Umbau mit Bedacht
Renovierung eines denkmalgeschützten Architektenhauses bei Antwerpen
Jozef Meulepas baute in den Dreißigerjahren ein Wohnhaus in Lier, nahe Antwerpen. Anders als bei seinen anderen Backsteinbauten des Ortes, bewies er dabei gestalterischen Mut, ließ Wände mit dunklem Holz vertäfeln oder gelbgold kacheln. Eine Architektin verliebte sich in das Gebäude, renovierte es liebevoll und schuf so ein Zuhause mit altem Charme und modernem Komfort.
Alle waren dafür, bis auf einen: „Unser jüngster Sohn ist nicht weiter als bis in den Eingangsflur gegangen“, erinnert sich Barbara Arts. „Er sagte, niemals würde er hier einziehen!“ Die Architektin und ihr Mann Gregory D'Hulst waren schon oft an dem Haus in ihrem Wohnort Lier, einer Kleinstadt rund zehn Kilometer südöstlich von Antwerpen, vorbei spaziert. Als es plötzlich zum Verkauf stand, zögerte das Paar nicht lange und kaufte es – trotz der Proteste des Sohnes. „Wir mussten ihm einen Hund als Wiedergutmachung versprechen“, sagt Arts und lacht.
Auffallend anders
In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gestaltete der belgische Stadtarchitekt Jozef Meulepas viele Gebäude in Lier in einem konservativen, neoklassizistischen Stil, bis auf eines: sein eigenes Wohnhaus. Dort lebte er seine Vorliebe für die Avantgarde aus, etwa mit einer auffälligen Eingangstür aus poliertem Edelstahl und gold gekachelten Säulen. Genau diese Tür war der Grund, warum sich Barbara Arts in das Haus verliebte.
Ihr Schwager David D'Hulst vom Studio Ambacht, ebenfalls Architekt, war für die neue Eigentümerin der perfekte Sparringspartner für eine bedachte Renovierung. Denn das Gebäude wurde vor rund dreißig Jahren unter Denkmalschutz gestellt. Art-déco-Elemente wie goldene Fliesen und Merkmale der Moderne – wie Balkongeländer, Buntglasfenster oder gelbe Kacheln in der Küche – sollten erhalten bleiben. Einig waren sich jedoch alle, dass das Haus mehr Licht brauchte.
Hell und großzügig
Also öffneten Arts und D'Hulst die Küche, indem sie eine Wand entfernten und durch eine Glasschiebetür ersetzten. Die hintere Fassade bauten sie mit Glas um, das Badezimmer im ersten Stock wurde erweitert, die Anzahl der Schlafzimmer von fünf auf vier reduziert und eine Dachterrasse angebaut. Einen Abstellraum transformierten die Architekt*innen zur lichtdurchfluteten Sitzecke mit abgesenktem Boden und großen Fensterfronten.
Größere Eingriffe mussten sie nicht vornehmen, vielmehr war es der Feinschliff, der dem Haus zu neuem Glanz verhalf. 1932 erbaut, war es stets im Besitz der Familie des Erbauers geblieben und fast vollständig erhalten. Eine der letzten Bewohnerinnen war Meulepas’ achtzigjährige Nichte. Der Erbauer selbst führte ein akribisches Archiv und als Arts und D'Hulst das Objekt seinen elf (!) Erben abkauften, übergaben ihnen diese eine Fülle von Plänen und Quittungen vom ursprünglichen Bau.
Goldene Zeiten
Meulepas hatte fast ausschließlich hochwertige Materialien verbaut, die die Architekt*innen unbedingt erhalten wollten. Die Badewanne aus gelbem Terrazzo versahen sie lediglich mit einem neuen gold schimmernden Wasserhahn, die Holzdielen im Schlafzimmer, die sie unter einem braunen Laminatboden fanden, mussten nur noch abgeschliffen werden. Neu hingegen ist die Küchenzeile von bulthaup aus gebürstetem Aluminium. Sie greift die metallische Eingangstür des Hauses auf und spiegelt das Licht auf den sonnengelben Fliesen. „Wenn die Morgensonne hereinkommt, sieht alles golden aus“, sagt Barbara Arts.
Dank der vielen originalen Einbauschränke benötigten die neuen Eigentümer*innen nur wenige neue Möbel. Der stattliche Schreibtisch des Stadtarchitekten Meulepas steht nun im Obergeschoss im Büro von Arts und wird heute wieder für Baupläne und Zeichnungen genutzt. „Die Erben sind froh, dass wieder ein Architekt im Haus wohnt“, sagt Arts. Ihre Familie kommt gerne an Meulepas’ altem Esstisch zusammen. Sogar der jüngste Sohn – und Luca natürlich, sein Schäferhund.
FOTOGRAFIE Senne van der Ven Senne van der Ven
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