Alpenchic mit Sixties-Vibe
Das Hotel The Cōmodo in Bad Gastein
In Bad Gastein tut sich was. Der Kur- und Skiort in den Alpen schlummerte lange in Vergessenheit. Doch jetzt bringt eine neue Hoteliergeneration frischen Wind in den Ort. Jüngster Neuzugang ist das Hotel The Cōmodo. Der Designer Piotr Wisniewski und die Architektin Barbara Elwardt schufen eine Liebeserklärung an die Sechzigerjahre.
Hotels sind Orte, die Geschichten erzählen. Nicht nur über ihre Gäste, sondern auch über die Kultur des Reisens. Das Hotel The Cōmodo in Bad Gastein wurde im Januar 2023 eröffnet. Und doch wirkt es wie eine Zeitkapsel der späten Sechziger- und frühen Siebzigerjahre. Man würde sich kaum wundern, Sean Connery in James-Bond-Mission inmitten der Lobby zu erspähen. Die ersten Gäste empfing an selbiger Stelle das 1881 erbaute Hotel Habsburger Hof, das 1962 abgerissen wurde. Mitte der Sechziger wurde ein Neubau als Kurbetrieb für die Krankenfürsorgeanstalt der Bediensteten der Stadt Wien errichtet. 2017 fiel die Einrichtung dem Rotstift zum Opfer und das Gebäude stand für drei Jahre leer.
Zurück auf die Landkarte
Dass nun ein neues Kapitel aufgeschlagen wurde, ist der Berliner Architektin Barbara Elwardt zu verdanken. Sie erwarb den Bau 2019 und revitalisierte ihn mit dem Designer Piotr Wisniewski. Das Projekt markierte den Startpunkt für ihr gemeinsames Büro weStudio, das 2021 in Berlin gegründet wurde. Zugleich ist es der Auftakt für eine Reihe weiterer The Cōmodo-Hotels, die in den nächsten Jahren folgen sollen – nicht nur in Österreich, sondern weltweit.
Für das Haus in Bad Gastein ist es mehr als eine bauliche Wiederbelebung. Der Kurort hatte im 19. Jahrhundert mit seinen mineralhaltigen Bädern Kaiser und Kaiserinnen angezogen. Später lockten 220 Kilometer lange Skipisten Wintersportler*innen an. Imposante Grandhotels der Belle Epoque treffen auf brutalistische Bauten der Nachkriegsjahre. Dennoch umwehte den Ort in den letzten Dekaden ein eher verstaubtes Image. Genau dieses abzuschütteln, hat sich eine neue Hoteliergeneration vorgenommen. Die Betreiber*innen der Häuser Miramonte und Regina ziehen bereits junge und kreative Gäste in die Region. The Cōmodo – der Name steht im Spanischen für komfortabel – setzt diesen Weg weiter fort.
Bauliche Expansion
Piotr Wisniewski und Barbara Elwardt haben ein alpines Refugium geschaffen. Dafür musste der Bestand erweitert werden. Eine neu angelegte Sonnenterrasse bietet freie Blicke ins Gasteiner Tal, genau wie die hölzerne Saunaetage, die auf das Dach des existierenden Hallenbads aufgesetzt wurde. Zur Bergseite ist ein dreigeschossiger Gebäudetrakt in Holzbauweise hinzugekommen, der seine natürliche Materialität an der Fassade lesbar macht. Das Haus bietet 70 Zimmer, deren Größen zwischen 19 und 35 Quadratmetern variieren und die sich mit bodentiefen Glastüren zu privaten Balkons öffnen. Die vier Suiten messen 45 bis 50 Quadratmeter und sind unter anderem mit Plattenspielern und einer Auswahl an LPs ausgestattet.
Fließende Formen
Das Interieur mischt internationale Designklassiker mit lokalen Vintage-Funden. Auf schwere, wulstige Formen setzt der Elda Chair von Joe Colombo aus dem Jahr 1964 in einer Suite. Die runden Formen des Pacha Lounge Chair (1975) von Pierre Paulin korrespondieren in einer weiteren Suite mit dem ringförmigen Wandspiegel Rondo (2010) aus glänzend poliertem Edelstahl von Oskar Zięta. In der Lobby ist ein rotes Camaleonda-Sofa (1970) von Mario Bellini für B&B Italia zu sehen, ebenso wie Sessel und Zweisitzer aus der Lounge Seating Line (1976) von Gae Aulenti für Knoll International und eine messingfarbene Atollo-Tischleuchte (1977) von Vico Magistretti für Oluce. Hinzu kommen 117 Designobjekte, die weStudio speziell für das Hotel The Cōmodo entworfen hat.
Alpine Konturen
Die Moderne wird hier nicht mit kühler Strenge interpretiert, sondern mit warmer, einladender Atmosphäre. Genau an dieser Stelle schlägt die Stunde der Materialien und Oberflächen: Fliesen und Wandfarben in satten Wein- und Flaschengrüntönen setzen Kontraste zu original erhaltenen Terrazzoböden. Senfgelbe Polster und orangene Keramiken treffen auf Dielen sowie Decken- und Wandvertäfelungen aus Eichen- und Kiefernholz. Für die Ausstattung der Zimmer haben Gosia Warrink und Katja Koeberlin von der Berliner Agentur Amberdesign 140 Werke geschaffen, die von den Farben und Konturen der Bad Gasteiner Berge inspiriert sind: Das Spektrum reicht von Bildern und Grafiken bis hin zu Teppichen, die in Indien von Hand geknüpft wurden.
Lokale Bezüge
In den Gemeinschaftsräumen des Hotels werden Fotografien von Gerrit Engel gezeigt, während in der Lobby Skulpturen des dänischen Bildhauers Jeppe Hein die Blicke auf sich ziehen. Als Auftragswerk hat das Berliner Designbüro Fundamental eine Serie von Glasvasen und Kerzenständern für das Hotel entworfen. Im Restaurant des The Cōmodo werden nach dem Farm-to-Table-Prinzip ausschließlich Zutaten lokaler Landwirte und Erzeuger verarbeitet. Der Berliner Küchenchef Max Jensen setzt auf Klassiker der österreichischen Küche wie Käseknödel oder Marillen-Galette mit Büffelmilchreis. Dazu werden Bio-Weine und Winzer-Sekt von kleinen Gütern aus der Region serviert. Ein lokaler Einschlag zeigt sich selbst beim Digestif: Mehrere Cocktails basieren auf heimischen Kräutern.
FOTOGRAFIE PION Studio PION Studio
Projekt | The Cōmodo |
Entwurf | weStudio |
Typologie | Hotel, Restaurant, Spa |
Adresse | Kaiserhofstraße 18, 5640 Bad Gastein, Österreich |
www.designhotels.com |