Katalanisches Kontinuum: eine introvertierte Wohnskulptur
Die Treppe ist der Star: Das spanische Architekturkollektiv P-M-A-A hat vor Barcelona ein Wohnhaus mit enormer räumlicher Vielfalt ausgebaut.

Das verschlossen wirkende Wohnhaus in der katalanischen Kleinstadt Sant Feliu de Llobregat vor Barcelona gibt von außen Rätsel auf. Wo befindet sich der Eingang? Welche Nutzung verbirgt sich in seinem Inneren? Umso überraschender ist das, was die Besucher nach Betreten des Gebäudes erwartet: eine introvertierte Wohnskulptur mit enormer räumlicher Vielfalt.
Die Geschichte des Umbaus beginnt mit dem immobilien- und gesellschaftspolitischen Statement einer Familie, die ihr Haus nicht an den Meistbietenden, sondern für einen wesentlich niedrigeren Preis an einen Freund verkauft. Der ideelle Charakter des Projekts blieb auch in der Folge, und während der sieben Jahre andauernden Ausbau- und Renovierungsarbeiten, erhalten, bei denen der Bauherr und viele seiner Freunde selbst Hand anlegten – unter Anleitung des jungen Architekturkollektivs P-M-A-A.
Aufgefüllte Lücke
Von außen erinnert das Haus an die Schichtung von Gesteinsmassen: Unterschiedliche Ebenen heller Oberflächen von Putz über Metall hin zu und weiß gestrichenen Ziegeln, liegen übereinander und füllen die Lücke zwischen zwei Gebäuden. Nur ein Balkonfenster im Obergeschoss deutet auf seine Funktion als Wohnhaus hin und liefert gleichzeitig einen Verweis auf dessen Historie. Eine Eingangstür ist nicht zu erkennen – denn es gibt auch keine. Betreten wird das Haus über ein Garagentor, das die Architekten etwas zurückgesetzt in das Erdgeschoss eingefügt haben.
Die Treppe ist der Star
Das Innere der Casa Descuadra beeindruckt mit seiner räumlichen Verspieltheit, schräg gestellten Wänden und Liebe zum Detail. Nach dem Eingangsbereich, unmittelbar hinter dem Garagentor, geht es direkt in die Küche, an die sämtliche Wohn- und Außenräume angegliedert sind: ein Lichtschacht und ein Innenhof mit anschließendem Arbeitszimmer sowie die im Obergeschoss liegenden Schlafräume. Die Treppe, die beide Etagen miteinander verbindet, ist der heimliche Star des Projekts – wie eine minimalistische Skulptur mäandert sie durch das Gebäude und generiert eindrucksvolle und ungewöhnliche Raumgebilde um sich herum.
Während das Erdgeschoss über helle, steinerne Oberflächen verfügt, ist die obere Etage mit einem Dielenboden ausgestattet, der sich auch an den Wänden eines Stauraums fortsetzt. Wie ein Scharnier wurde dieser zwischen den Schlafzimmern platziert. Das hölzerne Volumen dient nicht nur der Aufnahme von Kleidungsstücken, seine Decke ist gleichzeitig auch Zwischenpodest auf dem Weg zum Dach – dem inoffiziellen Wohnzimmer des Hauses. Über eine weitere, in diesem Fall mobile, Treppe kann man auf das Raumgebilde und von dort aus weiter ins Freie steigen: Kontinuität bleibt das raumdefinierende Medium.
FOTOGRAFIE José Hevia
José Hevia
Casa Descuadra
Wohnhaus in Sant Feliu de Llobregat, Barcelona / 160 Quadratmeter / Planungszeitraum: 2010–17 / Team: Albert Guerra, Magda Barceló
Mehr Projekte
Gebaut für Wind und Wetter
Ferienhaus im schwedischen Hee von Studio Ellsinger

Ein Dorfhaus als Landsitz
Wohnumbau von Ricardo Azevedo in Portugal

Ein offenes Haus
Feministischer Wohnblock Illa Glòries von Cierto Estudio in Barcelona

Harte Schale, weicher Kern
Unkonventionelles Einfamilienhaus in Mexiko von Espacio 18 Arquitectura

Zwischen Bestand und Zukunft
Umbau einer Kölner Doppelhaushälfte durch das Architekturbüro Catalanoquiel

Offen für Neues
Nachhaltige Renovierung einer flämischen Fermette durch Hé! Architectuur

Baden unter Palmen
Studio Hatzenbichler gestaltet ein Wiener Loft mit Beton und Grünpflanzen

Maßgeschneidertes Refugium
Georg Kayser Studio verbindet in Barcelona Altbau-Charme mit modernem Design

Rückzugsort im Biosphärenreservat
MAFEU Architektur entwirft ein zukunftsfähiges Reetdachhaus im Spreewald

Im Dialog mit Le Corbusier
Umbau eines Apartments im Pariser Molitor-Gebäude von RREEL

Warschauer Retrofuturimus
Apartment mit markantem Raumteiler von Mistovia Studio

Trennung ohne Verluste
Ferienhaus im Miniformat auf Usedom von Keßler Plescher Architekten

Architektur auf der Höhe
Wohnhaus-Duo von Worrell Yeung im hügeligen New York

Architektur im Freien
Pool und Pergola von Marcel Architecten und Max Luciano Geldof in Belgien

California Cool
Mork-Ulnes Architects restaurieren das Creston House von Roger Lee in Berkeley

40 Quadratmeter Einsamkeit
Ländliches Ferienhaus von Extrarradio Estudio in Spanien

Von der Ruine zum Rückzugsort
Wertschätzender Umbau von Veinte Diezz Arquitectos in Mexiko

Zwischen Alt und Neu
Architect George erweitert Jahrhundertwendehaus in Sydney

Co-Living mit Geschichte
Umbau des historischen Metropol-Gebäudes von BEEF architekti in Bratislava

Aus dem Schlaf erwacht
Kern Architekten sanieren das Vöhlinschloss im Unterallgäu

Archäologie in Beton
Apartment-Transformation von Jorge Borondo und Ana Petra Moriyón in Madrid

Geordnete Offenheit
Umbau eines Einfamilienhauses von Max Luciano Geldof in Belgien

BAYERISCHES DUO
Zwei Wohnhäuser für drei Generationen von Buero Wagner am Starnberger See

Über den Dächern
Umbau einer Berliner Penthousewohnung von Christopher Sitzler

Schwebende Strukturen
Umbau eines maroden Wohnhauses von Bardo Arquitectura in Madrid

Camden Chic
An- und Umbau eines ehemaligen Künstlerateliers von McLaren.Excell

Aus Werkstatt wird Wohnraum
Umbau im griechischen Ermionida von Naki Atelier

Londoner in der Lombardei
Tuckey Design Studio verwandelt ein Wohnhaus am Comer See

Zwischen Stroh und Stadt
Nachhaltiges Wohn- und Atelierhaus Karper in Brüssel von Hé! Architectuur

Flexibel zoniert
Apartment I in São Paulo von Luiz Solano
