Im Licht der Kuppeln
Umbau eines Berliner Lofts von FAR frohn&rojas
FAR frohn&rojas transformierten eine Büroetage aus den 1930er-Jahren durch ein zweistöckiges Regal, das den Saal in verschiedene Wohn- und Funktionsbereiche gliedert. Drei raumgreifende Deckenleuchten, inspiriert von ikonischen Kuppelbauten, setzen eine große Geste und verleihen dem Loft einen Hauch von Legende.
Die Wohnung befindet sich im Haus am Köllnischen Park, einem denkmalgeschützten ehemaligen Verwaltungsgebäude der AOK im Stadtteil Mitte, das zwischen 1930 und 1933 nach Plänen von Albert Gottheiner errichtet wurde. Der expressionistische Klinkerbau diente während der DDR-Zeit als Sitz der Parteihochschule „Karl Marx“ der SED und wurde im Volksmund als „Rotes Kloster“ bekannt. Nach der Wiedervereinigung ging das Gebäude zurück an die AOK, die es bis 2003 nutzte. Anschließend wechselte es mehrfach den Besitzer, bis ab 2014 die umfassende Sanierung und Umwandlung zu hochwertigen Wohnungen begann.
Raumregal mit gliedernder Wirkung
Der Ausgangspunkt des Lofts war ein offener, L-förmiger Grundriss mit hohen, nach Norden und Süden ausgerichteten Fenstern. Ziel war es, diese Großzügigkeit zu erhalten und dennoch klare Zonen für Wohnen, Arbeiten und Rückzug zu schaffen. Statt den Raum durch Wände oder Boxen zu fragmentieren, entwickelten die Architekt*innen ein an die Westwand gerücktes, zweistöckiges Raumregal, das die Fläche in verschiedene Funktionsbereiche auf zwei Ebenen unterteilt. Eingangszone, Küche, Arbeitsecke und Badezimmer befinden sich im Erdgeschoss. Das Galeriegeschoss dient als Schlafplatz und Leseecke und bietet zudem ein zweites Badezimmer. Die privaten Bereiche sind diskret in das Raumregal integriert beziehungsweise davon verdeckt: Das Hauptbad und das Schlafzimmer liegen abseits der Hauptraumachse und sind nur durch das Umrunden des Wohnregals zugänglich.
Pantheon, Schauspielhaus und Geodätische Kuppel
Die drei überdimensionalen Kuppelleuchten mit jeweils drei Metern Durchmesser dominieren den großen Raum und weisen zugleich unterschiedliche Wohnbereiche aus. Dabei ist jede Leuchte die Interpretation eines architektonischen Vorbilds: Über dem der Küche vorgelagerten Essbereich schwebt eine transluzente Leuchte aus Polycarbonat, die die charakteristische Kassettierung des Pantheons in Rom zitiert. In der Raummitte lässt eine Metallleuchte die berühmte, von den Nationalsozialisten zerstörte Tropfsteindecke in Hans Poelzigs Großem Schauspielhaus in Berlin wieder aufleben. Die dritte Leuchte, eine Geodätische Kuppel nach dem Vorbild von Buckminster Fuller, besteht aus Holz und vermittelt eine warme, wohnliche Atmosphäre – ideal für den seitlichen Wohnbereich.
Ein keilförmiger Vorhang, der sich um die Poelzig-Kuppel schmiegt und somit unweigerlich an einen Theatervorhang erinnert, ermöglicht eine flexible Unterteilung der Bereiche. Die Kuppeln spielen nicht nur mit architektonischen Referenzen, sondern auch mit Licht und Schatten. Nachts werfen sie komplexe Muster an die Wände und Decken und tauchen den Raum in ein theatralisches Licht.
Bürocharme und Legendenbildung
Doch nicht nur die Leuchten verbeugen sich vor der Geschichte. Auch die Materialität und nicht zuletzt die Atmosphäre des Lofts scheint Bezug zu nehmen auf den historischen Bestand. Der durchgehend verlegte Gussasphaltestrich erinnert an die Verwaltungsnutzung der 1930er-Jahre. Akustikelemente aus Filz, Schranktüren und Regale aus pulverbeschichtetem Stahl in Weiß und Lichtgrau verströmen den sachlichen Bürocharme der 1990er- und 2000er-Jahre. Ergänzt wird dies durch Trennwände aus transluzentem Industrieglas, funktionale LED-Leuchtröhren und Rasterleuchten, die das Galeriegeschoss erhellen. Dieses ist mit Auslegeware ausgestattet und kann durch einen Verdunkelungsvorhang der Länge nach abgetrennt werden.
Wären da nicht die großzügig ausgelegte Küche, die geräumigen Badezimmer und das versteckte Schlafzimmer – Besucher*innen könnten meinen, sie befänden sich in den Räumen eines Kreativbüros oder einer Agentur. Das wird sich ändern, sobald das Loft eingerichtet ist. Was aber (hoffentlich) bleiben wird, ist die Dominanz der Kuppelleuchten und damit ein Hauch von Legende.
FOTOGRAFIE Tobias Wootton Tobias Wootton