Konstruktiv in Tel Aviv
Der Umbau eines 78-Quadratmeter-Apartments in Jaffa
In Jaffa, dem historischen Viertel von Tel Aviv, hat der Innenarchitekt Eitan Cohan ein 78 Quadratmeter großes Apartment umgebaut. Dabei musste er drei Dinge unter einen Hut bringen: Ein offenes Raumgefüge, viel Tageslicht und genügend Platz, um Gäste zu empfangen.
Grundrisse sind ein Hinweis. Aber gewiss kein Regelwerk, das es eisern zu befolgen gilt. Als die Bauherren ihre neue Wohnung gekauft hatten, war das Haus noch mitten in der Projektierung. Genügend Zeit also, um die vorgegebene Raumaufteilung in Frage zu stellen. Diese Aufgabe übernahm der Innenarchitekt Eitan Cohen, der sein 2010 gegründetes Studio ETN ebenfalls in Tel Aviv unterhält. Er verzichtete auf die Mauer zwischen Wohnzimmer und Küche – und zog stattdessen eine gläserne Trennwand ein. Der einst zum Kochen ausgewiesene Raum wird nun als Schlafzimmer genutzt, das sich durch die transparenten Scheiben zu einem Open Space hin öffnet. Die Funktionen Wohnen, Kochen und Arbeiten sind dort auf untrennbare Weise miteinander verwoben.
Galanter Höhensprung
„Nicht ein einziges Objekt ist Standard. Innenstadtwohnungen sind sehr klein, und so müssen wir Gestalter kreative Lösungen finden, um den vorhandenen Raum auszunutzen“, sagt Eitan Cohan. Im Mittelpunkt des Open Space steht eine große Insel. Auf der einen Seite ist ein kubisches Sofa platziert. An dessen Rückseite grenzen zwei Tische auf unterschiedlichen Höhen an: Ein niedriger Esstisch mit einer weißen Laminatoberfläche. Daneben, um etwa zwanzig Zentimeter angehoben, folgt ein weiterer Tisch mit einer Platte aus weißem Carrara-Marmor. Er erfüllt mehrere Aufgaben: Er dient als zusätzliche Ablage zum Kochen und Zubereiten. Dank zweier, davor platzierter Barhocker kann er für ein informelles Essen oder zum Aperitif genutzt werden. Zudem dient die Natursteinebene als dekorative Bühne – auf der ein weißer Porzellanhase oder eine zylindrische Glasvase platziert sind.
Kulinarisches Heimkino
Weil die Tische direkt an das Sofa angrenzen, ergibt sich eine Sitzordnung, die Assoziationen an ein miniaturisiertes Varieté erweckt. In der ersten Reihe das Sofa, dahinter die Tische, an denen rückseitig zwei filigrane Holzstühle sowie die beiden Barhocker platziert sind. Man sitzt sich nicht gegenüber, sondern schaut kollektiv nach vorne: Auf einen Fernseher, der direkt an die Wand montiert ist und den Raum in ein veritables Heimkino verwandelt. Um die Dominanz des Gerätes im ausgeschalteten Zustand zu mindern, hat Eitan Cohen eine maßgefertigte Regal- und Schrankkombination außen herum gebaut.
Verbindendes System
Die geschlossenen Kuben sind mit mattschwarzen MDF-Fronten bestückt und werden inklusive offener Ablagen von einem feingliedrigen Metallgitterwerk in Position gehalten. Das Aufbewahrungsmöbel geht direkt in einen Schreibtisch über, der ebenfalls an die Wand angrenzt, jedoch aufgrund seiner größeren Tiefe weiter in den Raum hineinragt. Der bewegliche Beistelltisch des Sofas greift das metallene Gitterraster wieder auf. Auch bei der maßgefertigten Einbauküche sind die weißen Schubladen und Schrankfronten in exakt demselben Abstand positioniert wie die Ablagen des Regal-Schrank-Tisch-Kombination. „Ich bin stark vom Kubismus und Konstruktivismus im Israel der Fünfzigerjahre beeinflusst – sowohl von der grafischen Wirkung als auch den Material her“, erklärt Eitan Cohen. Neben Eisen kamen ebenso Holz, Naturstein und Glas für den Umbau zum Einsatz.
Neutraler Zweiklang
Tatsächlich wirkt die Wohnung viel größer, als sie eigentlich ist: Ein Umstand, der nicht nur der Glaswand zum Schlafzimmer geschuldet ist, sondern ebenso der geschickten Platzierung der Möbel. So ist das Bett vom Open Space aus nicht zu erkennen, obwohl die Blicke ungefiltert in diesen Bereich eindringen können. Stattdessen ist ein freistehendes, ungefähr hüfthohes Regal- und Schrankvolumen zu sehen. Dessen Dimensionen sind so bemessen, dass das Kopfteil des Bettes elegant dahinter verschwindet. Noch ein weiterer Aspekt streckt die Dimension des Raums: die durchgehend angewandte schwarzweiße Farbpalette. Sämtliche Einbaumöbel, Wände und Böden gehorchen dieser zeitlos-klaren Kombination – ohne dabei ins Sterile zu verfallen.
Für den gepolsterten Arbeitsstuhl sowie das kubische Sofa wird ein hellgrauer Wollbezug verwendet. Über dem Esstisch und der Homeoffice-Station sind Leuchten mit blau emaillierten und mattgülden schimmernden Schirmen platziert, während die Kochzeile mit einer rosafarbenen Lichtleiste aufwartet. Die Türen des Badezimmerschrankes sind in leuchtendem Gelb gehalten. Eine weitere Nuance ist das satte Grün der zahlreichen Zimmerpflanzen, die in allen Regalen platziert sind. Sie durchbrechen das schwarzweiße Farbschema und scheren auch formell aus dem orthogonalen Raster der Möblierung aus. Ergo: Regeln sind wie immer dazu da, gebrochen zu werden.
FOTOGRAFIE Gidon Levin
Gidon Levin