Beton im Fluss
Tanz mit den Elementen: Eine Villa in Indien inszeniert die Natur.

Ein Haus, durch das sich ein Bach schlängelt. Ein Haus, das sich über Ebenensprünge, Brücken und Öffnungen geschickt mit der Landschaft verwebt. 30 Kilometer südlich von Mumbai steht diese spektakuläre Ferienresidenz, die einen eigentümlichen Tanz mit der sie umgebenden Natur aufführt und den Bewohnern ein wahrhaft elementares Spektakel bietet.
Dieses Haus ist nicht zu fassen: Egal, von wo man sich dem Gebäude nähert, stets erscheint es in anderer Form und Kontur. Für das indisch-holländische Architektenduo Brio war die Aufgabe zuerst eine gewöhnliche. Doch bald wurden sie in den Bann des Grundstücks gezogen und schufen einen Organismus aus Beton, der sich mit der Landschaft verwebt.
Gespaltenes Haus
Um zu dem Haus zu gelangen, muss man einen schmalen Pfad entlang wandern, der parallel zu einem Bach verläuft und dem Besucher gleich zu Beginn ein Gefühl für die Landschaft gibt: Obstbäume und Heilpflanzen säumen den abfallenden Weg und sorgen für eine wild-romantische Stimmung und ein angenehmes Mikroklima. In einer S-Kurve des kleinen Flusses teilt sich der leicht angehobene Steig aus Beton und geht in das Haus über. In die eine Richtung geht es über eine schmale Brücke zu den Schlafräumen und Bädern, in die andere führt ein überdachter Steg zum Koch- und Wohnbereich sowie einer Veranda. Tag- und Nachtgliederung nennen die Architekten diese Aufsplittung des Gebäudes. Im Winkel der Weggabelung liegt der Pool, der in seiner Kubatur zwar zu der puristischen Betonarchitektur zu gehören scheint, durch seine dunkle, moosbelegten Fliesen aber ebenfalls als ein Teil der Natur und des nahen Gewässers erscheint. Während der kräftigen Monsun-Regen läuft er über und wird zum Teil des Flusses: Architektur als lebender Organismus.
Inszenierte Landschaft
Das Herzstück des Hauses bildet die Küche mit sich anschließendem Esszimmer: Es ist nicht nur der größte Bereich, auch die Decke ist hier am höchsten. Ein Zugeständnis an die Eigentümer, die leidenschaftlich gerne kochen. Von hier aus geht es zum Wohnraum, der sich als eigenständiger Arm in die Natur hinausstreckt und komplett nach außen öffnen lässt, und einem Gästezimmer, das sich ebenfalls in die Landschaft legt und unmittelbar über dem Bach endet. Die Aufspaltung des Grundrisses ist in vielerlei Hinsicht eine Reminiszenz an die komplexe Umgebung: Der Neubau passt sich ihr an, bewahrt ihre Substanz und inszeniert sie. Der Flussverlauf, die Bäume und das Gefälle des Grundstücks bestimmten die Raumgliederung und ihre Gestaltung.
Das Raumprogramm folgt ebenfalls den Gesetzen der Natur: Während die Südseite komplett geschlossen ist, öffnen sich Küche, Wohnbereich und Pool gen Norden, zusätzlich durch den Schatten der Bäume geschützt. Die Schlafzimmer sind nach Westen orientiert und bieten somit einen Panoramablick auf die untergehende Sonne. Große Fensteröffnungen lenken im gesamten Gebäude die Blicke immer wieder auf die gerahmte Natur. Während sich die pur belassenen Oberflächen des Hauses zurücknehmen, wirkt das hölzerne Mobiliar, das sich aus Antiquitäten und eigens für den Neubau entworfenen Objekten zusammensetzt, als Kontrast zur modernen Architektur. Die Bad- und WC-Räume öffnen sich entweder ganz oder zum Teil zum Himmel und bieten den Bewohnern eine Freiluftdusche der besonderen Art und zugleich einen der Höhepunkte dieses einzigartigen Neubaus inmitten der tropischen Landschaft.
FOTOGRAFIE Sebastian Zachariah
Sebastian Zachariah
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