Im Wilden Diorama
Gut verstecktes Ferienhaus in Arizona von DUST
Es wirkt wie die architektonische Quintessenz dieser Landschaft: Ein Haus, reduziert auf das Wesentliche, das sich perfekt in sein Umfeld einfügt und seinen Bewohnern allein das bietet, was zum Überleben nötig ist. Mitten im wirklich wilden Westen der USA, an der Grenze zu Mexiko, steht die Casa Caldera und erzählt Geschichten von Vulkanen, Folklore und dem Schutz vor natürlichen Feinden.
Der Bauherr sehnte sich nach Ruhe und Zurückgezogenheit – und einem Platz zum Leben und Schlafen im Freien. Das Architekturbüro DUST lieferte ihm alles und noch viel mehr: Sie übernahmen auch den Bau des Hauses und der Möbel.
Gut versteckt
Das Erlebnis Casa Caldera beginnt schon bei der Anreise: Zwei Stunden Autofahrt von der Stadt Tucson entfernt, gelangt man in das San Rafael Valley im Madrean Archipel, eine Landschaft, wie man sie aus klassischen amerikanischen Western kennt. Staubig-trockene Erde, Kakteen sowie die berühmten, Himmelsinseln genannten Erhebungen, die aus der Einöde empor steigen, prägen eine unwirkliche Atmosphäre. Über einen Feldweg gelangt man tiefer in die unberührte Natur, und wie aus dem Nichts taucht auf einmal das Haus vor den Besuchern auf, gut versteckt zwischen ein paar Roteichen und Büschen. Das einem das Gebäude erst auffällt, wenn man direkt davor steht, hat aber noch einen ganz anderen Grund: Es hat die gleiche Farbe wie die Erde, auf der es steht. DUST benutzte als Baumaterial ein Gemisch aus Zement, Wasser und vor Ort gewonnenem und zermahlenem Vulkangestein. Dadurch besitzt der Beton eine matte Rottönung, die ihn mit seiner Umgebung verschmelzen lässt.
Schutz und Öffnung
Von außen betrachtet, sieht die gerade einmal 90 Quadratmeter große Casa Caldera aus wie ein Bunker, da die massiv wirkende Gebäudehülle von nur wenigen, kleinen Fensteröffnungen durchdrungen wird. Wie Schießscharten sitzen sie leicht nach innen versetzt in den Winkeln des Hauses. Damit wurde auf den expliziten Wunsch der Bauherren eingegangen, dass das Gebäude Schutz bieten und vor allem während der Abwesenheit der Bewohner gesichert sein sollte. Doch bei Bedarf lässt sich das Haus auch komplett öffnen: An zwei gegenüberliegenden Seiten wurden große, faltbare Flügeltüren aus angerostetem Stahlblech installiert. Sie lassen sich vollständig oder auch nur teilweise öffnen. Der dielenartige Raum, der sich zwischen den zwei Ausschnitten auftut, ist das Ergebnis des Bauherrenwunsches, im Freien wohnen und schlafen zu können, wenn es die Witterung zulässt. Daher entwickelte DUST die sogenannte Zaguan: eine luftige Vorhalle, von der aus die Bewohner Zugang zu den angrenzenden Räumen haben. Auf der einen Seite liegt hinter einer Glaswand der Wohnraum samt Kamin. Auf der anderen Seite befinden sich hinter einer geschlossenen Holzwand die beiden Schlaf- und das Badezimmer.
Fenster als Diorama
Bei geöffneten Flügeltüren entsteht eine einzigartige Situation: Die Landschaft wird in einem Diorama als dreidimensionale Inszenierung dargeboten. Und die Räume können, gerade bei hohen Temperaturen, quergelüftet und abgekühlt werden. Die auf den ersten Blick grob verarbeiteten Türen weisen bei genauerem Hinschauen ein interessantes Detail auf: Die Griffe sind außen wie innen mit Kuhleder bezogen. Eine spannende Haptik und ein weiterer Bezug zur Geschichte des Ortes. Neben den Drückern haben die Architekten auch nahezu alle anderen Bestandteile des Hauses in Eigenregie gefertigt: von den Wänden über die Türen und Fenster bis hin zu den lederbezogenen Möbeln. Die Vision der Architekten, dass die Wahrnehmung eines Gebäudes bereits lange vor seinem Betreten beginnt und auch durch unbewusste Erfahrungen wie dem Anfassen eines Türöffners geprägt ist, wird bei der Casa Caldera bis ins kleinste Detail durchexerziert. Ein Haus als durch und durch sinnliches Erlebnis.
FOTOGRAFIE ESTO/ Jeff Goldberg
ESTO/ Jeff Goldberg
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