Projekte

Baumhaus am Hang

Balmy Palmy House von CplusC Architectural Workshop in Australien

Rund 40 Kilometer nördlich von Sydney liegt der Küstenort Palm Beach. CplusC Architectural Workshop hat dort ein Wohnhaus für eine Familie errichtet. Keine protzige Villa, sondern ein luftiges Baumhaus, das sich über das steile Gefälle des Grundstücks schiebt. Schutzmaßnahmen gegen Kakadus gehören auch dazu.

von Norman Kietzmann, 27.02.2023

Ein knappes Budget muss nicht immer von Nachteil sein. Als ein Ehepaar nach zwanzig Jahren in Hongkong wieder zurück in seine Heimat Sydney zog, erwarb es ein Waldgrundstück im Norden der Metropole, in Palm Beach, mit Wasserblick und dichter Vegetation. Der Auftrag für ein kompaktes Wohnhaus ging an das in der Stadt ansässige Architekturbüro CplusC, das auf Tuchfühlung mit der Natur gehen sollte. „An einem landschaftlich reizvollen Ort ist man immer geneigt, etwas Monumentales zu bauen, um die Aussicht genießen zu können. Doch oft führt es zum Fällen von Bäumen, zu massivem Erdaushub oder zum Errichten umfangreicher Stützmauern“, erklärt Clinton Cole, Gründer und Direktor von CplusC Architectural Workshop.

Respekt vor der Natur
Sein Entwurf ist das genaue Gegenteil: Ein eingeschossiges Volumen, das über dem steilen Gefälle des Waldgrundstücks schwebt. Auf Fundamente und Kellerräume wurde aus Kostengründen verzichtet, aber auch, um so wenig wie möglich in die Topografie einzugreifen. Die tragende Struktur des gesamten Hauses besteht aus Hartholz-Balken, die auf dem Untergrund auf winzigen Betonsockeln aufsitzen. Der verwendete Eucalyptus-Pilularis-Baum wächst nahe der Küste in New South Wales und trägt dort den Namen Blackbutt.

Gescannter Baum
Kubatur und Position des Hauses werden durch fünf Bäume bestimmt, die nicht gefällt werden sollten oder durften. Einer davon – ein Port-Jackson-Feigenbaum mit dichtem Blätterdach – steht unter Naturschutz. Um ihn besser in die Planung zu integrieren, wurde eine 3-D-Punktwolken-Vermessung vorgenommen. „Sobald wir den Baum digitalisiert und in unser BIM-Modell importiert hatten, kannten wir die genaue Position eines jeden Astes und Blattes. So wussten wir, wo wir unser Stützen- und Trägersystem platzieren müssen, ohne den Baum zu verstümmeln“, sagt Clinton Cole. Die Präzision dieses Vorgehens überzeugte den zuständigen Stadtrat. In nur sieben Wochen erteilte er die Baugenehmigung.

Vorfabrizierte Bauweise
Schnell ging es auch auf der Baustelle voran. CplusC verwendeten vorgefertigte Module, die einfach an der Baustelle zu montieren waren. Die Bauzeit ließ sich so auf unter ein Jahr reduzieren. Auch erforderte diese Konstruktionsweise weniger Besuche der Bauaufsicht, dank einer einfacheren Abstimmung zwischen Architektenteam und den ausführenden Firmen: ein nicht unwesentlicher Faktor während mehrerer Covid-19-Lockdowns. „Der Hausbau ist für 40 Prozent der weltweiten Abfallmenge verantwortlich. Wir wollen dem entgegenwirken. Unser Entwurf reduziert die graue Energie durch den Einsatz von Fertigbauteilen drastisch“, so Clinton Cole.

Verbindender Außenraum
Wie durch Kostenersparnis ein räumlicher Mehrwert entstand, zeigt sich beim Zugang zum Gebäude. Über einen Weg aus lose platzierten Steinblöcken gelangt man vom Parkplatz bis zum Waldboden unterhalb des Hauses. Von dort führt eine gelbe Wendeltreppe aus Metall zu einer großen Terrasse hinauf. Diese verläuft über die gesamte Länge des Hauses und ermöglicht den Zugang zu allen Räumen. Die Zimmer sind durch Glasschiebe- oder Klapptüren vom Außenraum abgetrennt. Auf einen Korridor im Inneren des Gebäudes wurde verzichtet. Die Terrasse bietet verschiedene Bereiche zum Sitzen, Entspannen und Zusammensein. Ein Sofa und mehrere Butterfly Chairs – eine luftig-leichte Ikone der Outdoor-Möblierung, die 1938 von Antonio Bonet, Jorge Ferrari und Juan Kurchan entworfen wurde – erweitern den Wohnraum hinaus ins Freie.

Mit Netz und offenem Boden
Vor dem Wohnzimmer wurde ein Teil des Terrassenbodens ausgespart und ein Netz, wie es normalerweise für die Sicherung von LKW-Fracht verwendet wird, eingesetzt. Auf der riesigen Hängematte kann man die Natur genießen – Schwindelfreiheit und Unbekümmertheit gegenüber dem schwankenden Untergrund allerdings vorausgesetzt. Weitere Netze kommen anstelle eines Geländers zum Einsatz. Damit wurde der Materialaufwand gegenüber einer Brüstung aus Holzlatten reduziert. Außerdem kann der Blick ungestört hinaus in die umliegenden Baumwipfel und aufs Meer wandern. Die Netze haben aber noch eine weitere Aufgabe: Sie halten Kakadus auf Abstand, die mit Vorliebe alles anknabbern, was ihnen vor den Schnabel kommt.

Durchlässige Raumgrenzen
Die Räume wurden nebeneinander aufgereiht.Küche und Wohnzimmer sind als Open Space miteinander verbunden.  Daneben befinden sich das Kinderzimmer, ein Bad mit Zugang zu zwei Toiletten und – am Ende des Hauses – das Elternschlafzimmer. Die vertikalen und horizontalen Träger aus Blackbutt-Hartholz fassen Wände aus geflecktem Eukalyptusholz ein. Sie harmonieren farblich mit den Böden aus faserverstärktem FRP-Kunststoff, die in einem sanften Grünton gehalten sind. Der Abschnitt zwischen dem geneigten Dach aus verzinktem Eisen und den Holzbalken ist verglast. Bereiche mit verstellbaren Glaslamellen sorgen für Luftzirkulation und eine natürliche Klimatisierung. Die Geräuschkulisse unzähliger Vogelstimmen dringt ungefiltert ins Innere. Sie verstärkt das Naturgefühl in diesem luftigen Baumhaus. Ergo: Auch ein kleineres Budget kann mitunter große Wirkung haben.

Facebook Twitter Pinterest LinkedIn Mail
Projektinfos
Projekt Balmy Palmy
Typologie Privates Wohnhaus
Lage Palm Beach, Sydney, New South Wales, Australien
Architektur CplusC Architectural Workshop
Größe Grundstück 1136 Quadratmeter
Größe Wohnfläche 94,2 Quadratmeter Innenraum, 55,1 Quadratmeter Außenraum
Raumaufteilung Zwei Schlafzimmer, ein Wohnzimmer, ein Badezimmer
Lamellenfenster Breezeway
Holzlieferant Barrenjoey Timber
Metalldach Lysaght
Links

Entwurf

CplusC Architectural Workshop

cplusc.com.au

Mehr Projekte

Duale Spirale

Neuer Bershka-Shop von OMA in Mailand

Neuer Bershka-Shop von OMA in Mailand

Effizienter Holzbaukasten

Büroneubau in Oslo mit durchdachter Lichtplanung

Büroneubau in Oslo mit durchdachter Lichtplanung

Nachhaltig, individuell, vernetzt

Die neuen Lichtlösungen für moderne Arbeitswelten von TRILUX

Die neuen Lichtlösungen für moderne Arbeitswelten von TRILUX

Kulturelle Schnittstelle

Neue Showrooms von JUNG in Europa und Asien

Neue Showrooms von JUNG in Europa und Asien

Schaufenster fürs Licht

Neues Studio der Lichtmanufaktur PSLab in Berlin

Neues Studio der Lichtmanufaktur PSLab in Berlin

Licht im Gewölbe

Apartmentumbau in Valencia von Balzar Arquitectos

Apartmentumbau in Valencia von Balzar Arquitectos

Atmosphärisch und funktional

Lichtkonzept für das Berliner Spore Haus von Licht Kunst Licht

Lichtkonzept für das Berliner Spore Haus von Licht Kunst Licht

Leuchtende Architektur

RHO gestaltet einen flexiblen Eventspace in Berlin

RHO gestaltet einen flexiblen Eventspace in Berlin

Sprechende Wände

Paul Smith blickt auf das Werk von Pablo Picasso

Paul Smith blickt auf das Werk von Pablo Picasso

Belebter Backstein

Mehrfamilienhaus in ehemaliger Textilfabrik in Melbourne

Mehrfamilienhaus in ehemaliger Textilfabrik in Melbourne

Der Periskop-Effekt

Hausumbau von Architecture Architecture in Melbourne

Hausumbau von Architecture Architecture in Melbourne

Shoppen im Wattebausch

Neue Jacquemus-Boutiquen von AMO in Paris und London

Neue Jacquemus-Boutiquen von AMO in Paris und London

Tanz in der Luft

Café Constance in Montreal von Atelier Zébulon Perron

Café Constance in Montreal von Atelier Zébulon Perron

Explosion der Farben

Der Frankfurter Nachtclub Fortuna Irgendwo

Der Frankfurter Nachtclub Fortuna Irgendwo

Heim aus Holz

Neubau eines Wohnhauses von Russell Jones in London

Neubau eines Wohnhauses von Russell Jones in London

Schwimmendes Smart Home

Modernes Yachtdesign mit intelligenter KNX-Technik von JUNG

Modernes Yachtdesign mit intelligenter KNX-Technik von JUNG

Ins rechte Licht gerückt

Medienfassade erleuchtet nachhaltige Landstromanlage am Port of Kiel

Medienfassade erleuchtet nachhaltige Landstromanlage am Port of Kiel

Hommage ans Licht

Haus des kanadischen Architekten Omar Gandhi in Halifax

Haus des kanadischen Architekten Omar Gandhi in Halifax

Polychrome Praxis

12:43 Architekten gestalten Behandlungsräume in Le Corbusier-Farben

12:43 Architekten gestalten Behandlungsräume in Le Corbusier-Farben

Um die Bäume gebaut

Schwebender Anbau in Montreal von TBA

Schwebender Anbau in Montreal von TBA

Louise in Lissabon

Im Restaurant von DC.AD trifft Art déco auf Neonlicht

Im Restaurant von DC.AD trifft Art déco auf Neonlicht

Haus der Lichtringe

Maßgeschneiderte Beleuchtungslösungen im CSSB in Hamburg

Maßgeschneiderte Beleuchtungslösungen im CSSB in Hamburg

Helle Hightech-Forscherwelt

Beleuchtung des Biozentrums Basel von Licht Kunst Licht

Beleuchtung des Biozentrums Basel von Licht Kunst Licht

Kubus aus Kalkstein

Erweiterung des Kunsthauses Zürich von David Chipperfield Architects Berlin

Erweiterung des Kunsthauses Zürich von David Chipperfield Architects Berlin

Das Laternen-Loft

Familiendomizil in Montreal von Future Simple Studio

Familiendomizil in Montreal von Future Simple Studio

Architekturikone in neuem Licht

Denkmalgerechte Beleuchtung der Neuen Nationalgalerie von Arup

Denkmalgerechte Beleuchtung der Neuen Nationalgalerie von Arup

Vermeers Backstube

Brotmanufaktur Aera von Gonzalez Haase AAS in Berlin

Brotmanufaktur Aera von Gonzalez Haase AAS in Berlin

Multifunktionales Minihaus

Smart wohnen auf 35 Quadratmetern

Smart wohnen auf 35 Quadratmetern

Mehr Raum auf kleiner Fläche

Umbau eines Mikroapartments in Cascais

Umbau eines Mikroapartments in Cascais

Lachsrote Unterwasserwelt

Sushi-Restaurant Nómada Chiado von Spacegram in Lissabon

Sushi-Restaurant Nómada Chiado von Spacegram in Lissabon