Projekte

Der große Bruder: Wohnhaus in Starnberg von HHF

Sichtbeton in Starnberg: Haus H von HHF und Jacob & Spreng.

von Jeanette Kunsmann, 28.03.2018

Im Film oder in der Literatur wäre dieses Gebäude die langerwartete Fortsetzung – nur mit anderen Protagonisten. Architekten zieren sich hingegen eher, an einen schon gebauten Entwurf anzuknüpfen, ihn zu adaptieren oder gar zu klonen. Warum eigentlich? HHF zeigen, wie ein Haus Geschwister bekommen kann.

HHF steht für Herlach, Hartmann und Frommenwiller: So lauten die Nachnamen dieses Architektentrios, mit dem man neben Ai Weiwei und Sichtbeton vor allem radikale Formen und mutige Entwürfe verbindet. Vor einigen Jahren sorgte ihr Haus D in der schweizerischen Gemeinde Nuglar für so viel Furore, dass es vom Deutschen Architekturmuseum und dem Callwey Verlag zum Haus des Jahres 2013 gekürt wurde. HHF Architekten hatten mit diesem „spektakulär-unspektakulären Haus“ den Preis bereits zum dritten Mal gewonnen. Kein Jahr später klopfte ein privater Bauherr an, dem das Wohnhaus so gut gefiel, dass er sich ein ebensolches wünschte. Der Bauplatz sollte in Starnberg sein: oberhalb des Westufers am gleichnamigen See.

Aus Haus D wurde Haus H und die Baseler Architekten Tilo Herlach, Simon Hartmann und Simon Frommenwiler holten für die Leistungsphasen nach der Vorplanung, also auch für den Entwurf, das Münchener Büro Jacob & Spreng mit ins Boot. Gemeinsam erarbeiteten die fünf Architekten aus dem Vorgänger ein ganz ähnliches Zuhause für die fünfköpfige Familie. Als einen „jüngeren, großen Bruder“ beschreiben die HHF das Starnberger Einfamilienhaus, dessen gläsernes Erdgeschoss sich komplett zum Garten öffnet. Darüber kragt eine weitere Etage mit Lärchenholzfassade und Satteldach aus. Für eben dieses Prinzip wurde Haus D mit dem Preis Häuser des Jahres ausgezeichnet.

Den notwendigen Grad an Privatheit lösen HHF über das Material: Glas und reflektierende Fassadenelemente aus verchromtem Stahl, in den sich die Landschaft spiegelt, bilden die fast unsichtbaren Außenwände des ebenerdigen Wohnbereichs. Der aus eingefärbtem Beton gegossene Erdgeschossboden orientiere sich hingegen an der Topographie des Grundstücks, erläutern die Architekten. „Teils raumgreifende Stufen nivellieren die unterschiedlichen Höhen zwischen dem Küchenbereich, dem Ess- und dem Wohnzimmer.“ Das umlaufende Holzdeck soll den „Schwebezustand“ und die Verbindung zwischen innen und außen betonen.

Im Inneren fällt ebenfalls eine besonders eigenwillige Materialauswahl ins Auge. Eine Ahornholztreppe führt in die privateren Räume im Obergeschoss. Die Kücheneinbauten sind aus Ulmenholz, während sich HHF für die Wandverkleidungen, Türen und Möbeleinbauten für Weißtanne als das beste Material entschieden. Die Tragkonstruktionen des Massivbaus wurden aus Beton gefertigt. Von der Hülle gelöst trägt dieser Betonkern das auskragende Obergeschoss und übernimmt die Erschließung und Versorgung.

Auch wenn der Entwurf ein jüngerer Bruder ist, er hat ein eigenes Gesicht. Die Unterschiede zwischen Haus D und Haus H aufzuzählen (drei statt zwei Fenster im Obergeschoss, Grundriss der Terrasse, Holzarten und Fassade) wäre wohl, wie die Beschäftigung mit einem dieser Suchbilder, in dem jemand fünf Fehler versteckt hat: mühsam und ohne Ziel. Denn es geht weniger um die Details, die Architekten wie HHF sowieso beherrschen. Haus H führt vor, wie man einen Entwurf in einem anderen Kontext für einen neuen Bauherren weiterbauen kann. Man muss nur mutig sein.

Facebook Twitter Pinterest LinkedIn Mail
Links

Projektarchitekten, Vorplanung

HHF Architekten, Basel

www.hhf.ch

Projektarchitekten, Entwurf und Ausführung

Jacob & Spreng Architekten, München

www.jacobundspreng.de

Fotograf

Michael Christian Peters

peters-fotodesign.com

House H

480 Quadratmeter, Starnberg, 2014–17

House D

397 Quadratmeter, Nuglar, 2009–11

Mehr Projekte

Camden Chic

An- und Umbau eines ehemaligen Künstlerateliers von McLaren.Excell

An- und Umbau eines ehemaligen Künstlerateliers von McLaren.Excell

Aus Werkstatt wird Wohnraum

Umbau im griechischen Ermionida von Naki Atelier

Umbau im griechischen Ermionida von Naki Atelier

Londoner in der Lombardei

Tuckey Design Studio verwandelt ein Wohnhaus am Comer See

Tuckey Design Studio verwandelt ein Wohnhaus am Comer See

Zwischen Stroh und Stadt

Nachhaltiges Wohn- und Atelierhaus Karper in Brüssel von Hé! Architectuur

Nachhaltiges Wohn- und Atelierhaus Karper in Brüssel von Hé! Architectuur

Flexibel zoniert

Apartment I in São Paulo von Luiz Solano

Apartment I in São Paulo von Luiz Solano

Freiraum statt Festung

Familienhaus mit Innenhof in Bangalore von Palinda Kannangara

Familienhaus mit Innenhof in Bangalore von Palinda Kannangara

Kork über Kopf

Umbau eines Penthouse mit Korkdecke von SIGLA Studio in Barcelona

Umbau eines Penthouse mit Korkdecke von SIGLA Studio in Barcelona

Drei Pavillons für ein Familiendomizil

Australisches Wohnhaus von Pandolfini Architects und Lisa Buxton

Australisches Wohnhaus von Pandolfini Architects und Lisa Buxton

Ein Haus der Gegensätze

Kontrastreicher Neubau nahe Barcelona von Ágora

Kontrastreicher Neubau nahe Barcelona von Ágora

Die Magie der Entgrenzung

Luftiger Neubau Casa Tres Patis von Two Bo in Spanien

Luftiger Neubau Casa Tres Patis von Two Bo in Spanien

Raumsequenzen in der Grotte

Casa Gruta in Mexiko von Salvador Román Hernández und Adela Mortéra Villarreal

Casa Gruta in Mexiko von Salvador Román Hernández und Adela Mortéra Villarreal

Altes Haus im neuen Licht

Familienwohnung von Jan Lefevere in Kortrijk

Familienwohnung von Jan Lefevere in Kortrijk

Mehr Platz fürs Wesentliche

Umbau eines Backstein-Cottage in London von ROAR Architects

Umbau eines Backstein-Cottage in London von ROAR Architects

Raum-Chamäleon

Flexibel nutzbarer Anbau in Brisbane von Lineburg Wang

Flexibel nutzbarer Anbau in Brisbane von Lineburg Wang

Wohnräume mit Tiefgang

Innenausbau einer Villa am Rhein vom Düsseldorfer Studio Konture

Innenausbau einer Villa am Rhein vom Düsseldorfer Studio Konture

Holz und Stein im alpinen Dialog

Apartmenthaus Vera von atelier oï und CAS Architektur in Andermatt

Apartmenthaus Vera von atelier oï und CAS Architektur in Andermatt

Haus mit zwei Gesichtern

Umbau eines Reihenhauses in Lissabon von Atelier José Andrade Rocha

Umbau eines Reihenhauses in Lissabon von Atelier José Andrade Rocha

Umbau am offenen Herzen

Ply Architecture transformierte einen Sechzigerjahre-Bungalow in Australien

Ply Architecture transformierte einen Sechzigerjahre-Bungalow in Australien

Reise in die Vergangenheit

Studio Hagen Hall gestaltet ein Londoner Reihenhaus im Mid-Century-Stil

Studio Hagen Hall gestaltet ein Londoner Reihenhaus im Mid-Century-Stil

Downsizing als Designprinzip

Kompaktes Wohnhaus in Portugal von Atelier Local

Kompaktes Wohnhaus in Portugal von Atelier Local

Der Reiz der Reduktion

Innenarchitekt Ilkka Palinperä gestaltet ein Wohnhaus bei Helsinki

Innenarchitekt Ilkka Palinperä gestaltet ein Wohnhaus bei Helsinki

Authentische Askese

Apartment-Rückbau in Paris von Atelier Apara

Apartment-Rückbau in Paris von Atelier Apara

Umbau im Anbau

Gianni Botsford erweitert Fosters Londoner Frühwerk

Gianni Botsford erweitert Fosters Londoner Frühwerk

Visionen vom Wohnen

Design-Apartments auf der MDW 2025

Design-Apartments auf der MDW 2025

Mit Ecken und Kurven

Umbau eines Reihenhauses in London von Pensaer

Umbau eines Reihenhauses in London von Pensaer

Raw in Rio

Von Säulen geprägter Wohnungsumbau von Estudio Nama

Von Säulen geprägter Wohnungsumbau von Estudio Nama

Nostalgie nach Mass

Belgravia Townhouse von Child Studio

Belgravia Townhouse von Child Studio

Grobe Perfektion

Symbiose aus Beton und Holz in einem Apartment in Tokio von Kenta Hirayama

Symbiose aus Beton und Holz in einem Apartment in Tokio von Kenta Hirayama

Appetitliches Apartment

Wohnungsumbau von Iva Hájková Studio in Prag

Wohnungsumbau von Iva Hájková Studio in Prag

Raumwunder in Porto

Umbau eines portugiesischen Mini-Häuschens von Spaceworkers

Umbau eines portugiesischen Mini-Häuschens von Spaceworkers