Kriss, kross und krass
In der slowenischen Hauptstadt Ljubljana wurde ein bürgerliches Wohnhaus in eine Familienvilla mit eigenwilligen Architekturelementen verwandelt.

Dieses kürzlich vom Architektenbüro OFIS fertiggestellte Projekt wirkt wie eine Hommage an den slowenischen Architekten und Urbanisten Jože Plečnik, der zwar schon 1957 verstarb, aber bis heute wie kein anderer das Erscheinungsbild Ljubljanas prägt. Mit seiner eigenwilligen Formensprache drückte er der Stadt und zahlreichen Sakralbauten in ihrer Umgebung seinen Stempel auf. Charakteristisch für seinen Stil, der immer noch als innovativ gilt, ist die Art und Weise, wie Plečnik antike und moderne Architektur rezipierte und kombinierte.
Alt trifft Neu
Die Verbindung von alten und neuen Elementen ist auch Grundmotiv des Projekts von OFIS: Statt das ursprüngliche Wohnhaus komplett abzureißen, ließen die slowenischen Architekten die Vorderfront des Hauses stehen und konstruierten um diese herum das neue Haus. Ziel dabei war, nicht nur einen Teil des alten Gebäudes zu erhalten, sondern auch dessen ursprüngliche An- und Ausrichtung in der sich aneinanderreihenden Häuserkette beizubehalten.
Geometrische Formensprache
Eine noch auffälligere Parallele zur Plečnik-Philosophie schuf OFIS jedoch durch die ungewöhnliche Form der neu konstruierten Villa, die einem Würfel gleicht. Während sie auf den ersten Blick wie ein extremer Kontrast zu ihren bürgerlich-traditionellen Nachbarhäusern wirkt, ist sie in Wirklichkeit „das Ergebnis einer sehr abstrakten Neuinterpretation dieser historisch gewachsenen Gebäude“, erklären die Architekten.
Die die Außenfassade umschliessenden Metallgitter symbolisieren laut Architekten die raue, solide Beschaffenheit der für die Region typischen Häuser, wohingegen ihre unterschiedlichen Größen und Anordnungen sowie die in jedem Gitterteil sichtbaren Kreuze die römisch-antiken Ornamente ähnelnden Verzierungen widerspiegeln sollen, die die historisch gewachsenen Nachbargebäude schmücken. Die beinahe puzzle-artig zusammengesetzten Kreuzgitter gaben dem Projekt auch seinen Namen: Villa Criss-Cross.
Lochmuster
Der eigentliche Clou des Projekts besteht jedoch in der Verwendung von beidseitig perforierten Metallgittern. Dadurch erzeugen die Architekten eine besondere Art von Transparenz und ein facettenreiches Spiel mit dem Licht. So sorgen die durchlöcherten Metallgitter zum einen für eine maximal genutzte Sonneneinstrahlung, während sie gleichzeitig vor neugierigen Blicken von außen schützen. Zum anderen erzeugen sie auf der Betonfassade teilweise sogar dreidimensionale Schattenspiele, die das „Würfelhaus“ fast lebendig wirken lassen und für schöne grafische Effekte sorgen. Die transparenten Metallgitter sind ein willkommenes Kontrastprogramm zu der fast statisch anmutenden Würfelform und dem vorherrschenden Baumaterial Beton.
Transparenz und Gegensätze charakterisieren auch das Innere der Familienvilla. Während das verwendete Holz einen Kontrast zu den extrem präsenten Betonelementen bildet, fällt vor allem die räumliche Transparenz auf. So wurde auf jegliche Zwischenwände und Türen verzichtet, und lediglich die Fußböden der drei Etagen unterteilen die insgesamt 340 Quadratmeter große Fläche in eine Eltern-, Kinder- und Gemeinschaftsebene. Betten und Sitzgruppe wirken wie zu ebener Erde gebaut, und auch die Möbel wurden nach einer auffällig transparenten Filigranität ausgewählt.
Die Villa Criss-Cross ist ein Projekt, das auffällt und nicht unbedingt jedermanns Geschmack entspricht. Die Kombination der verwendeten Materialen ist gewöhnungsbedürftig, ebenso wie die architektonische Interpretation und Umsetzung des architektonischen Vorbilds. Sicher ist: Jože Plečnik wäre begeistert gewesen.
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FOTOGRAFIE Tomaz Gregoric
Tomaz Gregoric
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