Hommage ans Licht
Haus des kanadischen Architekten Omar Gandhi in Halifax
In seinem eigenen Wohnhaus im kanadischen Halifax behandelt der Architekt Omar Gandhi natürliches Licht wie einen kostbaren Schatz. Mit architektonischen Tricks wie einem Lichtschacht leitet er die Ressource durch die Stockwerke. Um die optimale Form des Schachts zu ermitteln, ließ er sogar eine Studie zum Sonnenstand anfertigen.
Manchmal werden gute Ideen von der Realität überholt. Omar Gandhi hatte eigentlich den Plan, in seinem OG House im Zentrum von Halifax die Wohnräume für sich und seine Familie über seinem Architekturbüro zu errichten. Während der Bauzeit stellte er aber immer mehr Mitarbeiter*innen ein, sodass die bescheidene Fläche im Erdgeschoss nicht mehr ausreichte. Stattdessen zog dort nun eine Art Nachbarschaftsbüro ein, das sich unter anderem um Unterkünfte für Obdachlose kümmert.
Lokale Materialien
Schon von außen unterscheiden sich der halböffentliche und der private Bereich des schmalen Gebäudes, das zwischen einem anderen Wohnhaus und einer kleinen Gasse steht. Während das Erdgeschoss mit Backsteinen gemauert ist, ruht darauf eine mit Amerikanischer Weißeiche verkleidete Box. Zur Straße verfügt die Fassade über große Fensteröffnungen, die von senkrechten Holzlamellen versteckt werden. Die Witterung lässt das Holz im Laufe der Zeit immer heller werden, sodass es einen matten Silberton erhält. Sowohl Weißeiche als auch Backstein sind charakteristische Materialien in der Region.
Wiedersehen mit Ziegeln und Holz
Das Spiel mit soliden und leichteren Materialien setzt sich im Inneren des OG House fort: Den Eingang markiert ein elliptischer, stahlverkleideter Schrank. Er trennt das Büro vom Aufgang zu den privaten Räumen in den oberen Etagen. Im Bad im ersten Stock gibt es ein Wiedersehen mit den naturbelassenen Materialien der Fassade: Am oberen Ende des ersten Treppenlaufs befindet sich ein mit Ziegeln und Holz verkleideter Waschraum, der mit einer 1,80 Meter hohen, rohen Stahlschwenktür verschlossen wird. Das Waschbecken ist aus einem Weißeichenblock gearbeitet.
Lichtkrater zur optimalen Beleuchtung
Auch der erste Stock mit Küche, Ess- und Wohnzimmer ist komplett mit dem Holz verkleidet. Von der Straßenseite dringt Tageslicht durch große Fenster hinter Lamellen in die Küche. Downlights sind wie Sterne am Abendhimmel in die Decke eingelassen. Doch viel wichtiger als das Kunstlicht war dem Architekten die optimale Nutzung von natürlichem Licht – und zwar weitgehend ohne klassische Fenster. Ein zweigeschossiger Lichtschacht, der bis zum Dach reicht, versorgt die Wohnräume mit Tageslicht. Seine Kraterform verdankt er intensiven Lichtstudien und parametrischen Modellen, die hinzugezogen wurden, um optimale natürliche Lichtverhältnisse für den gesamten Wohnraum zu erreichen. Weitere Fenster befinden sich an der Gebäuderückseite auf Fußhöhe.
Spiel der Formen
Wie ein Band ziehen sich Einbauten aus einem weißen Holzwerkstoff an der Wand entlang und verbinden Schränke, Regale, das Holzlager sowie den in Marmor eingefassten Kamin. Die Kücheneinbauten sind aus Weißeiche gefertigt und stehen einer Kücheninsel gegenüber, die zu einer Seite abgerundet ist und von zwei PH5-Leuchten von Louis Poulsen in Szene gesetzt wird. Die gleiche Form hat auch der Esstisch, der lediglich durch einen schmalen Gang von der Küche getrennt ist.
Ein- und Durchblicke
Im zweiten Stock kann der Sohn des Architekten aus seinem Kinderzimmer durch eine Öffnung über einem Schreibtisch in den Lichtschacht des Wohnzimmers blicken. Ein weiteres Fenster geht seitlich zur Gasse hinaus. Wie die Küche verfügt auch das Elternschlafzimmer zur Straße hin über ein raumhohes Fenster hinter Holzlamellen, die Privatsphäre schaffen. Zwei kontrastierende, einfarbige Badezimmer befinden sich auf derselben Etage, beide mit durchgehenden Oberlichtern, die den Blick freigeben auf den oft dramatischen Himmel der Küstenstadt. Eine weitere Treppe führt zum Dachgarten. Treppe und Handläufe scheinen sich organisch aus der Vertäfelung aus Weißeiche zu formen.
Die introvertierte Architektur des OG House entspricht dem Wunsch des Architekten nach Privatheit für sich und seine Familie und wird der Lage des Hauses gerecht. Mit dem komplexen Lichtschacht, Oberlichtern und Fenstern in ungewöhnlichen Höhen bricht er mit Konventionen. Zugleich verwendet er konsequent regionale Materialien, was den Bau in der Umgebung verankert.
FOTOGRAFIE Ema Peter
Ema Peter
Projektname | OG House |
Entwurf | Omar Gandhi Architects |
Bauherren | Omar und Adrian Gandhi |
Ort | Halifax, Nova Scotia, Kanada |
Fertigstellung | Sommer 2021 |
Architektenteam | Omar Gandhi, Jordan Rice, Jeff Shaw, Jeff Walker, Kelly Cameron, Lauren McCrimmon, John Gray Thomson, Kristi MacDonald, Chad Jamieson, Liam Thornewell, Stephanie Hosein |
Physikalisches Modell | Chad Jamieson, Omar Gandhi |
Studie zur Optimierung der natürlichen Beleuchtung | Lacunae (Roly Hudson) |
Stahl- und Steinverarbeitung | Filo Timo, Urban Handcrafts, Aaline, Nova Tile & Marble |
Mauerwerk | Maritime Masonry, Brunswick Stone |
Tischlerarbeiten | Brodye Chappell |