Beton trifft Reet
Farmhaus von NORRØN im dänischen Haderslev
Im Süden von Dänemark hat das Kopenhagener Architekturbüro NORRØN für ein Paar den Traum vom autarken Landleben verwirklicht. Mit einer kompromisslos modernen Interpretation traditioneller Bauernarchitektur, eigener Orangerie und einem rund 200 Quadratmeter großen Kochbereich, in dem die vor Ort nachhaltig erzeugten Lebensmittel direkt verarbeitet werden können.
Die beiden Gründer von NORRØN, Marco Berenthz und Poul Høilund, sind spezialisiert auf die Entwicklung erlebnisökonomisch ausgerichteter Bauprojekte, die unter anderem die Wiederbelebung strukturschwacher Regionen zum Ziel haben. Das jüngst fertiggestellte Farmhaus Åstrup Have liegt eingebettet in die harmonische Kulturlandschaft an der Haderslebener Förde, wo den Bauherr*innen ausreichend Fläche für die Haltung freilaufender Weidetiere sowie die Erzeugung biodynamischer Lebensmittel zur Verfügung steht.
Vierseithof 4.0
Bei ihrem Entwurf orientierten sich die beiden Planer am Archetypus traditioneller landwirtschaftlicher Architektur der Region. Wie bei einem charakteristischen Vierseithof ordneten sie vier Gebäuderiegel um einen zentralen Innenhof an. Tor- und Fensteröffnungen in den verschiedenen Gebäuderiegeln ergeben nun Blickachsen in alle Himmelsrichtungen.
Die steilen, reetgedeckten Giebeldächer erinnern an historische Haubarge, wie sie heute noch in Nordfriesland vorzufinden sind. Dienten die hohen Dächer damals zur Lagerung der Heuernte, bieten sie nun Raum für Gebäudetechnik, Belüftung und Solarpaneele. Das Reet bildet eine natürliche Ergänzung zur Fassade aus rohen Betonelementen, deren feine Rillenstruktur bei Lichteinfall geometrische Schatten wirft. Die Verbindungsfugen zwischen den Betonpaneelen wurden mit schimmernden Messingleisten veredelt, die einen überraschenden Kontrast erzeugen.
Warme Funktionalität
Die einzelnen Gebäudetrakte entsprechen jeweils einem Funktionsbereich: Im Nordflügel befinden sich Werkstatt und Garage, während ein Gästekomplex mit drei schmalen, minimalistisch gehaltenen Schlafzimmern nach Osten ausgerichtet ist. Im Westen grenzt der professionell ausgestattete Koch- und Essbereich direkt an die im Südflügel angesiedelten privaten Wohnräume. Dort setzt sich der klare Materialkanon der Architektur aus Beton, Holz und Messingelementen fort. Polierte Betonböden werden durch Wand- und Deckenpaneele aus Eichenholz ergänzt. Die hohen, holzverkleideten Decken mit steilen Dachschrägen sorgen für eine nahezu sakrale Atmosphäre.
Bodentiefe Fenster ermöglichen den unverbauten Ausblick auf die Haderslebener Förde, die im Süden das Grundstück begrenzt. Dänische Landschaftsmalereien an den Wänden greifen das Leitmotiv skandinavischen Landlebens auf und bilden eine Art historisches Gegenstück zur aktuellen Aussicht. Eine umfangreiche Bibliothek sowie Möbelklassiker des dänischen Midcentury-Designs runden das Bild ab. Einzig die Orangerie mit üppigen Bananenstauden sorgt für einen Hauch Tropen im reduzierten, nordischen Ambiente.
Die formale und materielle Konsequenz, mit der die Architekten Marco Berenthz und Poul Høilund das Konzept eines zeitgemäßen Farmhauses umgesetzt haben, wirkt ebenso beeindruckend wie zukunftsweisend. Da die Bauherr*innen planen, ihre Erfahrungen mit dem autarken Lebensstil sowohl vor Ort als auch medial zu teilen, wird man von Åstrup Have mit Sicherheit noch zu hören bekommen.
FOTOGRAFIE Torben Eskerod
Torben Eskerod
Projektname | Åstrup Have |
Entwurf | NORRØN, Marco Berenthz und Poul Høilund |
Ort | Haderslev, Dänemark |
Fläche | 600 Quadratmeter |
Baujahr | 2020 |