Belebter Backstein
Mehrfamilienhaus in ehemaliger Textilfabrik in Melbourne
Hinter den Mauern einer ehemaligen Textilfabrik in Melbourne bauten die Büros DREAMER und Breathe Architecture elf nachhaltige Wohnungen. Die markante Backsteinfassade des Bestands blieb erhalten und macht außen wie innen den Charme des Gebäudes 388 Barkly Street aus.
Mit seinen Cafés und Galerien ist Brunswick ein Anziehungspunkt für Künstler*innen und Alternative. Der hippe Melbourner Stadtteil war einst das Zentrum der australischen Textilindustrie. Davon zeugen Backsteinbauten wie die ehemalige Fabrik in der Barkly Street aus dem Jahr 1923. Unter der Leitung des Architekturbüros DREAMER und in Zusammenarbeit mit Breathe Architecture entstanden dort elf moderne Wohnungen in nachhaltiger Bauweise.
Spuren der Geschichte
Das Projekt planten die Architekt*innen als Haus im Haus, wobei von der Fabrik nur die massiven Backsteinwände stehen blieben. Von außen betrachtet stellen sie den Bezug zur historisch gewachsenen Umgebung her. Innen zeigt sich an ihnen die Geschichte des Ortes, unter anderem anhand von Rußspuren eines verheerenden Brandes. Die Neubauten innerhalb dieser Mauern entwarfen die Gestalter*innen als zwei Volumen. Sie sind durch ein Atrium getrennt, das von dem Landschaftsarchitekten Robert Boden mit regionalen und hitzeresistenten Pflanzen begrünt wurde. Auch die Freiflächen und Wege zwischen den Eingängen schaffen eine natürliche Umgebung.
Licht hinter Mauern
Eine besondere Herausforderung bestand darin, Licht in die elf Wohnungen zu bringen. Neben dem Atrium erfüllen Schächte, Oberlichter und bepflanzte Höfe in beiden Gebäudeteilen diese Funktion. „Wegnehmen, um etwas zurückzugeben“ nennt Ben Shields von DREAMER diesen Ansatz. Die Grundrisse sind von Einfamilienhäusern inspiriert, zu denen die Apartments des Hauses 388 Barkly Street eine Alternative darstellen sollen. Verdichtung statt Zersiedelung lautet das stadtplanerische Motto, das die Architekt*innen verfolgt haben. Denn kurze Wege entlasten die Umwelt. Die vor Ort integrierten Parkplätze verfügen über Ladesäulen für Elektroautos. Ein zentraler Abstellraum für Fahrräder und automatische Türen machen die CO2-neutrale Fortbewegung noch einfacher.
Der Umwelt zuliebe
Auch bei der Bauweise von 388 Barkly Street achtete das Büro DREAMER auf Nachhaltigkeit. Photovoltaik auf dem Dach, eine Wärmepumpe und ausschließlich elektronisch betriebene Haustechnik ermöglichen den Verzicht auf fossile Energieträger. Regenwasser wird gesammelt und für die Toilettenspülung sowie die Bewässerung der Pflanzen genutzt. Sonnenschutz und gedämmte Fenster bewirken, dass sich die Wohnungen auch in den Sommermonaten nicht zu stark aufheizen. Energiesparende Deckenventilatoren kühlen die Räume zusätzlich.
Zurückhaltende Materialpalette
So viele Materialien wie möglich versuchten die Architekt*innen wiederzuverwerten. Das Holz für die Verkleidung der Baukörper ist entweder recycelt oder FSC-zertifiziert. Das gilt auch für die Einbauten, die die offen geschnittenen Wohnungen strukturieren. Sisal-Teppiche in den Eingangsbereichen dämmen den Schall. Langlebige Materialien sollen die Wartungs- und Betriebskosten für die Bewohner*innen niedrig halten.
„388 Barkly Street ist ein besonderes Projekt für DREAMER und wir sind sehr stolz auf das Ergebnis“, resümiert Ben Shields. „Mehr denn je sehen wir den Bedarf einer Gestaltung, die von einer durchdachten, ethischen Entscheidungsfindung geprägt ist.“ Er möchte mit dem Projekt eine globale Diskussion über eine ethische Baupraxis anstoßen. Innerstädtische Verdichtung, die den Bestand einbezieht und auf eine nachhaltige Bauweise setzt, ist dabei sicher ein Weg, der andere inspirieren könnte.
FOTOGRAFIE Gavin Green Gavin Green
Projektname | 388 Barkly Street |
Entwurf | DREAMER, Breathe Architecture |
Projektleitung | Ben Shields |
Bauherrschaft | Cathy Moore & Doug Shields (Outside In) |
Landschaftsarchitekt | Robert Boden (RB Design) |
Fläche | 920 Quadratmeter |
Fertigstellung | 2022 |
Breathe Architecture
www.breathe.com.au