Projekte

Beiruts schwarze Krone

Der Architekt Bernard Khoury hat in seinem Penthouse die Spannung der Stadt eingefangen.

von Tim Berge, 30.09.2014

Ein kriegsgebeuteltes Land, eine rasant wachsende Großstadt und eine Grüne Grenze, die früher Moslems von Christen trennte: Es gibt nicht viele Orte auf dieser Welt, die es an Spannung mit dem neuen Penthouse-Apartment des libanesischen Architekten Bernard Khoury im Herzen Beiruts aufnehmen können. Er scheint sich dieser Tatsache bewusst gewesen zu sein und setzte der „Hölle” Beiruts eine schwarze Krone auf.  

Die Spuren der vergangenen Konflikte sind Libanon und seiner Hauptstadt nach wie vor anzusehen – trotzdem, oder vielleicht gerade deswegen, hat sich in den vergangenen Jahren eine lebendige Kulturszene entwickelt, die sich ihrer Wurzeln bewusst ist. Ein gutes Beispiel für die gelungene Fusion von innovativem Design und lokaler Handwerkskunst ist die N.B.K. Residence (2), die nach seinem Bewohner, der gleichzeitig auch der Architekt des Dachaufsatzes ist, benannt ist. 

Zwölf mal sechs Meter
Die berühmt-berüchtigte Green Line war eine Grenzlinie, die während des libanesischen Bürgerkrieges den muslimischen Teil Beiruts vom christlichen trennte. Die unbewohnten, teilweise zerstörten Straßenzüge wuchsen während des 15 Jahre andauernden Konflikts mit wilden Pflanzen zu, was dem Ort seinen Namen gab. Die N.B.K. Residence (2) nimmt diesen geschichtlichen Bezug auf und platziert sich als Bindeglied zwischen den ehemaligen Fronten. „Das Apartment öffnet sich ‚der Hölle’ Beiruts und wendet sich dem Stadtgefüge und nicht dem Ausblick auf das Mittelmeer zu“, erklärt Bernard Khoury. Und die Idee geht auf: Bereits vom Wohnungseingang aus fällt die Sicht auf ein durch die Architektur gerahmtes Panorama der Metropole und das im Hintergrund liegende Chouf-Gebirge. Sechs Meter hoch und zwölf Meter breit ist die Öffnung, die das Doppelgeschoss mit dem Außenraum verbindet und seinem Bewohner eine wohl einmalige Sicht auf Beirut ermöglicht. 

Fenster zur Stadt
Drei Stockwerke setzte Bernard Khoury mit seinem Architekturbüro DW5 auf das neungeschossige Gebäude, doch außer dem Erschließungskern gibt es kaum Gemeinsamkeiten: Wie ein Parasit hockt die martialisch wirkende N.B.K Residence (2) auf seinem Wirt. Das Zentrum bildet die sechs Meter hohe Lobby, die neben einer raumhohen Bibliothek den Wohn- und Essbereich beherbergt. Das Zimmer kann vollständig zur Terrasse hin geöffnet werden: ein gigantisches Fenster zur Stadt. Khoury verwendete im Inneren nur zwei sichtbare Materialien: Schwarz lackierten Stahl und Holzpaneele. Für die experimentelle Verarbeitung der Oberflächen waren lokale Kunsthandwerker zuständig, mit denen der Architekt auch schon bei anderen Projekten zusammengearbeitet hat.

Schwarz in schwarz
Die Schlafräume befinden sich allesamt im hinteren Bereich, die zweite Etage ist als niedrigeres Mezzaningeschoss ausgebildet, von dem aus auch der Zugang zum oberen Level der Bibliothek erfolgt. Khoury entwickelte für seine immense Büchersammlung, in Zusammenarbeit mit dem Beiruter Designstudio Acid, eine Metallkonstruktion, die wie ein umlaufender Balkon in das Wohnzimmer hineinragt. Zur Glasfassade hin wird das Gebilde aus schwarzen Gitterelementen zur schwebenden Brücke, die beide Seitenwände miteinander verbindet. Der Eindruck, dass man sich in einem umgenutzten Maschinenraum befindet, wird durch ein weiteres wundersames Deckenobjekt verstärkt, das über allem schwebt. Das eiförmige Objekt umfasst nicht nur die gesamte Belüftungs- und Heiztechnik, für den Architekten ist es gleichzeitig eine Referenz an ein klassisches Element der Architekturgeschichte: Rundgewölbte, freskierte Gebilde, die luxuriöse Hallen oder Lobbys schmücken. Als Verkleidung wurde das Material Putz gewählt, allerdings schwarz eingefärbt.

Leuchtende Antennen
Über allem thront die dritte Etage, die der extraterrestrischen Gestaltungsvision Khourys die Krone aufsetzt. Zwei, ebenfalls von Acid entwickelte und natürlich schwarze, Antennen überragen den offenen Bereich wie die Fühler eines überdimensionalen Insekts – oder die Kanonen von Panzern. An diesem Ort keine abwegige Assoziation. Erst wenn es dunkel wird, offenbaren sie ihre wahre Identität: In ihren Spitzen befinden sich Leuchten, die den Swimmingpool samt Terrasse in den Abendstunden ausleuchten. Gleichzeitig wirken sie bei Nacht wie Laternen, die das gesamte Viertel überragen und ihm Licht spenden: eine symbolträchtige Geste des Architekten für einen symbolträchtigen Ort.

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Links

Projektarchitekt

DW5 Bernard Khoury

www.bernardkhoury.com

Metallarbeiten

Acid

www.acidprojects.com

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