In einem Bächlein helle
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Ein Bach – er kann in Flüsse, in Seen oder gar in Meere münden. Oder als Inspirationsquelle dienen, wie nicht nur zahlreiche literarische und musikalische Zeugnisse wie Schuberts Forelle, sondern auch das neue Gebäude der Therme Wien beweisen. Entworfen vom Stuttgarter Büro 4a Architekten, ist das Grundmotiv der Anlage im Süden der österreichischen Hauptstadt ein Bachlauf, der sich zwischen Steinen hindurch windet, sie umspült und mal enger, mal breiter wird.
Das Architekturbüro 4a, 1990 von Matthias Burkart, Eberhard Pritzer, Alexander von Salmuth und Ernst Ulrich Tillmanns gegründet, folgt einer Gestaltungsphilosophie, in der ein spielerischer Umgang mit dem Raum und die Nutzerfreundlichkeit im Mittelpunkt stehen. Dementsprechend gestalteten die Architekten die 64.000 Quadratmeter große Therme Wien nicht als große offene Halle mit unterschiedlichen Badearealen. Vielmehr gaben sie jedem einzelnen Bereich eine entsprechende Architektur und eigene Stimmung, und legten die Anlage wie einen langen Bachlauf mit sogenannten Themensteinen an, denen es auf einem sich immer wieder weitenden und verengenden Pfad zu folgen gilt. Die Steine sind je nach Gebrauch und Nutzung gestaltet: großzügige, meist zweigeschossige Räume mit großen Fensterfronten für die lebendigen Bereiche, niedrigere, nach außen geschlossene Räume für die Ruhezonen.
Die Jahreszeiten
Die Raumchoreografie wird von dem Farb-, Material- und Lichtkonzept unterstrichen. Die Basis bilden ruhige Weiß-, Beige- und Grautöne, die als Keramikbeläge oder Betonoberflächen an Böden und Wänden verwendet werden. Einen schönen Kontrast und farblichen Akzent dazu bilden die nach den vier Jahreszeiten gestalteten Mosaikdecken.
Das Steinprinzip
Betritt der Besucher das Gebäude, findet er sich in dem weitläufigen Foyer, der sogenannten Flussmündung, wieder. Rechts von diesem liegt das Spa, das mit Gesichts- und Körperbehandlungen aufwartet; geradeaus – oder flussaufwärts – gelangt der Besucher zunächst in die Umkleidekabinen und weiter in die Thermalhalle I, dem eigentlichen Ausgangspunkt der Wasserlandschaft. Hier gibt es ein großes Innen- und Außenbecken mit integriertem Whirlpool. Eine große Glasfront lässt den Gast auf die umgebene Parklandschaft blicken – und auf die Schwimmenden im Außenbecken. Die hohen Decken sind mit einem Deckenmosaik in frischen Grüntönen versehen, das dem ansonsten zurückhaltend gestalteten Raum einen lebendigen Farbeffekt verleiht.
Die Schlucht
Weiter geht es durch einen schmalen Gang – eine Art Schlucht – in die nächste Halle zum Stein der Ruhe, der ein Relax-, Sole- und Grottenbecken umfasst. Im Unterschied zur ersten Thermenhalle mit den bunten Decken verzichten die Architekten hier auf Farbvielfalt, um sie von der Außenwelt ein wenig abzuschirmen. Stattdessen wählten sie für diesen Bereich sanfte Erdfarben: braune Wände, hölzerne Böden, lediglich im Grottenbecken haben sie durch die Verwendung von dunklem Putz und Keramikbelag eine höhlenartige Stimmung geschaffen.
Die Felslandschaft
Die angrenzende Thermenhalle II öffnet sich wiederum nach außen und spielt – wie bereits die Thermenhalle I – mit der Höhe des Raums, seinen bunten Decken und den großen Glasfronten, die auch hier einen schönen Ausblick in die Parklandschaft bieten. Es gibt ebenfalls ein großes Außen- und Innenbecken, in diesem Fall ausgestattet mit zusätzlichen Massagedüsen. Der Halle gegenüber befindet sich der Erlebnisstein, der insbesondere Kinder anspricht. Dort gibt es Rutschen, Wildwasserkanäle, Erlebnisbecken sowie einen Wasserspielpark. Das Deckenmotiv ist in diesem Raum in frischen Blau- und Weißtönen gehalten und soll an ein winterliches Eismeer erinnern. Ein Sprungturm lässt an eine bizarre Felsenlandschaft denken, aus der die Sprungplattformen herausragen.
Der Schwitzkasten
Doch damit nicht genug: Den Abschluss bildet der Saunabereich, Saunastein genannt. Auf einer Fläche von 3.000 Quadratmetern und über zwei Geschosse verteilt, wird hier mit einer finnischen Sauna, einer Biosauna, einem Dampfbad und einem Laconium – einem trockenen Schwitzraum nach altrömischem Vorbild – aufgewartet. Im Erdgeschoss befindet sich der gemischte Bereich; er wird von Glasmosaiken in warmen Erdtönen charakterisiert, während die Wände mit Eichenholz verkleidet sind. Der Damenbereich im Obergeschoss ist in hellen Tönen gehalten: eine helle Ahornverkleidung, ein rosafarbenes Glasmosaik sowie ein eierschalenfarbener Boden. Und bei den Herren? Der Kontrast zu den Damen könnte größer nicht sein: Ein dunkler Boden, ein leuchtend rotes Glasmosaik und dunkles Holz kommen hier zum Einsatz.
FOTOGRAFIE Cathrine Stukhard
Cathrine Stukhard
Links
4a Architekten
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