Blitzeblank in Türkis
Schluss mit dunklen Betonschläuchen oder billigen Baracken: Eine Waschstraße als Erlebnisfaktor.

Nebensächlichkeiten können manchmal eine Freude sein: Statt das Auto in dunklen Betonschläuchen oder billigen Baracken waschen zu müssen, steht in Madrid eine weitaus raffiniertere Alternative zur Verfügung: Die spanische Architektin Lina Toro verwandelte eine unterirdische Waschstraße in einen 750 Quadratmeter großen Themenpark der guten Laune.
Die meisten Tankstellen und Waschstraßen sind ein Fall visueller Umweltverschmutzung. Schrille Primärfarben erinnern an Kinderhüpfburgen oder Fastfood-Restaurants – und hinterlassen schon nach wenigen Momenten einen brennenden Nachklang auf der Netzhaut. Doch warum muss das so sein? Geht das notwendige Übel nicht auch schöner? Eine Antwort darauf hat die spanische Architektin Lina Toro in Madrid gegeben, indem sie die Waschstraße Burbucar in der Calle de Costa Rica in eine sinnliche Erlebniszone verwandelte.
Schluss mit Grau
Verlief der Waschvorgang dort bislang hinter verschlossenen Wänden, setzt Lina Toro auf Transparenz. Rund 25 Minuten dauert die Passage eines Fahrzeugs durch die rund 70 Meter lange, unterirdische Straße. Die Autobesitzer können die einzelnen Phasen der Reinigung nun hinter schützenden Glasscheiben verfolgen. Dass der zwölf Meter breite Kellertunnel keine beklemmende Wirkung erzeugt, ist dem Einsatz von Farbe zu verdanken. Wände, Decke, Böden, technische Komponenten bis hin zu den Overalls der Angestellten: Sie sind allesamt in einem satten Türkis gehalten – als befände sich die gesamte Szenerie auf dem Beckengrund eines riesigen, trockengelegten Pools.
„Der monochrome Hintergrund hebt die Maschinerie hervor: Elemente, die normalerweise versteckt werden, offenbaren die Schönheit des Industriellen“, erklärt Lina Toro. Nur ein Monat stand der Architektin für den gesamten Umbau zur Verfügung – wohlgemerkt bei laufendem Betrieb. Oberste Priorität hatte dabei längst nicht nur die räumliche Erfahrung: Seit der Umgestaltung werden achtzig Prozent des Wassers recycelt. Auch dieser Prozess wird für die Kunden hinter Glaswänden sichtbar gemacht: als erfrischende Inszenierung des Alltäglichen, das mit dem Schmuddeligen gewöhnlicher Autopflege nichts mehr gemeinsam hat.
Sixties-Pop und Seifenblasen
Der Showeffekt von Burbucar beruht jedoch auf Freiwilligkeit. Für diejenigen Kunden, die den Reinigungsprozess zur Genüge betrachtet haben, steht ein kleiner Wartebereich mit hohen Bartischen und -hockern zur Verfügung. Daneben reiht sich eine kleine Lounge mit einem von der Decke herabhängenden Ball Chair vor Eero Aarnio an. Kinder können in einem aufgeblasenen Schwimmbecken toben – das passend zum Waschthema mit transparenten, an Seifenblasen erinnernde Kunststoffkugeln gefüllt ist. Mit Farnen und Kletterpflanzen bewachsene Töpfe, die sowohl auf dem Boden stehen als auch von der Decke herabbaumeln, fügen einen warmen, wohnlichen Charakter hinzu.
Eine wichtige Rolle bei der räumlichen Neuerfindung spielt die Beleuchtung. Über den Wartebereichen schweben ultraflache LED-Leuchtfelder, deren Konstruktion durch teils offene, abgehangene Decken sichtbar wird. In der Waschstraße selbst sorgen streng hintereinander gereihte Lichtleisten für eine Akzentuierung der Raumflucht. Die Botschaft des Ganzen: Selbst ein banaler Ort wie eine Waschtraße kann mit einem Griff in die architektonische Trickkiste aus seiner Gleichgültigkeit befreit werden.
FOTOGRAFIE Miguel de Guzman
Miguel de Guzman
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