Lichtskulptur am Wasser
Wie aus einem ehemaligen Kieswerk am Bodensee ein exklusives Hafenareal werden konnte, das sogar inzwischen als architektonische Sehenswürdigkeit in Reiseführern aufgelistet wird, ist im österreichischen Fußach zu sehen. Dort entstand bereits im Jahr 2000 durch die Architekten Baumschlager & Eberle das Hafenbüro Rohner, ein horizontal in der Luft schwebender Betonkubus, der die Gesetze der Statik an ihre Grenzen zu treiben scheint. Korrespondierend dazu wurde kürzlich ein zweites Hafengebäude eröffnet: Das Nordwesthaus, ebenfalls entworfen von Baumschlager & Eberle, ragt 14 Meter vertikal aus dem Wasser und bietet besonders bei Nacht durch 1500 einzeln ansteuerbare LEDs ein leuchtendes Schauspiel.
Als neuer Treffpunkt für Segler und Touristen befindet sich der neue Glaskubus an der Wasserkante der Anlegestellen und Liegeplätze. Das Haus scheint somit direkt aus dem Wasser heraus zu ragen und bildet mit seiner geometrischen Struktur einen starken Kontrast zur umliegenden Naturkulisse aus Schilfgürteln und Bäumen. Von der Bootbox auf Wasserniveau gelangt man erst auf eine angeschlossene Ebene, die auch vom Land aus zu begehen ist, um dann über eine Treppe zum Clubraum zu gelangen. Dieser Raum, der sich 8,8 Meter über der Erde befindet, bildet das Zentrum des Nordwesthauses. Von hier aus haben die Besucher einen guten Blick auf die architektonische Besonderheit des Gebäudes: die filigranen, organisch geschwungenen Betonwände, die hinter der kristallinen Glasfassade liegen.
Von außen nach innen
Bei Nacht wird das Gebäude schließlich zur Lichtskulptur: 1500 LEDs integrierte die Zumtobel-Tochter Ledon Lighting hinter der Glasfront, um die ungewöhnliche Gebäudefassade durch Farblichtspiele in Szene zu setzen.
Grünblaue Farbnuancen, feurige Gelb- und Rottöne oder langsame Lichtwechsel in kühlen Weißtönen, die sich auf dem See widerspiegeln – allein von außen bietet das neue Nordwesthaus einen spektakulären Anblick. Dabei ist die eigentliche Intention der Licht- und Schattenüberlagerungen, diese in den Innenraum zu transportieren und durch Deckenbeleuchtung und die Illumination der Betonwände eine Art „Röntgenbild“ der inneren Struktur des multifunktionalen Event-Gebäudes abzubilden.
Fassade in 16 Millionen Farben
125 LED Strahler entwickelte Ledon gemeinsam mit Baumschlager Eberle eigens für dieses Projekt. Pro Leuchte wurden zwölf RGB LEDs integriert, die schlussendlich ein Spektrum von über 16 Millionen Farben ermöglichen. Um eine volle Ausleuchtung der amöbenartigen Zwischenräume in den Betonwänden zu garantieren, beinhalten die kompakten Leuchten eine asymmetrische Optik: Darüber strahlt das Licht in den Zwischenräumen der Wand weit und bündelt es zugleich seitlich in den Raum und nach außen. Der Effekt: Es gelangt nur wenig Streulicht in den Innenraum, wodurch der Betrachter lediglich die angenehme Lichtatmosphäre wahrnimmt. Das Licht der eingebauten Strahler dringt damit nicht direkt ins Blickfeld und der Besucher kann ungestört das interessante Innenleben aus Betonwänden und Lichtakzenten studieren. Auch das Lichtmanagement zur Steuerung der LED-Fassade wurde von Ledon entwickelt. Mittels DMX, einem Standard zur digitalen Lichtsteuerung, können verschiedene Sequenzen abgespielt werden, die das Haus innen und außen regelrecht in Bewegung zu versetzen scheinen.
Kompaktheit und Transparenz, Licht und Bewegung – durch das Zusammenspiel von Architektur und Licht bildet das neue Nordwesthaus am Bodensee einen vertikalen Gegenpol zum Hafengebäude Rohner und korrespondiert zugleich durch die Kombination von geometrischen und amorphen Formen mit der natürlichen Umgebung und der Bewegung des Wassers.
FOTOGRAFIE Eduard Hueber
Eduard Hueber
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