Moderne Großstadtküchen
Fünf außergewöhnliche Projektbeispiele
Fünf Projektbeispiele aus drei Metropolen zeigen, welche unterschiedlichen Rollen Küchen in Wohnräumen einnehmen können. Ob Planung auf engstem Raum, Integration in ein definierendes Gestaltungselement oder eine fast klassische Abtrennung des Kochbereichs mit Twist – alle Lösungen sind so individuell wie außergewöhnlich.
Küchen sollen gut organisiert sein, damit das tägliche Kochen möglichst angenehm und unkompliziert ablaufen kann. Ausreichender Stauraum und robuste, leicht zu reinigende Oberflächenmaterialien sind weitere Faktoren einer optimal gestalteten Küche. Heute nimmt auch die Aufenthaltsqualität eine immer größere Rolle ein. Das gemeinsame Zubereiten von Essen und der anschließende Verzehr finden in offenen Räumen statt, die mit dem Wohnzimmer verschmelzen. Oder in großzügigen Küchen mit Kochinseln, die durch kluge Details zu Essbereichen erweitert werden.
Aus einem Guss
Durch einen Zufall entdeckte die spanische Architektin Paola Bagna in Berlin eine Nische für sich, die sie fortan zu ihrem Hauptfokus machte: intelligent geplante Mikro-Apartments. Durch platzoptimierende Eingriffe verwandelt sie 20, 30 oder 40 Quadratmeter große Wohnungen in Rückzugsorte mit Loft-Charakter. In Berlin-Moabit baute sie eine nur 21 Quadratmeter große Altbauwohnung um, deren Kern aus einem winzigen Badezimmer besteht. Die Küche schmiegt sich an die Außenwand der Nasszelle und vor ein Fenster. Sie bietet sowohl alle Annehmlichkeiten eines regulären, voll ausgestatteten Kochbereichs als auch genug Stauraum in Ober- und Unterschränken. Das dominierende Material in der ganzen Wohnung ist weiß getöntes Seekiefernholz, das im Fall der Küche eine Einheit mit einer Schrank-Regal-Konstruktion mit integriertem Schreibtisch bildet, die sich um eine Ecke bis in das Wohnzimmer zieht. Die Einbauten sind gleichzeitig der Abschluss einer Zwischenebene, die über dem Badezimmer eingezogen wurde. Sie ist über eine Stahltreppe zu erreichen und bietet einen Ort zum Schlafen und Verweilen.
Ein Teil des Ganzen
Bereits vor dem Umbau hatte eine weitläufige Dachgeschosswohnung in Berlin-Mitte einen großzügigen, industriellen Charme, den Ester Bruzkus Architekten erhalten wollten. Statt den Raum zu unterteilen, entschieden sich die Gestalter*innen für eine kompakte wie smarte Lösung. Sie platzierten eine eingestellte Box in kräftigem Grün in dem Apartment, die den Grundriss strukturiert und mehrere Funktionen aufnimmt. Dazu gehören ein Bücherregal, Stauraum, das Bad, eine Sauna, das Schlafzimmer sowie die Küche. Diese ist an einer dem Fenster zugewandten Längsseite in der Konstruktion untergebracht, in der unterschiedliche Materialien aufeinandertreffen. Die grün lackierten Oberflächen harmonieren mit Arbeits- und Ablageflächen sowie einer Kochinsel aus grünem und violettem Quarzit. Aus der Decke ragen Leuchtröhren von PSLab, die wie eine Kunstinstallation anmuten.
Gläserner Kasten
In Paris verwandelte die Architektin Stéphanie Bertina Minel ein verschachteltes Apartment auf drei Etagen in großzügige Wohnflächen mit Rückzugsorten für eine vierköpfige Familie. Eines der Stockwerke umfasst das weitläufige Wohnzimmer, einen Essbereich und eine Küche, die wie ein kleiner Kiosk wirkt. Sie ist durch eine Verglasung vom angrenzenden Raum abgetrennt, wobei die Küchengerüche abgehalten, die Blickbeziehungen jedoch erhalten bleiben. Eine Theke aus hellen Eichenholzlamellen, die als Stauraum und Sitzmöglichkeit funktioniert, ist der Küche vorgelagert. Alltägliche Funktionsgegenstände wie Küchenutensilien sollten bei Nichtbenutzung möglichst aus dem Blickfeld in den zahlreichen Einbauten verschwinden. Die blaue Farbe der Schränke sowie der Fliesen geht einen angenehmen Kontrast mit den Holzverkleidungen ein – ein übergeordnetes Thema, das sich durch das ganze Apartment zieht.
Passgenauer Minimalismus
Studio Burr aus Madrid setzt oft auf schlichte Materialien, außergewöhnliche Lösungsansätze und auffällige Farbhighlights. Im Rahmen des Projekts MG08 entwickelten die Architekt*innen ein flexibles Wohnkonzept, das eventuelle Umbauten und eine Neugestaltung in der Zukunft berücksichtigt. Gelbe Fliesen und eine blaue Leiter lockern das Interieur auf und verweisen auf mögliche Transformationen. Die farbigen Kacheln bilden auch die Küchenrückwand, die von präzise gearbeiteten Holzeinbauten eingerahmt wird. Die Schränke wurden in einer Nische der Wohnung installiert, reichen vom Fußboden bis zur Decke und schließen millimetergenau mit der Öffnung zur Terrasse ab. Die minimalistische Idee und Umsetzung bietet den Bewohner*innen eine vollausgestattete Küche, nutzt den vorhandenen Platz, ohne überwältigend zu wirken, und fügt sich in das Farbkonzept des Apartments ein.
Unsichtbare Zeile
Ein gewagter Einsatz von Farbe und Materialien zeichnet das Berliner Designduo Jäll & Tofta aus. So findet es stets individuelle Lösungen für Küchen- und Wohnbereiche in Apartments, Büros oder in gastronomischen Einrichtungen. Die Gestaltung der Küche in ihrem eigenen Büro in Berlin-Kreuzberg nahmen Jakob Dannenfeldt und Sina Gwosdzik selbst in die Hand. Sie entwarfen eine Küchenzeile mit Regal, die komplett verspiegelt ist, und schufen damit eine Balance zwischen zwei entgegengesetzten Effekten: Der Einbau hebt sich zum einen durch die Lichtreflexionen vom restlichen Interior ab, zum anderen verschmilzt er durch die Spiegelung mit ebendiesem.