Höhlenzauber
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Die Therme Vals in dem gleichnamigen kleinen Schweizer Dorf hat es vorgemacht: Orte der Ruhe dürfen ebenso aussehen und entsprechend gelegen sein. Statt exzessivem Handtuch-Plüsch, Blumen-Arrangements und ländlichem Naturholz-Charme kommunizieren solche Wellness-Zentren Zurückhaltung. Dunkle Steinwände, eine klare Geometrie und wenig visuelle Ablenkung sorgen dafür, dass die Architektur zurücktritt und der Entspannung Raum gibt. Im österreichischen Flachau, einer kleinen Gemeinde im bergigen Landesinneren, findet sich jetzt ein weiterer kontemplativer Ort der Entspannung: das Spa des Hotels Alpenhof.
Wer aufs Land fährt, sucht oft auch die urige Atmosphäre des Lokalen. Was wäre ein Schwarzwaldaufenthalt ohne Kuckucksuhr und Bommelhüte oder ein Wanderurlaub ohne Kuhglocken und Kaminfeuer in der Bauernstube? Von außen gesehen scheint der Urlauber im Alpenhotel genau das zu bekommen: Vor dem malerischen Bergpanorama liegt ein großzügiges Landhaus mit Holzbalkonen und üppig bepflanzten Blumenkästen. Doch an einer Stelle wird die Tradition gebrochen: An der zum Berg gelegenen Gebäudeseite ist ein puristisch in Weiß gehaltener Gebäudeblock angegliedert, in dem der Wellness-Bereich des geschichtsreichen Hauses untergebracht ist.
Designhotel in Alpenarchitektur
Die Inhaber des Hotels, Eugen und Silvia Fischbacher, führen den Alpenhof schon in zweiter Generation. 1900 als Gasthaus eröffnet, wurde dieser 1962 in das ersten Hotel der Region umgewandelt. Mit den steigenden Tourismuszahlen des gerade einmal knapp 2.700 Einwohner zählenden Dorfes wuchs auch der Bedarf an Betten – und an einem Ausgleich zum Wandern, Radeln oder Skifahren. Als dann vor zwei Jahren eine Erweiterung des Wellness-Bereichs geplant wurde, trafen die beiden Inhaber die Entscheidung, zur traditionellen Architektur ihres Hauses mit dem modernen Spa einen Gegenpol zu schaffen, dessen reduzierte und moderne Gestaltung sich auch in den Zimmern des Hauses fortsetzt.
Badegrotte aus Glimmerschiefer
Geplant wurde das Wellness-Areal von Thomas Lechner und seinem Büro LP architektur. Der Zugang erfolgt direkt von der ersten Etage des Haupthauses. Saunen, Dampfbäder sowie Außen- und Innenschwimmbecken bieten Räume mit unterschiedlicher Intimität. Im Zentrum liegt das Warmbecken, das von Funktionsräumen wie den Duschen, einer Infrarotkabine und einem Dampfbad auf drei Seiten umschlossen wird. Weil der gesamte Baukörper mit anthrazitfarbenem Glimmerschiefer und ohne sichtbare Fugen verkleidet wurde, bekommen die Räume und das Becken einen höhlenartigen Charakter. Durch die Kombination mit Ulmen- und Teak-Holz, das sich bei den Möbeln und als Deckenverkleidung wiederfindet, strahlt das Spa trotz der dominierenden Steinflächen eine warme Atmosphäre aus. Nach einem Tag in den Bergen soll Ablenkung hier bewusst vermieden werden und die Architektur zum Ausruhen einladen. Erst zum Garten hin öffnet sich das Gebäude in die alpine Landschaft, die thematisch durch den Naturstein und die Holzflächen schon beim Interieur zitiert wird. Dadurch, dass es keine Zonierung über Türen und Gänge gibt, sondern die Bereiche als sich öffnende Volumen den Raum definieren, fällt das Licht in Kaskaden durch die breite Fensterfront und wird weiter hinten durch die Geometrie gebrochen. Am Fenster findet sich der Liegebereich, der wie ein langer, schmaler Wintergarten zu drei Seiten verglast ist und die österreichische Alpenszenerie in den Raum holt. Ebenso offen zur Natur liegt das Hallenbad im Obergeschoss, das sich über einen Schwimm-Kanal zum Außenbecken in den Garten fortsetzt. Der Raum weist nach Südosten und bietet neben dem Becken einen großzügigen Ruhebereich, der mit weiteren Liegen ausgestattet ist.
Design trifft Österreich
Wie gut das Design-Konzept von den Besuchern angenommen wird, belegen die jüngsten Umbauarbeiten. Passend zum Spa wurde der Restaurant- und Lobby-Bereich umgestaltet. Thomas Lechner, der auch hier für diese Planung verantwortlich zeichnet, beschreibt seine Herangehensweise an das Projekt Alpenhof rückblickend so: „Die Herausforderung des Umbaus lag darin, trotz des modernen Designs auch den alpinen Charakter des Hotels zu erhalten. Auf diese Weise schlagen wir gekonnt eine Brücke zwischen Tradition und Moderne, die trotz des stylischen Ambientes auch österreichischen Flair vermittelt.“
FOTOGRAFIE Susanne Reisenberger-Wolf
Susanne Reisenberger-Wolf
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