Hölzernes Refugium
Giona Bierens de Haan hat ein Schweizer Bergchalet umgebaut

Buchstäblich jeden Winkel hat sich der Genfer Architekt Giona Bierens de Haan beim Umbau des Chalets Perfect Day aus den Sechzigerjahren im Schweizer Wallis vorgenommen – zumindest im Inneren. Das im traditionellen Alpenstil erbaute Wohnhaus wurde komplett entkernt, die Raumaufteilung überarbeitet und nahezu jede Oberfläche im Interieur mit naturbelassenem Holz verkleidet. Außen traditionell, innen minimalistisch, entstand so ein behagliches Familienrefugium für „perfekte Tage“ inmitten der alpinen Bergwelt.
Zinal ist ein beschauliches Dorf auf 1.700 Metern Höhe im Val d’Anniviers. Es liegt im französischen Teil des Kantons Wallis. Zinal war ursprünglich eine Alm und wurde im 19. Jahrhundert als Tor zu den hohen Alpengipfeln zum Ziel der ersten englischen Tourist*innen. Mit dem Umbau ihres Bergchalets wollte sich die Bauherrenfamilie den Traum eines alternativen Lebensstils fernab der Großstadt erfüllen.
Das Gebäude hat einen L-förmigen Grundriss und besteht aus einem halb in den Hang gebauten Sockelgeschoss, einem Erdgeschoss und einem Obergeschoss. Entsprechend der lokalen Bautradition handelt es sich um ein Holzhaus in Blockbauweise, das auf einem Sockel aus behauenen Feldsteinen errichtet wurde. Den oberen Abschluss bildet ein flaches Satteldach mit großem Dachüberstand und Holzschindeldeckung. Das Gebäude wird über einen hangseitigen Zugang erschlossen. Sowohl das Erdgeschoss als auch das Obergeschoss verfügen über Balkone zur Talseite.
Fokus auf Gemeinschaftsflächen
Der Leitgedanke bei der Überarbeitung des Grundrisses war, einerseits die Gemeinschaftsflächen und andererseits die Anzahl der Schlafplätze zu maximieren. Im Ergebnis entstanden ein großer Wohn-Essbereich im Erdgeschoss und mehrere kompakte Schlafräume im Sockel- sowie im Obergeschoss. Das Sockelgeschoss nimmt zwei Schlafzimmer, einen Skiraum, ein Badezimmer sowie den Technikraum auf. Im Obergeschoss finden noch einmal zwei Schlafräume und ein Bad Platz. Jedes Zimmer ist mit einem Doppelbett ausgestattet, sodass acht Personen komfortabel Platz finden. Weitere Schlafmöglichkeiten bietet bei Bedarf das Wohnzimmer.
Der offene Wohnbereich mit Küche, Esszimmer und Salon ist das Herzstück des Hauses. Küche und Esszimmer profitieren von viel Luftraum bis unter das Dach, da sich das Obergeschoss ausschließlich oberhalb des Salons befindet. Letzterer hat ein um zwei Stufen abgesenktes Bodenniveau, was Reminiszenzen an die „Sunken Living Rooms“ der Sechziger- und Siebzigerjahre weckt und ausgesprochen gemütlich wirkt. Darüber hinaus erzeugt die Split-Level-Lösung eine sinnhafte Separierung im offenen Raumkonzept.
Minimalistische Holzwelt
Die Innenraumgestaltung ist minimalistisch: Alle Wand- und Deckenflächen sowie die Einbauten der Wohnräume im Erdgeschoss bestehen aus gebleichten dreischichtigen Kiefernholzplatten. Lediglich die Böden aus hellgrauem Linoleum im Erdgeschoss und dunkelblauem Linoleum in den Schlafräumen sowie einzelne Wände im Treppenhaus aus Lehmziegelmauerwerk weichen vom Holzkonzept ab. Deckenbalken und sichtbare Dachpfetten heben sich durch eine dunkle Beize ab, während der sandige Farbton der Sofapolster im Wohnbereich mit dem hellen Holz korrespondiert.
Zentraler Blickfang und Garant für Behaglichkeit in frostigen Winternächten ist der mit gerundetem Naturstein verkleidete Kaminofen. Einen Farbtupfer in der Vollholzwelt erlaubte sich das Gestaltungsteam in Form des Vorhangs vor den bodentief verglasten Terrassentüren im Salon. Der textile Behang mit einem leuchtend roten Sternmotiv auf grauem Grund stammt von Lundi Piscine. Das in Genf ansässige Atelier hat sich auf die Herstellung von Unisex-Mode und Textilien mit nachhaltigen, ethischen und handwerklichen Werten spezialisiert.
FOTOGRAFIE Dylan Perrenoud Dylan Perrenoud
Mehr Projekte
California Cool
Mork-Ulnes Architects restaurieren das Creston House von Roger Lee in Berkeley

40 Quadratmeter Einsamkeit
Ländliches Ferienhaus von Extrarradio Estudio in Spanien

Von der Ruine zum Rückzugsort
Wertschätzender Umbau von Veinte Diezz Arquitectos in Mexiko

Zwischen Alt und Neu
Architect George erweitert Jahrhundertwendehaus in Sydney

Co-Living mit Geschichte
Umbau des historischen Metropol-Gebäudes von BEEF architekti in Bratislava

Aus dem Schlaf erwacht
Kern Architekten sanieren das Vöhlinschloss im Unterallgäu

Archäologie in Beton
Apartment-Transformation von Jorge Borondo und Ana Petra Moriyón in Madrid

Geordnete Offenheit
Umbau eines Einfamilienhauses von Max Luciano Geldof in Belgien

BAYERISCHES DUO
Zwei Wohnhäuser für drei Generationen von Buero Wagner am Starnberger See

Über den Dächern
Umbau einer Berliner Penthousewohnung von Christopher Sitzler

Schwebende Strukturen
Umbau eines maroden Wohnhauses von Bardo Arquitectura in Madrid

Camden Chic
An- und Umbau eines ehemaligen Künstlerateliers von McLaren.Excell

Aus Werkstatt wird Wohnraum
Umbau im griechischen Ermionida von Naki Atelier

Londoner in der Lombardei
Tuckey Design Studio verwandelt ein Wohnhaus am Comer See

Zwischen Stroh und Stadt
Nachhaltiges Wohn- und Atelierhaus Karper in Brüssel von Hé! Architectuur

Flexibel zoniert
Apartment I in São Paulo von Luiz Solano

Freiraum statt Festung
Familienhaus mit Innenhof in Bangalore von Palinda Kannangara

Kork über Kopf
Umbau eines Penthouse mit Korkdecke von SIGLA Studio in Barcelona

Drei Pavillons für ein Familiendomizil
Australisches Wohnhaus von Pandolfini Architects und Lisa Buxton

Ein Haus der Gegensätze
Kontrastreicher Neubau nahe Barcelona von Ágora

Die Magie der Entgrenzung
Luftiger Neubau Casa Tres Patis von Two Bo in Spanien

Raumsequenzen in der Grotte
Casa Gruta in Mexiko von Salvador Román Hernández und Adela Mortéra Villarreal

Altes Haus im neuen Licht
Familienwohnung von Jan Lefevere in Kortrijk

Mehr Platz fürs Wesentliche
Umbau eines Backstein-Cottage in London von ROAR Architects

Raum-Chamäleon
Flexibel nutzbarer Anbau in Brisbane von Lineburg Wang

Wohnräume mit Tiefgang
Innenausbau einer Villa am Rhein vom Düsseldorfer Studio Konture

Holz und Stein im alpinen Dialog
Apartmenthaus Vera von atelier oï und CAS Architektur in Andermatt

Haus mit zwei Gesichtern
Umbau eines Reihenhauses in Lissabon von Atelier José Andrade Rocha

Umbau am offenen Herzen
Ply Architecture transformierte einen Sechzigerjahre-Bungalow in Australien

Reise in die Vergangenheit
Studio Hagen Hall gestaltet ein Londoner Reihenhaus im Mid-Century-Stil
