Residenz in der Schwebe
Ein Wipfel-Nest von i29 in den Niederlanden
Stelzen sind ein typisches Thema in der vernakulären Baukultur: Sie halten ungebetene Nager fern oder bei wassernahen Bauplätzen das Fundament trocken. Mitten in den Niederlanden erfüllen sie einen weiteren Zweck. Das Vogelnest-Häuschen von i29 bringt die Gäste des nahe gelegenen Nationalparks auf Höhe der Baumwipfel und bietet eine Auszeit mitten in der Natur.
Nahe des niederländischen Nationalparks Hoge Veluwe liegt eine ehemalige Kaserne, die die Idee der Umnutzung ernst nimmt und ihre Geschichte dabei nicht vergisst. Der Standort am Buitenplaats Koningsweg wurde nach einem Masterplan des Architekturbüros MVRDV umgestaltet und ist jetzt eine kulturelle Enklave sowie ein künstlerischer Inkubator. Rund ein Dutzend Kreative leben dort – und empfangen auch Gäste. Um diesen Obdach zu bieten, wurden elf Waldhäuschen entwickelt, die eine Hommage an die ehemalige militärische Nutzung sind: Sie sollen sich mit einer architektonischen Camouflage-Strategie gut tarnen. Die Bezeichnung für die Wohn-Nester Folly verweist auf ihr unkonventionelles Design. Ein Folly ist ein Zierbau, der auf exzentrischen, kuriosen oder extravaganten Ideen basiert.
Energetischer Alleingang
Für die Besucher*innen des Follys namens Buitenverblijf Nest aus der Feder des Architekturbüros i29 geht es hoch hinaus. Wie ein Vogelnest sitzt der dreistöckige Bau auf schlanken Stelzen zwischen den Wipfeln und thront nicht nur allein weit oben inmitten der Baumkronen, sondern ist mit Sonnenkollektoren auch ein energetischer Selbstversorger. An andere Nutzer*innen wurde ebenfalls gedacht: In die Fassade integriert wurden Nistmöglichkeiten und Verstecke für Waldbewohner wie Kleiber, Spechte und Fledermäuse geschaffen. Das klassische Erdgeschoss wird hier zum Luftgeschoss.
Multifunktionale Einbauten
Knapp acht Meter über dem Boden schwebt die Veranda, von der aus es in die Küche und ins Wohnzimmer geht. Weil der Platz begrenzt ist, hat i29 die Raumnutzung mit cleveren Lösungen optimiert. In die wandhohen Schränke des Küchenbereichs ist die Treppe integriert, die zum zweiten Geschoss und damit zum Badezimmer führt. Geschlafen wird unter den Schrägen des Dachs, am höchsten Punkt des Häuschens. Von dort genießen die Gäste durch runde Luken – und dank der gezielten Sichtachsen über die Etagen hinweg – den Blick ins Grün. Dabei erspähen sie vielleicht auch den ein oder anderen gefiederten Nachbarn.
FOTOGRAFIE Jeroen Musch Jeroen Musch
Auftraggeber: | Noud Paes, Jeroen Dellensen, Jaspar Jansen, Chris Collaris, Christian Hagoort |
Tragwerksplaner: | Huib Jol |
Bauunternehmer: | Hagoort Bouw B.V. |
Landschaftsgestaltung Park: | Buroharro |
Stahlkonstruction: | Makon |
Fassade: | Foreco |
Fensterrahmen: | Timmerfabriek Herman van den Brink |
Schreinerei: | Simon Sintenie |
Fußboden: | Forbo Bodenbelag |
Beleuchtung: | Flos |