Ein etwas anderes Badetuch
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Was haben der Mensch, eine Gurke und ein Schwimmbad gemeinsam? Sie bestehen größtenteils aus Wasser. Doch während erstere von der Natur in einer nahezu unzähligen Typenvielfalt geschaffen werden, sind Architekten, Landschaftsplaner und andere Sachkundige für letzteres verantwortlich und zeigen, dass fast alles möglich ist: ob langgezogene, azurblaue Striche in der Landschaft, organisch geformte, sich der Topografie anpassende Vertiefungen oder skulpturale Anlagen in Knallfarben, die als Blickfang dienen – wie das von dem Wiener Architekturbüro Pichler & Traupmann geplante Freischwimmbad Eybesfeld im österreichischen Jöss nahe Graz.
Die Tage der vorhersehbaren türkisfarbenen Rechtecke sind vorbei. Heutzutage sind Schwimmbecken ästhetische Bekenntnisse und Teil individuell geplanter Häuser – wie auch die ultimative Küche oder das Badezimmer, das einem Spa gleicht. Ganz gleich also, ob ein schnittiger Swimmingpool, der eine Erweiterung des heimischen Fitnessraums darstellt, oder ein sympathisches Außenbecken, das diskret zwischen den Pflanzen nistet: Das Schwimmbad bietet unendlich viele Möglichkeiten in der Gestaltung. Das dachten sich wohl auch die Architekten des Büros Pichler & Traupmann, als sie aus einem Gesamtprojekt für das Schloss Eybesfeld zwei Einzelprojekte machten und dabei einen etwas anderen Swimmingpool schufen.
Lebendige Landschaft
Das Ursprungsprojekt hatte vorgesehen, dem Schlossgebäude aus dem 17. Jahrhundert eine neue Basis zu geben und es mittels einer umlaufenden Schleife aus Sichtbeton in die Landschaft zu integrieren. Diese Schleife sollte Wohn- und Sekundärfunktionen sowie ein Hallenbad enthalten. Doch stattdessen entschieden sich die Architekten gemeinsam mit dem Bauherrn für eine Teilung der Projekte: Während eine Wohnlandschaft aus leuchtenden Möbelkörpern im Erdgeschoss des Schlosses entstanden ist, die nach außen kaum in Erscheinung tritt, wurde eine skulpturale und knallige neue Badelandschaft außerhalb der ehemaligen Schlossmauer am Eckturm zum Park eingefügt, die im starken Kontrast zur historischen Anlage steht.
Schwimmbad als Blickfang
Mit ihrer auffälligen purpurvioletten Farbe und ihrer homogenen Polyester- beziehungsweise Polyurethanbeschichtung erinnert die 15,25 mal 6,75 Meter große Betonkonstruktion an ein überdimensionales über den Schlossrasen ausgebreitetes Strandtuch. Fast wie ein Sonnenbadender, der sich auf seine Ellenbogen stützt, ist sie auf der einen Längsseite aus dem Rasen in die Höhe geklappt und bildet eine Sitzrampe sowie eine erhöhte Liegeterrasse. Erstere hat – wie auch der Beckeneinstieg – eine wellenartige Oberfläche, wodurch anatomisch geformte Sitz- und Liegemulden geschaffen werden.
Unterhalb der frei tragenden Struktur befinden sich die Umkleiden und Duschen, zu denen eine weitere Rampe führt. Sie sind als reine Glaskonstruktionen angeordnet und nehmen kaum Einfluss auf das gesamte Erscheinungsbild der purpurvioletten Insel – im Gegenteil: Dank des transparenten Materials scheint das gigantische Badetuch ein wenig in der Luft zu schweben.
FOTOGRAFIE Paul Ott
Paul Ott
Links
PXT – Pichler & Traupmann Architekten
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