Frischer Wind in der Scheune
Farbenfroher Umbau eines alten Wirtschaftsgebäudes in der Pfalz

Erika und Willis Scheune – so einfach und bescheiden wie der Projektname, den die Architekt*innen von Piertzovanis Toews ihrem Umbau im pfälzischen Albisheim gaben, so selbstverständlich präsentiert sich der gesamte bauliche Eingriff. Mit einem Haus-im-Haus-Konzept wurde das alte Wirtschaftsgebäude behutsam in ein Wohnhaus verwandelt.
Mit dem Kauf einer alten Scheune, Teil eines denkmalgeschützten Ensembles rund um eine Mühle aus dem 18. Jahrhundert, begann für die Bauherr*innen Erika und Willi gemeinsam mit dem Basler Architekturbüro Piertzovanis Toews ein mehrjähriger Prozess. Dabei wurden die unterschiedlichen Zeitschichten des alten Gemäuers durch eine einheitliche Gestaltung mit erkennbar zeitgenössischer Handschrift zusammengefasst. Das geringe Budget tat der Kreativität keinen Abbruch. Mit viel Engagement gingen die zukünftigen Bewohner*innen ans Werk. Abgesehen von der neuen Heizung und den Fenstern wurden alle Arbeiten in Eigenleistung umgesetzt. Minutiös vorbereitete, illustrierte Schritt-für-Schritt-Bauanleitungen halfen dabei.
Grob verputzt statt fein verspachtelt
Die typologischen und bauzeitlichen Besonderheiten der Scheune, wie ein großzügiges Raumvolumen, Bruchsteinmauerwerk und Holzfachwerk, galt es aufgrund ihrer architektonischen Qualität zu erhalten. Um dennoch den Wohnkomfort zu erhöhen, wurden sämtliche Außenwände innenseitig mit Kalziumsilikatplatten gedämmt und anschließend verputzt. Statt glatt gespachtelter Wände wurden die Oberflächen nur grob verputzt, um dem rustikalen Charakter des alten Holztragwerks zu entsprechen. Die ausreichende Belichtung war aufgrund des Denkmalschutzes eine Herausforderung. Ein langes Oberlicht in der Dachfläche und eine Loggia, die sich im Innenraum wie ein Glashaus abzeichnet, sorgen für eine ausreichende Versorgung mit Tageslicht.
Seekiefer statt Birke
Das offene Raumgefühl der ehemals als Heulager genutzten Scheune sollte in das neue Wohnkonzept übertragen werden. Funktionen wie Küche und Treppe sind daher in einzelnen Körpern angeordnet, die nach dem Haus-im-Haus-Prinzip in die große, schützende Hülle des zweigeschossigen Baus eingestellt sind. Insgesamt sind vier solcher Häuser im L-förmigen Bestandsbau positioniert. Sie sind mal aus Glas, mal aus Leichtbauwänden mit Seekiefersperrholzplatten geformt. Die Architekt*innen wählten Seekiefer, da die Maserung deutlicher hervortritt als bei Birke, zusätzlich angefeuert durch die anschließende Farbbeize.
Farbe statt neutraler Einbauten
Dank der unterschiedlichen Farbgebungen der einzelnen Häuser entsteht ein einfacher und wirkungsvoller Effekt der räumlichen Unterscheidung. Jeder Funktion ist eine Farbe zugeordnet: eine rote Treppe, eine grüne Küche, ein blaues Schlafzimmer. Hinter dieser Lust zur Farbe steckt die Entwurfsidee, dem dominanten Holztragwerk des Bestandsbaus ein kraftvolles Gegenüber zu präsentieren. Die leitende Frage im Entwurf war: Wie kann den rustikalen Elementen durch Kontrast aktuelle Frische verliehen werden? Dies ist in der farblichen Artikulierung der eingestellten Körper ebenso ablesbar wie in der Ausformulierung einzelner Möbelstücke. So wurden beim Esstisch knorrige Tischböcke mit einem präzise geformten, transluzenten Profilglas kombiniert, um etwas Eigenständiges, Neues und Zeitgenössisches zu schaffen.
FOTOGRAFIE Simone Bossi Simone Bossi
Mehr Projekte
Londoner in der Lombardei
Tuckey Design Studio verwandelt ein Wohnhaus am Comer See

Zwischen Stroh und Stadt
Nachhaltiges Wohn- und Atelierhaus Karper in Brüssel von Hé! Architectuur

Flexibel zoniert
Apartment I in São Paulo von Luiz Solano

Freiraum statt Festung
Familienhaus mit Innenhof in Bangalore von Palinda Kannangara

Kork über Kopf
Umbau eines Penthouse mit Korkdecke von SIGLA Studio in Barcelona

Drei Pavillons für ein Familiendomizil
Australisches Wohnhaus von Pandolfini Architects und Lisa Buxton

Ein Haus der Gegensätze
Kontrastreicher Neubau nahe Barcelona von Ágora

Die Magie der Entgrenzung
Luftiger Neubau Casa Tres Patis von Two Bo in Spanien

Raumsequenzen in der Grotte
Casa Gruta in Mexiko von Salvador Román Hernández und Adela Mortéra Villarreal

Altes Haus im neuen Licht
Familienwohnung von Jan Lefevere in Kortrijk

Mehr Platz fürs Wesentliche
Umbau eines Backstein-Cottage in London von ROAR Architects

Raum-Chamäleon
Flexibel nutzbarer Anbau in Brisbane von Lineburg Wang

Wohnräume mit Tiefgang
Innenausbau einer Villa am Rhein vom Düsseldorfer Studio Konture

Holz und Stein im alpinen Dialog
Apartmenthaus Vera von atelier oï und CAS Architektur in Andermatt

Haus mit zwei Gesichtern
Umbau eines Reihenhauses in Lissabon von Atelier José Andrade Rocha

Umbau am offenen Herzen
Ply Architecture transformierte einen Sechzigerjahre-Bungalow in Australien

Reise in die Vergangenheit
Studio Hagen Hall gestaltet ein Londoner Reihenhaus im Mid-Century-Stil

Downsizing als Designprinzip
Kompaktes Wohnhaus in Portugal von Atelier Local

Der Reiz der Reduktion
Innenarchitekt Ilkka Palinperä gestaltet ein Wohnhaus bei Helsinki

Authentische Askese
Apartment-Rückbau in Paris von Atelier Apara

Umbau im Anbau
Gianni Botsford erweitert Fosters Londoner Frühwerk

Visionen vom Wohnen
Design-Apartments auf der MDW 2025

Mit Ecken und Kurven
Umbau eines Reihenhauses in London von Pensaer

Raw in Rio
Von Säulen geprägter Wohnungsumbau von Estudio Nama

Nostalgie nach Mass
Belgravia Townhouse von Child Studio

Grobe Perfektion
Symbiose aus Beton und Holz in einem Apartment in Tokio von Kenta Hirayama

Appetitliches Apartment
Wohnungsumbau von Iva Hájková Studio in Prag

Raumwunder in Porto
Umbau eines portugiesischen Mini-Häuschens von Spaceworkers

Hygge auf Tschechisch
Umbau des Cottage Two Sisters von Denisa Strmiskova Studio im Isergebirge

Raum für Revolutionen
Flexibles Wohnen in San Sebastián von Ismael Medina Manzano
