Neues Wohnen in muslimischer Tradition
Raumaufteilung nach arabischer Tradition: The Courtowers von Hashim Sarkis.

Der libanesische Architekt – und Kurator der Architekturbiennale 2020 in Venedig – Hashim Sarkis widmet sich insbesondere der muslimischen Architektur. In den Wohntürmen The Courtowers zeigt sich sein Ansatz, traditionelle muslimische Bauweisen mit neuer Architektur zu verbinden.
Spätestens seit Paolo Barrada Ende letzten Jahres den Kurator der nächsten Architekturbiennale in Venedig ankündigte, dürfte die Bekanntheit von Hashim Sarkis weltweit gestiegen sein. Der libanesische Architekt, der Büros in Beirut und im nordamerikanischen Cambridge betreibt und seit 2015 Dekan der School of Architecture and Urban Planning am MIT ist, beschäftigt sich vor allem mit muslimischer Architektur. Seine Projekte schließen Bauten für die Öffentlichkeit wie auch Park- und Stadtgestaltungen aber auch kleinere Wohnbauten mit ein. Ein Beispiel für letztere sind The Courtowers, bei denen er arabische Bautradition mit heutiger Architektur verbindet.
Raumaufteilung nach arabischer Tradition
Die vier frei stehenden Wohntürme befinden sich auf einem etwa 1.400 Quadratmeter großen Grundstück an einem Hang zwischen Straße und Mittelmeerküste im libanesischen Aamchit. Die völlig identischen Wohnhäuser sind umgeben von Gärten mit Eukalyptus und Olivenbäumen, ihre Turmräume lassen sich in Terrassen verwandeln, die einen weiten Blick auf das Meer bieten.
Dem gesamten Entwurf liegt der Schutz vor extremen Temperaturen im Sommer zu Grunde. Um ein angenehmes Klima im Inneren der Gebäude zu schaffen, greift Hashim Sarkis traditionelle Baumerkmale arabischer Architektur wieder auf. Die Häuser sind funktional und gestalterisch zweigeteilt: In der unteren Etage befinden sich die gemeinsamen Wohnräume, der zweigeschossige schmale Turm bringt die privaten Schlafräume unter.
Der Hof-Turm-Effekt
Hinter dieser Gebäudestruktur stehen natürliche Strategien der Luftzirkulation und der Verschattung. Einerseits schützt der Turm mit seinem Schatten den Hof und den im Hang eingebauten Wohnbereich vor Erhitzung durch die Morgen- und Mittagssonne aus dem Osten und Süden. Andererseits bewirkt diese Teilung eine Temperatur- und Luftdifferenz, die für Luftzirkulation innerhalb des Gebäudes sorgen: Der Turm agiert als Abzug für die im Haus erhitzte Luft, die nach oben steigt.
Eine Struktur für Raumkühlung
Die natürliche Luftzirkulation vollzieht sich in den zweischaligen, belüfteten Außenwänden aus Beton und einem Hohlraumboden im Erdgeschoss. Sie schützen vor Erhitzung und gleichzeitig vor Feuchtigkeit im Haus. Aus dieser Doppelstruktur der Außenwand ergibt sich eine Organisation des Grundrisses im Erdgeschoss, in dessen Mitte der Wohnraum, ein Schlafzimmer und die Küche liegen. Zwei kleine Badezimmer, Korridor, Treppe und Kammer sind an die Außenwände geschoben.
Licht und Meeresbrise
Der Wohnraum ist unterirdisch angelegt. Seine Belichtung erfolgt über die komplett verglaste Fassade zum Hof sowie über einen kleinen verglasten Innenhof neben der Küche. Beide können durch Holzfensterläden verschattet als auch vollständig aufgeschoben werden, um Licht und die stete Meeresbrise ins Haus zu holen. Die Fassaden beider Schlafräume in den Türmen lassen sich ebenfalls über Eck öffnen, wodurch die Zimmer sich zu Terrassen verwandeln. In dieser hier neu entwickelten Haustypologie lässt sich die Tradition arabischer Architektur erkennen. Zugleich erzeugt die Auflösung der räumlichen Grenzen zwischen dem Innen und dem Außen etwas Neues.
FOTOGRAFIE Wissam Chaaya
Wissam Chaaya
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