Ein Örtchen für zwei Fälle: Monolithische WC-Skulptur
Dieses Servicehäuschen von Fortunen Architects bietet spektakuläre Aussicht.

Entlang der norwegischen Landschaftsrouten stellt ein Architekturrat der nationalen Straßenverwaltung Gebäude in die Landschaft, die Teil des Naturerlebnisses werden sollen. Am Skjervsfossen Wasserfall haben Fortunen Architects ein Toilettenhäuschen mit ungewöhnlicher Aussicht realisiert.
Die norwegischen Landschaftsrouten verbinden Architektur und Design sensibel mit der nordischen Natur. Entlang von insgesamt 18 ausgewählten Straßen stehen Landmarken und Gebäude, die Aussicht, Rast oder Zuflucht bieten. Ihre Gestaltung ist ein Echo auf die Szenerie, gebaute Geste und Erfahrungsraum. In ihrer Kombination aus Landschaft, Design und Panorama bieten sie mehr als jedes Element für sich. Die Reise entlang der Routen ist mit über 50 Entwürfen von Büros wie Snøhetta, Reiulf Ramstad oder Jensen & Skodvin eine Tour durch zeitgenössische nordische Architekturkultur und zeigt Bauten „from site to building“: eine ästhetisch anspruchsvolle Architektur an atemberaubenden Plätzen, mit Bewusstsein für den natürlichen Kontext.
Wanderpfad vom Hochgebirgsträger
Einer der Stopps ist der Wasserfall Skjervsfossen. Er liegt als landschaftlicher Höhepunkt an der Route Hardanger im Süden des Landes zwischen Bergen und Stavanger. Die fast 160 Kilometer lange Strecke führt an der Küste des Hardangerfjordes entlang und passiert insgesamt fünf große Wasserfälle, aber auch Obstplantagen und steile Hänge. Der Skjervsfossen besteht eigentlich aus zwei Wasserfällen, die direkt nebeneinander 150 Meter in die Tiefe stürzen. Um den Wasserfall aus verschiedenen Perspektiven erleben zu können, gibt es ein durchdachtes Netz aus Treppen, Naturwanderwegen, Panoramapunkten und Picknickplätzen, mit deren Gestaltung der Auftraggeber Nasjonale Turistveger die Landschaftsplaner Østengen & Bergo beauftragt hat. Besonders ist nicht nur ihre raue aber poetische Inszenierung zwischen den steilen Felsen, sondern auch die Realisierung, für die – ja! – Sherpas aus Nepal engagiert wurden.
Pausen-Häuschen
Direkt am Parkplatz steht das vom Architekturbüro Fortunen aus Bergen entworfene Servicegebäude. Haltepunkt und Steilwand trennt der Fluss Storelvi, der als Wasserfall einige Meter weiter über den Berg stürzt. Das Häuschen tarnt sich mit seiner Fassade aus lokalem Stein, ein natürliches Element der Landschaft. Es wirkt monolithisch, wie ein Teil der Bergkulisse, als hätte es sich aus dem Felsen gelöst und wäre auf die andere Uferseite versetzt worden. Dabei lässt die Front mit Schrägdach eine klassische Typologie erwarten, während die Rückseite als glatte Fläche ausgeführt ist, die sich bis zum Wasser hinab in die Landschaft schmiegt. Anders präsentiert sich das Interior: Hier haben die Architekten kontrastierend zum Stein auf warmes Holz gesetzt.
Gelenkte Aussicht
In dem Gebäude am Skjervsfossen befinden sich WCs, aber auch ein Lager und ein Technikraum. Zwei über die ganze Höhe der Fassade reichende Spalte auf der Gebäuderückseite dienen als Fenster für die beiden Waschräume und werden im Innenraum über einen partiellen Glasboden fortgeführt. Beim Besuch der Toilette haben die Gäste so nicht nur den Berg im Blick, sondern auch freie Sicht nach unten auf den Fluss sowie nach oben zum Himmel. Bei der Verkleidung der Wände haben die Architekten beschichtetes Sperrholz in einer rotbraunen Nuance gewählt, die sich auf das herbstliche Farbspektrum des angrenzenden Waldes bezieht. Die Ausstattung ist mit einer Toilette und einem Waschbecken auf das absolute Minimum beschränkt, sodass die Natur hinter dem Fenster zum elementaren Bestandteil des Raumes wird. Damit geht das Gebäude auf mehreren Ebenen eine Beziehung mit seiner spektakulären Umgebung ein, hält sich ästhetisch in ihr zurück, holt sie durch die Fenster herein und steuert die Wahrnehmung der Besucher über klare Sichtachsen. Hauptakteur bleibt die Landschaft – das gebaute Objekt wird zu ihrem Komplizen.
Skjervsfossen – Nasjonal Turistveg
Landschaftsroute / Granvin, Norwegen / Gebiet: vier Hektar / Bauherr: Statens Vegvesen / Fertigstellung 2016
Mehr Projekte
Messingfarbene Highlights
Neugestaltung des Hotels zum Hirschen in Salzburg von LP architektur und Dietrich Untertrifaller

Über den Dächern
Umbau einer Berliner Penthousewohnung von Christopher Sitzler

Zirkuläre Raute
Bürogebäude The Cradle in Düsseldorf von HPP Architekten

Der Fjord als Bühne
Sauna Trosten in Oslo von Estudio Herreros

Mehr als heiße Luft
Saunen inmitten der Natur

Monolith in der Schwebe
Ein abgelegenes Waldbad von Vector Architects in China

Vision und Tradition
Hotel Badeschloss in Bad Gastein von BWM Design

Wohnen im Wasserwerk
Loftwohnung in ehemaligem Pumpwerk von Giorgio Gullotta Architekten

Moderner Barock
Kunst- und Designhotel in Berching von Atelier Dimanche

Sportliche Erfrischung
Neuer DFB-Campus in Frankfurt am Main von kadawittfeldarchitektur

Moderne Badkultur
Das Royal in Bad Füssing wird von Zeilberger + Hartl Architekten umgebaut

Trigonale Interventionen
Altbausanierung in Porto mit modernen Ecken von Paulo Moreira

Unikate aus Titan-Stahl
Bette stattet die Bäder im Hotel Wilmina aus

Radikales Raffinement
Studio-Apartment von minuit architectes in Paris

Schutzraum wird zum Wohnraum
Transformation eines Hochbunkers in Hamburg von Björn Liese

Ganzheitliche Genesung
Krankenhausneubau von tsj-architekten in Niedersachsen

Maritime Farbwelten
Neugestaltung der Bäder im 25hours Hotel Hamburg HafenCity von Stephen Williams Associates

Besondere Böden
Fünf Projekte mit ungewöhnlicher Bodengestaltung

Moderne Behaglichkeit
Ausgestaltung einer Villa im Großraum Frankfurt von Andrea Busch Inneneinrichtung

Heilende Räume
Umbau einer Reha-Einrichtung in Polen

Fenster zum Bad
Ein 10.000-Euro-Umbau von TAKK in Barcelona

Baden in Beton
Ehemaliges Lagerhaus in Athen wird zum Penthouse

Ausweitung der Komfortzone
Wohnanlage für Studierende in Bielefeld von Stopfel Architekten

Mit Scarpa baden
Ludwig Godefroy gestaltet das Hotel Casa TO in Oaxaca

Gestaffeltes Wohnhaus
Umbau einer kleinen Genter Stadtvilla von Graux & Baeyens Architecten

Mediterrane Moderne
Zweizimmerwohnung in Barcelona von Szymon Keller

Durchbruch zur Natur
Hotel Sou von Suppose Design Office auf der japanischen Insel Fukue

Reflektierte Flusslandschaft
Neugestaltung der Sanitärräume auf der Münchner Praterinsel

Buntes Versteck
Ein Hausumbau von i29 in Amsterdam

Schwereloses Schwimmbecken
HAL Architects bringen einen Londoner Pool zum Schweben
