaren Strukturen und Abläufen geprägt ist. Der kanadische Architekt Jean Verville hat dieses Prinzip in seinem Workshop Screenplay mit Studierenden der UQÀM School of Design in Montreal auf die Architektur angewandt. Im Mittelpunkt standen eine Rückeroberung sowie ein neuer Zugang zu teils verlassenen, urbanen Orten.
Im ersten Schritt schufen die Nachwuchsgestalter*innen und der renommierte Architekt „heuristische Werkzeuge“. Die Heuristik basiert auf dem Umgang mit mangelndem Wissen und wenig Zeit, der dennoch zu einem praktikablen und sinnvollen Ergebnis führen soll. Die Gruppe erarbeitete gemeinsam Modelle, Collagen, Formen und Materialien, die keiner Erklärung bedurften und offen für Interpretationen bleiben sollten. Diese Werkzeuge nutzten sie als Instrumente in Performances an unterschiedlichen Orten der Stadt.
Mit recht- oder dreieckigen Formen wurden beispielsweise bauliche Strukturen ergänzt. Spiegelnde Elemente wurden zu Reflexionen der umliegenden Architektur und verliehen kargen, leerstehenden Flächen eine neue Bedeutung. Oder sie ließen die Studierenden zumindest für den Moment mit der Umgebung verschmelzen. Als Fotografien können die Ideen und Gedankenansätze weiterhin bestehen. Die agierenden Personen waren wie bei einer Performance stets an dem Prozess beteiligt. Mit ihren Körpern erschuf die Gruppe definierende Schatten und Strukturen auf Flächen und Gebäuden oder sie wurde selbst – ganz in Schwarz gekleidet – zu einem neuen, ergänzenden oder dekorativen Element eines Bauwerks.
Ziel war es, Denkanstöße zu schaffen und Experimente zu wagen – eine Praktik, die Jean Verville in seiner eigenen Arbeit als Architekt verfolgt und den Studierenden im Rahmen des Workshops vermitteln wollte. Außerdem wurde der Fokus auf Individuen gelenkt, die ihre eigene Gedankenwelt in dieses Projekt einbringen konnten, um vielseitige Wahrnehmungen im Kontext der städtischen Architektur zu erzeugen. Die jungen Leute verschmolzen bei diesem Workshop zu einem performativen Kunstobjekt, das Plätze und Bereiche neu definierte – und Fantasien provozieren sollte. as
www.jeanverville.com
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