Die Dreifamilienvilla
Umbau eines historischen Gebäudes in Prag von No Architects

In einer Villa mit Garten nahe einer U-Bahn-Station zu wohnen – diesen Traum erfüllten sich drei junge Familien in Prag, indem sie sich als Baugruppe zusammenschlossen. In einem historischen, dreigeschossigen Bauwerk entwarfen No Architects aus Prag für jede Familie ein individuelles Refugium. Größtes Augenmerk lag dabei auf hochwertigen Details und darauf, den Geist des Hauses zu bewahren.
„Eine Baugruppe bringt erst einmal keine großen Vorteile, es sei denn, man entscheidet sich dafür, einige Aspekte als Vorteil zu betrachten“, erklärt Jakub Filip Novák, Gründer von No Architects. „Es ist eine Frage der Perspektive, ob man bereit ist, einen Teil seines Lebens mit anderen zu teilen, um Kosten zu senken, und das eigene Leben durch die Interaktion mit anderen Menschen komplexer und reicher zu gestalten, dabei aber auch Regeln befolgen zu müssen. In der Tschechischen Republik sind Baugruppen so selten, dass dadurch kaum etwas im Bauprozess einfacher oder billiger wird.“ Dennoch entschieden sich die drei jungen Familien dazu, die Villa gemeinsam zu kaufen und umgestalten zu lassen. Den Keller erweiterten die Architekten und schufen gemeinsam nutzbare Bereiche mit Waschküche, Technikraum und Clublounge.
Dominant und individuell
Äußerlich konzipierten die Architekten die Villa aus den Dreißigerjahren wieder so, wie sie ursprünglich gedacht war – als imposantes Bauwerk, das die Straße dominiert. Sie ergänzten neue Fenster und legten Wert darauf, die drei Wohnungen einzeln zu organisieren. „Die Baugruppe ist sehr klein und wenn eine Beziehung im Haus kaputt geht, geht alles kaputt. Deshalb haben wir alle Wohnungen unabhängig voneinander geplant, auch was den Verbrauch von Energie, Wasser, Abfall und dergleichen betrifft. Wichtig war auch der Schallschutz, um für jede Familie die Privatsphäre zu gewährleisten“, sagt Jakub Filip Novák. Die Grundrisse entwickelten die Architekten gemeinsam mit den Familien sehr individuell, auch mit der Möglichkeit, später Änderungen vorzunehmen.
Offen und farbig
In den Wohnbereichen fügen sich Einbauten, Sofas und Regale so in Nischen und Wände ein, dass ein offener Wohnraum entsteht. Zentral platzierten die Architekten jeweils einen großen Tisch. Highlights bilden Möbel mit abgerundeten Kanten und zum Teil knallige Farben in der sonst schlichten Umgebung. Bei der Farbauswahl folgten die Architekten den Wünschen der Bewohner: „Es war ein Forschen und Ausprobieren, um herauszufinden, welche Farbe ihnen ein gutes Gefühl vermittelt. Wir mussten viel fragen, testen und zeigen. Das war ein langer Prozess“, erinnert sich Jakub Filip Novák. Das Ergebnis sind individuelle Wohnräume, die ebenso freundlich wie zeitlos wirken und Besonderheiten wie auffällige Leuchten oder eine Galerie aufweisen, von der aus der Blick auf den bunten Fliesenboden fällt.
Detailverliebt und weitsichtig
Ein Jahr hat die Planung der Architekten gedauert, ein weiteres Jahr die Umsetzung. Die Details perfekt zu gestalten, war dabei ein großes Anliegen für Jakub Filip Novák: „Bauen kostet sehr viel Geld, das meiste fließt in die Konstruktion. Die Menschen bauen sich aber ein Haus wegen der Dinge und Oberflächen, die sie darin anfassen und anschauen werden. Es gibt diesen Moment, in dem man anfängt zu sparen – meist am Ende. Das macht aber nicht viel Sinn. Denn ein gutes Detail muss nicht teuer sein. Es muss auf das Gebäude abgestimmt, platzsparend und funktional sein. Wenn man nach dreißig Jahren immer noch sein Haus abbezahlen muss, möchten wir, dass man mit dem Ergebnis auch bei der letzten Überweisung an die Bank noch zufrieden sind.“
Elegant und passgenau
Jakub Filip Novák freut sich besonders über den neuen Glanz, den sein Architekturbüro der ehrwürdigen Villa verliehen haben. Das sei nicht nur im Sinne der Bewohner, sondern des gesamten Straßenbildes. Die ehemalige Garage musste drei großen Fahrradabstellanlagen weichen und das neue Gartenkonzept komplettiert die elegante Gestaltung des städtischen Wohnhauses.
Wenn es nach dem Architekten geht, sollen die Familien sich hier wie im Urlaub fühlen. „Sie sollen sie selbst sein können – in den gemeinschaftlich genutzten Räumen ebenso wie im Schlafzimmer. Die Kinder, die Eltern – jeder Einzelne im Haus“, so Jakub Filip Novák. Die Familien sind ebenso zufrieden mit ihrem Zuhause wie der Architekt: „Meines Wissens haben die Bewohner immer noch Schlüssel voneinander, also scheint das Zusammenleben gut zu funktionieren.“
FOTOGRAFIE Studio Flusser
Studio Flusser
Projekt | Umbau einer historischen Villa |
Architekten | No Architects, Prag |
Fläche | 387 Quadratmeter |
Ort | Prag |
Fertigstellung | 2019 |
Einrichtung
Leuchten | Carmina von Umage |
Glass Honey von Gie el. | |
Sofa | Fusion von Karup Design |
Türklinken | Kvadra von M&T |
Stuhl | Albert Kuip von Zuiver |
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