Den Haager Kulturtransfer
Viel Osten im Westen von Bloot Architectuur
Ein niederländisches Backsteinhaus ist zum neuen Zuhause einer ehemals globetrottenden Familie geworden. Bei der baulichen Erweiterung spielten die Architekturtraditionen und das Materialvokabular der ehemaligen Heimat Asien eine wichtige Rolle. Mit viel Holz, offenen Räumen und einer Abkehr von Funktionszuordnungen wirkt vor allem das großzügige und helle Herzstück des Hauses wie ein fernöstlicher Innenhof.
Seinen Namen East West House erhielt das Den Haager Eckgebäude mit Bezug auf die kulturellen Hintergründe seiner neuen Eigentümer*innen. Die Besitzer*innen stammen aus den Niederlanden und China, sind lange durch die Welt gereist und haben für eine Weile in Asien gelebt. Diese Einflüsse wirken sich auch auf ihre aktuelle Adresse in den Niederlanden aus und prägen den Umbau ihres Hauses. Silhouette und Fassade waren standorttypisch, denn der robuste Backsteinbau aus den Dreißigerjahren wird mit einem Mansardendach abgeschlossen. Ebenso klassisch ist der alte Grundriss, der ganz klar zwischen Zimmern und ihren Funktionen trennt. Die stringente Organisation des Raumplans und die Quadratmeteranzahl sollten für die neuen Bewohner*innen aufgelöst beziehungsweise angepasst werden. Beauftragt mit der Neustrukturierung und der Planung eines Anbaus wurde das Architekturbüro Bloot, das ebenfalls in Den Haag sitzt und sich seit der Gründung 2010 auch auf Wohnbauprojekte spezialisiert hat.
East meets West
Im historischen Bestand sollten sich nach der Modernisierung nicht nur die Vergangenheit und die Zukunft, sondern auch die beiden Welten Ost und West begegnen. Für die Materialpalette bedeutet das im Innenraum einen Fokus auf Holz bei den Einbauten, der Anbau aus Beton wurde im Eingangsbereich mit schmalen Holzleisten verkleidet und durch Elemente aus verzinktem Stahl ergänzt. „Traditionell wird die westliche Architektur von Stein und die asiatische von Holz dominiert. In der asiatischen Architektur setzen sich – teilweise aufgrund des Klimas – Materialien häufig von innen nach außen fort“, erläutern die Planer*innen. Durch die Konzentration auf Zink, Edelstahl und Beton sowie warme Holzoberflächen und Glas ergibt sich im Interieur eine helle, konsequente und warme Atmosphäre, die durch die Wahl unterschiedlicher Oberflächen und Texturen eine zu niederkomplexe Raumwirkung umschifft.
Konsequente Öffnung
Nach dem Eintritt durch die große Stahldrehtür landen die Bewohner*innen zuerst in einem schmalen Flurbereich mit Holzwänden. Auf der einen Seite liegt der Treppenhauskern, der über einen offenen Durchgang erschlossen ist. Gegenüber und fast unsichtbar in die Wände eingelassen sind vier Türen, hinter denen sich nacheinander ein kleines Bad, eine Garderobe, ein Technikraum und eine Abstellkammer befinden. Flur und Wohnzone sind durch eine große Glastür getrennt. Hinter ihr öffnet sich der Raum, aber auch die Decke über das zentral platzierte Glasdach, das Tageslicht in den Wohnbereich bringt. Eine Gliederung erfährt das Layout durch einen abgesenkten Bereich zum Garten hin und in die Architektur integrierte Regale, die als offene Ablagen Lounge und Essbereich voneinander trennen.
Alle zusammen, jeder für sich
Tatsächlich erinnert das Herzstück des Hauses in seiner Gestaltung an für Asien typische Hof- und Gartensituationen. Unter dem Oberlicht wurde ein kleines Beet in den Boden eingelassen und die drei langen Stufen der Fertigteilbetontreppe laden besonders die Kinder dazu ein, sich hier mit Blick auf die Küchenzeile niederzulassen. „Gerade das Fehlen klarer Funktionen macht den Raum so stark“, resümieren die Architekt*innen. Es gibt unterschiedliche Aufenthaltsangebote wie die frei stehende Kücheninsel, eine Fernsehecke, den runden Esstisch oder die Bank hinter dem Regal. Sie erlauben allen Bewohner*innen, zusammen zu sein und doch individuellen Aufgaben oder Interessen nachzugehen. Im Sommer wird die Wohnzone zusätzlich durch den Garten ergänzt. Dann öffnen sich die bodentiefen Fenster zur mit Pflastersteinen und Kies belegten Terrasse, die etwas tiefer liegt als die anschließende Rasenfläche. Dadurch wirkt die Terrasse wie ein klar abgegrenzter Zwischenraum und greift mit seiner Kante das Thema der zwanglosen Sitzmöglichkeiten noch einmal auf.
FOTOGRAFIE Jeroen Musch Jeroen Musch
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