Projekte

Astrohütten im Alentejo

Tiny Houses von Madeiguincho unter Korkeichen und Kosmos

Mitten in der Abgeschiedenheit des Alentejo warten die dunkelsten Nächte des europäischen Kontinents. Dort hat die portugiesische Holzwerkstatt Madeiguincho drei mobile Observatorien für Astrophile und Naturenthusiast*innen maßgeschreinert – konsequent aus heimischen Hölzern wie Kiefer und Korkeiche.

von Tanja Pabelick, 09.04.2025

Die Region Alentejo im Süden Portugals ist nicht nur einsam, sondern auch reich an Mythen, Kulturdenkmälern und Naturphänomenen. Die Landschaft ist geprägt von den knorrigen Korkeichen des Montado-Walds und den weiten, spiegelnden Wasserflächen vor dem Alqueva-Stausee. Die Menschen der Jungsteinzeit hinterließen weit über tausend Megalithen, steinerne und einsame Giganten wie Menhire und Dolmen sowie geheimnisvolle Steinkreise. Und weil die Nacht dort eine der dunkelsten Himmelszonen Europas bietet, kommen die Besucher*innen auch wegen der Sterne. Drei Unterkünfte, die sich gezielt an Astrotourist*innen richten, sind die Tiny Houses Terra. Sie sind so rustikal und anmutig wie die Natur, die sie umgibt. Die kleinen Häuser dienen zugleich als Schutzraum und Aussichtspunkt. Sie wurden aus lokalen Ressourcen und in traditioneller Bauweise gefertigt.

Zurück zum Handwerk
Entworfen und gebaut hat sie der Tischler und Architekt Gonçalo Marrote mit seiner Holzwerkstatt Madeiguincho. Marrote stammt aus Cascais, einer Surferstadt südlich von Lissabon, wo er in einer Handwerkerfamilie von Tischlern und Maurern aufwuchs. Nach seinem Architekturstudium und Aufenthalten in Indien, Nepal, New York und Australien kehrte er in seine Heimat zurück. Dort übernahm er den Familienbetrieb Madeiguincho. Unter seiner Leitung wandelte sich die Ausrichtung des Unternehmens von Möbeln zu einem Portfolio von kleinen Häusern. Dabei legt Marrote vor allem Wert auf eine klare Materialentscheidung: Er arbeitet ausschließlich mit Massivholz. Spanplatten, MDF oder OSB sind in seinem Lager nicht zu finden. „Alles beginnt mit Nachhaltigkeit und der Liebe zur Natur. An Holz fasziniert mich vor allem, dass es ein nachwachsender Rohstoff ist. Damit ist Holz allen anderen Materialien überlegen. Es hat die geringste Umweltbelastung.“

Architektur für den Standort
Die Terra-Häuser stehen auf dem Gelände einer nachhaltig und regenerativ arbeitenden Farm und wurden an drei unterschiedlichen Standorten abgestellt: mal mit Wasserblick, mal auf der Wiese, mal im Schatten eines Baums. Zum Entwurfsprozess gehörte auch die Analyse der optimalen Platzierung, denn die beeinflusste maßgeblich die Gestaltung der Architektur. „Wir untersuchten grundlegende räumliche Merkmale, ihre Volumen, das Zusammenspiel mit dem Licht und ihre tiefe Verbindung zur natürlichen Umgebung“, erläutert Marrote. Fenster, Luken und Terrassen orientieren sich am Panorama und am Tagesverlauf der Sonne. Zusätzlich erhielt jedes Tiny House eine vorgelagerte Außenterrasse und eine integrierte Dachterrasse, die nachts als geschützter Beobachtungsposten für Himmel und Sterne dient.

Die drei Tinyhäuser in der portugiesischen Landschaft


Drei mal dreizehn
Die Grundfläche der Häuser ist mit jeweils dreizehn Quadratmetern identisch, doch in Silhouette, Geometrie und Grundriss unterscheiden sie sich grundlegend. Statt horizontal sind Terra 1, Terra 2 und Terra 3 vertikal organisiert. Marotte nennt das „ein Konzept eines lebendigen Objekts“, bei dem der Raum auf verschiedenen Ebenen und mit immer neuen Perspektiven erlebt wird. Küche und Bad sind möglichst kompakt und die Schlafbereiche als niedrige Alkoven gestaltet, sodass der Wohnbereich zum Zentrum und Multifunktionsbereich des Tiny Houses wird. In Terra 1, einem asymmetrischen Quader an der Bucht, geht es um die Küche herum über Halbgeschosse und kurze Treppen vom Wohnbereich durch die Dachluke auf die Aussichtsplattform. Terra 2 steht unter einer Korkeiche, ist formal als Kubus mit schrägem Dacheinschnitt formuliert und bringt die Gäste mit der unter dem Dach liegenden Schlafkoje direkt in den Wipfel. Terra 3 steht in Wassernähe und ist konsequent für Sternenbeobachter*innen gemacht. Dort klettern die Bewohner*innen durch ein großes, kreisrundes Fenster auf die halbkreisförmige Liegeterrasse.

Handwerkliche Herstellung des Fensters bei Madeiguincho


Aus Holz und Kork lokaler Eichen
Allen drei Häusern gemein ist die Wahl der Materialien. Gemäß der Prinzipien von Madeiguincho sind sie aus Massivholz gebaut. Und gemäß der Verwendung lokaler Ressourcen wurde die Fassade mit Kork verkleidet. Dies verbessert die Wärmedämmung, während die Fenster entsprechend der Landschaft, dem Klima und der Himmelsrichtung positioniert wurden. Das Klima ist rau mit sehr heißen und trockenen Sommern, wenig Niederschlag und mäßigen Winden. Mit Öffnungen nach Norden und Osten sorgt die Architektur für thermische Effizienz durch passive Querlüftung. Auch ästhetisch nehmen die Tiny Houses Bezug auf ihren Standort. So ist die weiß getünchte Holzverkleidung im Inneren an den für den Alentejo typischen Kalkputz angelehnt und die Fußböden bestehen aus heimischem Kiefernholz. Gonçalo Marrote erklärt, wie konsequent sich der Stil an der lokalen Baukultur orientiert: „Wir haben uns von der architektonischen Tradition der Region inspirieren lassen – von den historischen Siedlungen, den monolithischen weißen Taipa-Häusern und den faszinierenden Megalith-Monumenten in der Umgebung.“

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Links

Tiny House-Manufaktur

Madeiguincho

www.madeiguincho.pt

Architektur

Gonçalo Marrote, João Filipe und Ramiro Carro

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