Mut zur Maserung
Die schönsten Interiors mit Holz
Ob als spektakuläres Gestaltungselement oder nützlicher Stauraum – Einbauten aus Holz geben Räumen einen ganz besonderen Charakter, viel Wohnlichkeit und Wärme.
In Miniapartments schaffen sie auch im letzten Winkel Stauraum. Hotelzimmer oder Showrooms verwandeln sie als raumgreifende Installationen in begehbare Kunstwerke. Einbauten aus Holz sind so vielseitig wie das Material selbst. Was sie verbindet, ist eine warme, natürliche Atmosphäre.
Mit Holz gebaut
Am Anfang des Projekts Two Sheds vom Designstudio Dreamer stand die Suche nach dem richtigen Holz. Dem Bauherrn war besonders wichtig, dass das Material Wärme ausstrahlt. Für die Verkleidung der Innenräume des Ferienhauses und die Einbauten in der Küche verwendeten die Architekten ökologisch aufgearbeitetes Messmate-Furnier von der Firma Eco Timber. Es kommt normalerweise bei Schiffsböden zum Einsatz. Messmate ist ein langlebiger, australischer Hartholz-Eukalyptus. Das Holz zeichnet sich meist durch seine helle, rötliche Farbe und durch natürliche Unvollkommenheiten aus. In dem Entwurf von Dreamer, der sich stark an traditionellen australischen Landhäusern orientiert, findet das Furnier sowohl klar versiegelt als auch schwarz gebeizt Verwendung. An den Eckverbindungen der Holzverkleidung verleiht eine dünne, pulverbeschichtete Stahlplatte mehr Stabilität.
Ebenfalls in Australien entschied sich das Büro FMD Architects für Birkensperrholz als gestaltendes Element. Die Innenräume des Farmhauses Coopworth wurden durch Einbauten strukturiert, deren Holz mit schadstofffreiem Osmo-Öl behandelt wurde. Stauraum verbirgt sich hinter homogenen Wänden mit visuell einheitlicher Maserung und Farbe. Sogar eine Schlafkoje mit Vorhang für Gäste versteckt sich in den Einbauten. Unter dem Dach wechselt sich das Holz mit Schafwolle als Dämmmaterial ab. Einen Kontrast zu dem hellen Holz bietet die Küchenarbeitsplatte. Sie wurde – dem Nachhaltigkeitsanspruch des Bauherrn folgend – aus recyceltem Holz von der Farm gefertigt.
Holz als raumbildendes Element
Bei der Neugestaltung karger Industriegebäude kann Holz die Räume wohnlicher machen und sie unterteilen. Das zeigt der Umbau einer Motorradgarage in Palma de Mallorca von Mariana de Delás. Kiefernholzeinbauten bilden mit ihrer Maserung einen warmen Kontrast zu der schroffen Umgebung. Für das Material entschied sich die Architektin aus einem ganz pragmatischen Grund: wegen dem guten Preis-Leistungs-Verhältnis. „Das liegt daran, dass Kiefernholz in Spanien so häufig verwendet wird und sehr leicht verfügbar ist, selbst auf einer Insel wie Mallorca, die von Lieferungen vom Festland abhängig ist“, sagt sie. Verarbeitet wurde das Holz, indem es über eine gemauerte Trennwandstruktur verleimt und auf Schlitze für den Fußboden genagelt wurde. An den Holzpaneelen installierte Mariana de Delás einfache Beleuchtungskörper und Türgriffe – möglichst vertikal ausgerichtet, um ein schlankes Erscheinungsbild zu erreichen.
In einem Apartment aus der Haussmann-Ära in Paris wollte der Bauherr historische Elemente wie den Stuck und das Fischgrätparkett unbedingt erhalten. Trotzdem sollte die Wohnung unmissverständlich modern wirken. Der Architektin Gabrielle Toledano gelang dieser Spagat mit geschwungenen Holzeinbauten, die sich zu einem Schrank, einem Bücherregal oder einer Küche ausformen. „Bei diesem Umbau ist Holz nicht nur Dekoration, sondern die gesamte innere Sekundärstruktur“, betont Gabrielle Toledano. Für die hölzernen Wellen wählte sie ein Schichtholz mit einem Kern aus französischer Pappel und Außenflächen aus afrikanischem Ceiba. In dieser Kombination ist es leicht und biegsam – Eigenschaften, die nur wenige Hölzer mitbringen.
Holz als Gestaltungselement
In einer Holzhöhle finden sich Gäste des Hyades Mountain Resorts im griechischen Trikala wieder. Thanos Zervos und Apostolos Mitropoulos vom Büro Tenon aus Athen sind auf Holzeinbauten spezialisiert. Das ungewöhnliche Hotelzimmer entwarfen sie mit einer Mischung aus Hightech-Planung und Handwerk – und bauten es auch selbst zusammen. Dafür verarbeiteten sie 1.112 Holzelemente zu 55 Modulen, die von Hand geschnitzt und geformt wurden. „Der Verzicht auf jegliche digitale Fabrikationsmethoden bei der Konstruktion führte zu einer eher skulpturalen Herangehensweise an die endgültige Form“, beschreiben sie ihr Vorgehen.
An der Idee einer Höhle orientierten sich auch die Architekten Dries Vens und Maarten Vanbelle bei ihrem Projekt Alex Guesthouse in Belgien. Konstruiert aus reinem Schichtholz, scheinen Wände, Decken und Böden des Gästehauses im Garten der Villa eines Filmproduzenten durch ihre monochrome Materialität miteinander zu verschmelzen. Nahtlos wachsen Regalböden und Ablageflächen aus den Wänden heraus. Überall zeigen sich Kanten und Abstufungen.
Die Firma Sculptform aus Australien produziert Wand- und Deckenmodule aus Holz, die in Innenausbauten von Restaurants, Büros oder Privathäusern zum Einsatz kommen. Damit sich Planer einen Eindruck von den Produkten verschaffen können, richtete das Büro Woods Bagot in Melbourne einen spektakulären Showroom mit Co-Working-Space und Meetingräumen ein. Der Hauptraum wird von einer skulpturalen Holzlattenverkleidung mit horizontal und vertikal geschwungenen Geometrien bestimmt. Die Massivholzprofile sind aus Weißeiche, die mit Dampf gebogen wurde, um sich der Geometrie des Designs anzupassen. Dafür wurden extra spezielle Maschinen angeschafft – und letztlich wurde sogar eine neue Produktreihe geschaffen.
Möbeleinbauten aus Holz
Für den Umbau eines Pariser Ateliers in ein Apartment ließ sich das Architekturbüro NEA vom Ahornbaum im Außenbereich inspirieren. Schränke, Regale und Stufen, die in eine Leiter zum Zwischengeschoss übergehen, sind aus dem in Frankreich gerodeten Holz gearbeitet. Da es sich um ein relativ weiches Material handelt, verwendete die Architektin Nathalie Eldan an den Stellen, an denen es besonders strapaziert wird, Massivholz. Auf die abgeschliffenen Oberflächen wurden zwei Schichten farblose Holzpflege auf Wasserbasis aufgetragen. „Das Material der Einbauten schafft eine symbolische Verbindung zur bestehenden Matrix des Gebäudes“, erläutert die Architektin. „Die Verbindung zwischen außen und innen bringt den Raum in einen harmonischen Fluss.“ Bei der Planung der Einbauten berücksichtigte sie die einzelnen Objekte und Kunstwerke der Eigentümer.
Nur 33 Quadratmeter ist die Gästewohnung in Taipeh groß, die das Büro Phoebe Says Wow entwarf. Um trotzdem Stauraum zu schaffen, entstanden Möbeleinbauten aus nachhaltig angebautem und leicht verfügbarem Birkenholz. Regal, Kleiderschrank und Küche gehen ineinander über und schaffen eine stringente Aneinanderreihung der Funktionen. Bei dem feucht-heißen Klima in Taipeh hat das Holz die Tendenz, sich zu verformen. Um das zu verhindern, wurde es strategisch gesägt und bearbeitet. Kombiniert mit glasierten Keramikfliesen entsteht eine helle, freundliche Atmosphäre.