Mässing och Betong
Mit diskretem Charme: Richard Lindvalls Umbau dieser 220-Quadratmeter-Altbauwohnung in Stockholm.

Günstig und gut zu bauen, ist eine hohe Kunst. Aber mit wachsendem Budget wird es auch nicht unbedingt einfacher. Wie also geht zeitgemäßer Luxus, ohne zu dick aufzutragen? Mit den richtigen Materialien! Das zeigt Designer Richard Lindvall mit seinem Umbau dieser 220-Quadratmeter-Wohnung in Stockholms noblen Östermalm-Viertel.
Die bisherige Nutzung der Immobilie deutet die Fallhöhe an, die bei diesem Projekt gähnte: In der Etage des 1921 errichteten Apartmenthauses in Östermalm hatte zuvor eine Botschaft residiert. Wie naheliegend wäre es gewesen, Eindruck schinden zu wollen mit bewährtem Repräsentationszubehör wie Marmor, Edelholz, Spiegel oder Hochglanzlack? Doch Richard Lindvall übte sich in Zurückhaltung und setzte beim Umbau der großbürgerlichen Wohnung für eine fünfköpfige Familie ganz auf diskrete Einbauten und die Ästhetik ausgewählter Materialien. Das ist nicht unbedingt günstiger als großer Protz, zeugt aber von mehr Stil und Geschmack. Ansonsten darf weiterhin die originale Substanz der Holzböden und -fenster und des Stucks ihre Wirkung entfalten.
Das neue Herz
Der größte Eingriff in die Struktur der Etage bestand darin, drei Wände einzureißen, um angrenzend an den Eingang einen 85 Quadratmeter großen Raum zu schaffen. Auf dieser offenen Fläche befinden sich nun die Küche und der Ess- und Wohnbereich – das neue Herz des Apartments. Die restliche, vergleichsweise kleinteilige Zimmerstruktur blieb erhalten, so dass die Wohnung mit ihrem nahezu quadratischen Zuschnitt nun zwei Badezimmer, zwei Schlafzimmer, zwei Kinderzimmer, ein Arbeits- und Fernsehzimmer, eine Waschküche und einen großzügigen Eingangsbereich umfasst. Am meisten hat Lindvall zweifellos an den Bädern verändert, die er komplett neu einrichten ließ.
Gold und Grau: Das sind die beiden Farbpole, zwischen denen sich Lindvalls Konzept aufspannt. Im Eingangsbereich und in der Küche stehen zwei kubische Solitäre, die komplett mit Messing verkleidet sind. Der eine ist beinahe raumhoch und dient als Garderobenschrank, der andere ist eher flach und breit und bietet als Kücheninsel viel Stauraum. Das Messing strahlt matt-golden und setzt im Gebrauch schnell Patina an. Den Hintergrund für den Goldblock liefert eine vor die Rückwand gestellte, graue Küchenzeile. Die grifflosen Fronten sind aus dem Holzwerkstoff Valchromat, die Arbeitsplatte aus Beton. Beide Oberflächen sind aber in Farbe und Struktur so ähnlich, dass die Zeile wie aus einem Material erscheint. In die Arbeitsplatte eingelassen sind eine Unterbau-Spüle mit Edelstahl-Armatur von Vola und ein weißes Kochfeld – viel abstrakter kann eine Einbauküche nicht sein.
Wanne für fünf
Ähnlich reduziert sind auch die beiden innenliegenden Bäder gestaltet: Die Böden und Wände bestehen jeweils komplett aus sandgestrahltem, grau-rötlichem Kalkstein von der südschwedischen Insel Gotland. In dem kleineren Bad ist auch das Waschbecken aus Kalkstein gefertigt. Im größeren besteht es aus Beton und ist auf einen hölzernen Schrank aufgesetzt. Damit korrespondiert eine enorme Badewanne aus Beton, in die alle fünf Familienmitglieder gleichzeitig reinpassen. Auch in den Bädern verwendete Richard Lindvall Vola-Edelstahl-Armaturen. Alle Objekte sind maßgeschneidert und streng kubisch-orthogonal – Farbe und Lebendigkeit müssen hier die drei Kinder ins Spiel bringen.
Beton multifunktional
Der Beton taucht auch noch an anderer Stelle auf: Den kleinen Höhenunterschied zwischen Wohnbereich und Arbeitszimmer überbrückt ein niedriges Betonbord, das nicht nur als Stufe dient, sondern sich über die ganze Breite der Wand erstreckt und als Bank oder Ablage anbietet. Dieses nette Detail wirkt japanisch inspiriert. Und das kommt sicher nicht von ungefähr, denn mit abstrakt-reduzierten Interieurs und der Wirkung der Materialien, da kennen sich die Japaner aus. Dort mag sich Richard Lindvall abgeschaut haben, wie das geht mit dem Luxusgefühl ganz ohne Bling-Bling.
FOTOGRAFIE Mikael Axelsson
Mikael Axelsson
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