Entlaubung in Barcelona
Wenig kann viel sein: Aus 70 Quadratmetern Altbauwohnung schuf Adrian Elizalde ein kleines Raumwunder.
Wie lässt man eine kleine Fläche großzügig erscheinen? Und wie wird aus einem geringen Budget keine Bremse für gute Gestaltung? Es ist die hohe Kunst des Architektenberufs, wenig nicht nach wenig aussehen zu lassen. Der spanische Architekt Adrian Elizalde hat genau das vollbracht: In Barcelona schuf er auf 70 Quadratmetern ein kleines Raumwunder.
Vor dem Umbau besaß die Wohnung im Herzen der katalanischen Hauptstadt den für Altbauten dieser Art typischen, kleinteiligen Grundriss. Dazu hatten sich über die Jahrzehnte unzählige Materialschichten angesammelt. Da nur wenig Geld für die Renovierung zur Verfügung stand, musste sich der Architekt also etwas einfallen lassen.
Luftige Wände
Die Planstadt Eixample ist der zweite Stadtbezirk der katalanischen Hauptstadt und berühmt für seine Prachtstraßen und die quadratischen Häuserblocks mit den abgeschrägten Ecken („Chaflanes“) – und natürlich für den unvollendeten Kirchenbau La Sagrada Familia. In einer der schönsten Straßen des Viertels, der Carrer de Provença, liegt die Wohnung, die Adrian Elizalde umbauen sollte. Das geringe Budget ließ keine größeren technischen Eingriffe zu: Also beließ der Architekt Küche und Bad an ihren Standorten innerhalb des Apartments und griff vor allem in die Substanz des Wohnbereichs ein. Hier wurden sämtliche Wände abgerissen und durch wenige, neue Raumteiler ersetzt: Diese lösen sich durch Oberlichter, filigrane Bauweise und Schiebetüren fast in Luft auf.
Entlaubungsprozesse
Selektive „Entlaubung“ taufte der Gestalter die Art und Weise des Umbauprozesses: Durch das vorsichtige Entnehmen der Oberflächenschichten traten originale Keramikböden, gewölbte Decken und Tischlerarbeiten zu Tage. Optisches Highlight der Wohnung sind die unterschiedlich gemusterten und farbigen Fliesen: Ein Großteil davon sind Originalelemente aus den 1930er Jahren. Der Architekt ergänzte die Bodenkeramik nur an den Stellen, wo sie kaputt oder nicht mehr vorhanden war. Durch die weißen Wände werden die Farben der Fliesen besonders hervorgehoben und durch das einfallende Tageslicht in Szene gesetzt. Und auch die neu hinzugefügten Materialien, vor allem helle Holzoberflächen, fügen sich problemlos in das stimmige Gesamtbild ein.
Tischarchitektur
Im Zentrum der Neuorganisation befindet sich ein drei Meter langer Tisch und eine mehr als fünf Meter lange Sitzbank: Sie bilden das Herz des Apartments und bieten Platz zum Vorbereiten von Mahlzeiten, zum Essen und Arbeiten. Das große Schlafzimmer lässt sich dank des Schiebetürsystems problemlos zum Hauptraum hinzuschalten, wodurch eine angenehm großzügige Atmosphäre entsteht, die man so nicht erahnt hätte. Und so werden aus 70 Quadratmetern gefühlt das Doppelte: ein kleines großes Raumwunder in Barcelona!
FOTOGRAFIE Adrià Goula
Adrià Goula